Brutale Freunde

von Peter Löcke //

Wochenende ist Fußballzeit. Einfach mal alle Ängste und den politischen Wahnsinn verdrängen, um bei Bratwurst, Bier, Brot und Spielen Kraft zu tanken. Schließlich ist kein Alkohol auch keine Lösung. Nur will mir diese bewusste Ablenkung immer weniger gelingen. Grund dafür ist die steigende Brutalität im Fußball.

Nein. Nicht die Brutalität auf den Tribünen. Es gibt doch genügend Kontroll-Ausschüsse und Ethik-Kommissionen, die umgehend einschreiten, wenn eine Handvoll von 80.000 Besuchern ein politisch unkorrektes Wort skandiert. Dann wird der gastgebende Verein nach medialer Schnappatmung zu einer hohen Geldstrafe vom DFB verurteilt. Gut so. Gemeint ist auch keine Brutalität auf dem Platz. Auch die gibt es immer seltener. Die gute, alte Blutgrätsche ist ausgestorben. Heute handelt es sich bereits um ein Foulspiel, wenn ein Spieler glaubhaft versichert, er habe einen deutlichen Kontakt seines Gegenspielers gespürt. Dann schreitet der Videoschiedsrichter ein zur Kontaktnachverfolgung. Und siehe da: Es gab tatsächlich eine Berührung. Im Gegensatz zu Gesundheitsämtern funktioniert beim Fußball die Kontaktnachverfolgung. Gut so.

Die Brutalität, unter der ich beim Fußball leide, ist die sprachliche Brutalität.

Exemplarisch drei aktuelle Stellungnahmen von Trainern an diesem Fußballwochenende. Überprüfen Sie es gerne. Gladbachs Coach Daniel Farke war nach dem 1:0-Sieg gegen Berlin brutal zufrieden. Sein Kollege Terzic von der anderen Borussia fand es brutal ärgerlich bis zur 88. Minute 2:0 zu führen, um dann noch gegen Bremen zu verlieren. Und auch Augsburgs Trainer Enrico Maaßen war brutal enttäuscht in der Nachspielzeit den entscheidenden Gegentreffer gegen Mainz kassiert zu haben. Ob Glück und Freude, ob Wut und Enttäuschung – jede Emotion wird neuerdings in einem brutalen Ausmaß empfunden. Wissen Sie, welche beiden Fußball-Prominenten nach nahezu jedem Spiel brutale bis brutalste verbale Empfindungen in die Mikrophone der Reporter stöhnen und zwar unabhängig vom Spielausgang? Jürgen Klopp und Christian Streich. Das sind gleichzeitig die beiden mit Abstand beliebtesten deutschen Trainer. Das wundert mich. Das wundert mich vor allem bei Freiburgs Trainer, einem gelernten Pädagogen und Germanisten.

Tierisch. Unvernünftig. Gewalttätig. Roh. Rücksichtslos. Grausam. Und zwar in der inneren Einstellung, in der Sprache und im Handeln. Das bedeutet Brutalität. Ich habe es zur Sicherheit nochmal überprüft. Das Gegenteil von Brutalität ist eine innere Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit im Denken, Sprechen und Tun. Die inflationäre Verwendung des Wortes brutal wundert mich und ärgert mich brutal, um nicht zu sagen brutalst. Schließlich scheint das Adjektiv wie mein Ärger steigerungsfähig zu sein bis hin zum Superlativ. Mit freundlichen Grüßen an jeden CEO und Politiker, die nach der „optimalsten“ Lösung für ein Problem suchen.

Ein zweites Phänomen ärgert mich. Wie etliche andere Menschen habe ich seit März 2020 einiges sehen müssen und bereits am eigenen Leib miterlebt. Nichts Schönes. Polizisten, die Menschen eingekesselt haben, um sie anschließend zu verhöhnen, dass sie die Abstände nicht einhalten. Vor allem Berliner Polizisten, die mit Freifahrtschein und in einem Gewalt- und Blutrausch mit Fäusten, Knüppeln und Tränengas selbst vor Frauen, Kindern und Rentnern nicht Halt gemacht haben. Brutalität pur. Nur wurde es nicht so benannt. Denn anschließend durfte ich viele Formulierungen dieser Gewalt in den polizeilichen Pressemitteilungen lesen. Unkritisch übernommen und nicht hinterfragt von den selbsternannten Qualitätsmedien. Formulierungen wie „proaktives, offensives, staatliches Vorgehen“. 

