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Whiskey-Sour

von Bartender B. Stehle //

Helmut Schmidt sagte einmal: früher war vieles anders, aber nicht besser. Da dies Helmut Schmidt gesagt hat, sollte diesem Gedanken Achtung geschenkt werden. Dennoch gibt es Dinge, die sich, um es vorsichtig auszudrücken, nicht gerade zum Besseren gewandt haben.

 

Exkurs: Ein Gedanke hinsichtlich des Zusammenspiels von Meinungsfreiheit und der Polarisierung der Gesellschaft. Erstere gilt als unantastbar und ist, zumindest in der Theorie, konstituierender Bestandteil westlicher Identität. An Plädoyers für die Meinungsfreiheit mangelt es nicht. Spannender ist jedoch die Frage, wie mit anderen Ansichten umgegangen wird und wie bewusst sich jeder einzelne über die Genese der eigenen Meinung ist. Eine Diskrepanz ist hier anzunehmen. Die Polarisierung der Gesellschaft ist in gewisser Weise Ausdruck verschiedener Meinungen. Liegen die Pole allerdings zu weit auseinander, ist die andere Meinung kaum noch vernehmbar. Es ist, als säßen zwei Gäste in unterschiedlichen Ecken einer belebten Bar. Ein Dialog wäre dann im besten Fall auf Schlagwörter begrenzt. Worum es sich bei der häufig beklagten Polarisierung der Gesellschaft überhaupt handelt und ob sie problematischer oder gar fruchtbarer Natur ist, ist nicht so simpel wie die auf sie angestimmten Klagelieder vermuten lassen. Es kann erhellend sein zu betrachten, wer an welcher Stelle derlei Begriffe verwendet.

 

Ein Exkurs im Exkurs: Manchmal werde ich von einem gesundheitsbewussten Gast gefragt, ob ich einen Whiskey-Sour zubereiten könne, aber ohne Zucker. Dies sei möglich, antworte ich, aber der Cocktail wird dann nicht schmecken. Der Whiskey käme verzerrt zum Vorschein. Gewisse Dinge können nur in einem rechten Verhältnis wirken oder betrachtet werden. Wie Säure und Süße in einem Drink. Oder wie die Meinungsfreiheit und die Polarisierung in einer offenen Gesellschaft. Auch wenn dieser Vergleich nicht überstrapaziert werden sollte, zeigt er wie wichtig es ist, Dinge in ihrem jeweiligen Kontext zu betrachten; den Gegenpol mitzudenken bzw. das jeweilige Spannungsfeld zu verstehen sowie etwaige positive oder negative Konnotationen nicht als gegeben zu betrachten.

 

Zurück zur Suche nach der Bruchstelle zu früher. Anfang 2020 gab es im fernen Osten politische Reaktionen auf eine Herausforderung, die hier unvorstellbar waren. Sie gehörten nicht zum hiesigen Repertoire staatlicher Maßnahmen und es fehlte sogar das entsprechende Vokabular. Dies änderte sich abrupt. Lockdown, social distancing, neue Normalität und dergleichen waren die Schlagwörter, welche die zuvor undenkbaren Maßnahmen ummantelten, die beeindruckend uniform und synchron die westliche Welt veränderten. Weder die Sinnhaftigkeit noch die Alternativlosigkeit dieses Vorgehens durften hinterfragt werden. Die Lockerheit im Umgang mit kritischen Sichtweisen war gänzlich verschwunden.

 

Dies geschah sogar an jenem Ort, wo der Gesundheit immer schon ein besonderer Stellenwert zugeschrieben wurde: der Bar. Nachdem zunächst alles dicht gemacht wurde, gab es schließlich die Möglichkeit, tagsüber, während der Ausgehzeiten, einen Straßenverkauf einzurichten. Die Masken, damals noch Mangelware und in allen erdenklichen Stoffen und Formen anzutreffen, hatten sich bereits durchgesetzt. Da ich weiterhin das Gefühl hatte, im falschen Film zu sein, wollte ich humorvoll-kritisch mit der Situation umgehen und einen kleinen Hinweis auf meiner Maske anbringen: Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen. Doch dazu kam es nicht. Der Tenor jener, die ich damit vorab konfrontierte, war eindeutig: diese Haltung sei nicht akzeptabel. Abweichende Meinungen wurden innerhalb kürzester Zeit unsagbar.

 

Während eines letzten Gläschens stillem Wasser kommen einem betrüblich stimmende Gedanken: fühlt es sich so an, wenn mittels der Verengung des möglichen Meinungsspektrums das Prinzip divide et impera Anwendung findet? Wie auch bei Cocktails festzustellen ist, sind es oft die einfachen Rezepturen, die gut funktionieren und zu Klassikern werden.

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Eine Antwort

  1. Die Vergleiche der Gesellschaft mit Ihren Erfahrungen als Bartender finde ich erhellend.
    Ich bin allerdings der Meinung, dass die “Bruchstelle zu früher” bereits Anfang der 2000er liegt.
    Die Euro-Einführung und damit die undemokratische Lenkung der Gesellschaft durch eine Kommission ohne Mandat untergräbt die (auch nicht perfekte) repräsentative Demokratie.
    Alle sogenannten Krisen danach (Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Covid-Plandemie) wurde nicht mehr national (und damit dem jeweiligen Volkeswillen entsprechend) agiert, sondern international durch Vorgaben/Absprachen von Institutionen mit Regierungen und Propaganda der Alt-Medien . Seit der EU-Einführung werden fast alle unpopulären Durchsetzungen von der EU und künftig der WHO oder UNO vollzogen und nicht mehr von nationalen Regierungen. Die “Unsere Demokratie” der Bürger mit angeblich freiem Wahlrecht wurde so zum Kasperltheater fortentwickelt.

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