Nein. Das war es nicht. Es handelte sich um äußerste Brutalität. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich habe größte Achtung vor jedem einzelnen Polizisten, der sich noch als Freund und Helfer wahrnimmt und sich bis heute nicht staatlich instrumentalisieren ließ und lässt.

Von A wie ARD bis Z wie Zeit: Nennt die Dinge beim Namen. Bezeichnet Brutalität als Brutalität. Vom Welttrainer Klopp bis zum Lehrer Streich im idyllischen Breisgau: Lasst das Wort Brutalität weg, wenn es sich nicht um Brutalität handelt.

Wie sich Brutus wohl gefühlt hat, als er Caesar ins Jenseits beförderte? Ich war nicht persönlich anwesend, aber vermutlich hat Brutus in einem Blutrausch eine brutale Freude empfunden. Nur ist mir dieses Gefühl fremd. Wenn ich Frieden und Glück empfinde, dann nie in einem sprachlich, brutalen Ausmaß. Brutales Glück gibt es ebenso wenig wie brutale Freude. Das ist so stimmig wie ein rundes Quadrat oder ein intelligentes Zitat von Professor Doktor Karl Lauterbach.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.

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10 Antworten

  1. Lieber Herr Löcke,

    ich frage mich, was es braucht, damit mir niemand brutal begegnen kann?
    Außerdem richte ich meinen Blick bewusst auf schönes, menschliches, gutes…damit meine Sicht nicht verdorrt und damit ich selbst auch nicht.
    Das stelle ich dieser Zeit entgegen.

    Ich möchte ihnen danken, das sie mit ihrer Arbeit, unermüdlich anregen, sich Gedanken zu machen, sich bewusst zu machen, wie wir nicht sein wollen.
    (Mit wir meine ich, alle die hier lesen, schreiben und auf dieser Wellenlänge sind…was nicht bedeuten muss, das man immer gleichstimmig ist.)

    1. Vielen Dank für Ihren schönen zutreffenden Kommentar. Man sollte sich wirklich angewöhnen, den Medien- Konsum einzuschränken bzw. regelmäßig
      zu unterbrechen (es gibt für alles einen Aus-Schaltknopf) und schöne, natürliche Dinge genießen. In dem Zusammenhang muss ich an einen Brief
      von Albert Einstein denken ( als er schon aus Deutschland rausgeekelt war und im Exil lebte ) , den er an einen Kollegen schrieb welcher noch im
      tausendjährigen Reich geblieben war. Dieser berichtete von seiner Verzweiflung und Ratlosigkeit in der “neuen” Welt aus Lügen, Propaganda und Hass. Um ihn zu trösten schrieb Einstein zurück : ….. “lesen Sie keine Zeitungen mehr, freunden Sie sich mit ein paar Kindern und ein paar Tieren an,
      genießen Sie die schöne Landschaft rund um München – dann wird Sie nichts mehr so schnell bedrücken und mutlos machen können …….”

  2. Total Brutal
    Das waren die Worte einer sehr netten jungen Frau, vor, ich glaube bestimmt vor mindestens 30 Jahren angesichts eines Sonnuntergangs in Kalabrien. Das hat sich bei mir eingeprägt. Aber ich möchte gerne überleiten. Von brutal auf barbarisch. (Es hat mich zutiefst getroffen, ich habe mir die Trauerfeier angesehen und kein Wort verstanden, aber die Emotionen gesehen). Eine Durchsicht der deutschen Presse am Tag nach dem gewaltsamen Tod von Darja Dugina, der Tochter des russischen Philosophen und Publizisten Alexander Dugin, hinterlässt einen verstörenden Eindruck. Alle großen Zeitungen und Internetportale melden den Anschlag auf die junge russische Philosophin, Politologin und Journalistin, doch dabei bleibt es nicht. Hier eine Übersicht der publizistischen Reaktionen aus dem Mainstream auf den tödlichen Anschlag.

    Die entscheidenden Wertungen sind bereits in der Meldung der Tagesschau enthalten, die von Dugin als einem “rechtsnationalistischen Ideologen” und seiner Tochter als “glühender Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine” spricht. Vermutungen, dass die Ukraine hinter dem Attentat stehen könnte, werden von der Tagesschau “russischen Nationalisten” und “prorussischen Kräften in der Ukraine” zugeschrieben. Und die ARD-Nachrichtenplattform zitiert in ihrer Meldung abschließend den Kiewer Präsidentenberater Michail Podoljak, der erklärt hatte, Kiew habe “natürlich nichts” mit dem Mord zu tun, und vorsorglich nicht vergaß, folgende Begründung hinzuzufügen: “weil wir kein krimineller Staat sind – wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat”.

    Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin kommt bei Explosion nahe Moskau ums Leben
    Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin kommt bei Explosion nahe Moskau ums Leben
    Die FAZ fügte, wie viele andere Presseorgane, ein weiteres Element hinzu: Dugin wird als “prominenter Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin und eines großen ‘Eurasiens’ unter Moskauer Führung” bezeichnet. Mit Dugin werden imperialistische und monarchistische politische Konzepte in Verbindung gebracht. Seine Tochter habe diese “Ideologie” geteilt. Immerhin erwähnt die FAZ, dass Dugin und seine Tochter von den USA und Großbritannien “wegen Verbreitung ‘falscher Informationen’ über den Krieg [in der Ukraine; Anm. d. Red.] mit Strafmaßnahmen belegt” worden sind.

    Ganz Boulevardblatt, ernennt die Bild-Zeitung Darja Dugina post mortem noch zur “Putin-Propagandistin”. Und das Springerblatt greift auch die stereotypen Zuschreibungen von Dugin als “Einflüsterer” Putins oder “Putins Gehirn”, ja sogar von Putins “Rasputin” – mit dem erklärenden Zusatz “nach dem berühmten Hochstapler am Hofe des letzten russischen Zaren” – auf. Die Hypothese, dass der ukrainische Geheimdienst hinter dem Anschlag stecken könnte, wird von Bild damit abgetan, dieser sei “derzeit” nicht “in der Lage”, “ein solches Attentat auszuführen”.

    Ähnlich hält es das Schwesterblatt Welt, das auch von Dugin als “Putins Chefideologen” schreibt und eine mögliche ukrainische Spur kleinredet. Wieder gilt Dugin als “Vordenker des russischen Präsidenten Wladimir Putin”, wobei raunend hinzugesetzt wird, “manche” sähen Dugin “auch als Ideengeber für den Krieg in der Ukraine”. Das Berliner Lokal-Boulevardblatt B.Z. titelt ähnlich wie die große Schwester: “Autobombe tötet berühmte Putin-Propagandistin Darya Dugina”, was wenig wundert, da der Artikel von derselben Autorin stammt, die auch an der Bild-Meldung geschrieben hat. Julian Röpcke hat ebenso in diesem Duktus getwittert:

    Russlands wichtigster Ideologe Alexander Dugin schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, während seine Tochter Darya im Auto daneben verbrennt.Wahrscheinlich hat der Anschlag ihm gegolten und seine Tochter nur „versehentlich“ getötet. pic.twitter.com/eL05cUlKkc

    — Julian Röpcke (@JulianRoepcke) August 21, 2022
    Nahezu gleichlautend wie die Springerblätter ordnet auch der Berliner Tagesspiegel schon im Titel ein: “Tochter des Putin-Ideologen Alexander Dugin bei Autoexplosion getötet”, wobei die Zuschreibungen sich ansonsten nicht stark unterscheiden. Etwas zurückhaltender formuliert das zweite Hauptstadt-Blatt, die Berliner Zeitung: Hier wird Dugin nur als “Putin-Verbündeter” und “Helfer” tituliert, wobei auch der Begriff “Gehirn” (Putins) nicht fehlen darf. Von Darja Dugina heißt es hier, sie sei in die “Fußstapfen ihres Vaters getreten”.

    Die vermeintlich “alternative” Berliner taz zäumt ihre Meldung über den Anschlag mit dem Dementi der Ukraine auf, nichts damit zu tun zu haben: “Ukraine: ‘Wir sind kein Trrorstaat'” (Orthographie im wie Original; Anm. d. Red.). Von der jungen Welt lag am Sonntag offenbar noch keine Meldung vor. Süddeutsche Zeitung und Spiegel halten sich ebenfalls an das Framing: “Putins Chefideologe” beziehungsweise noch allgemeiner “russischer Ideologe”, wobei sich die SZ bei der dpa bedient.

    Scheinbar vorsichtiger schreibt dagegen die Zeit von Dugin nur als “kremlnahem Ideologen”, der gleichwohl als “rechtsnationalistischer Autor” eingeführt wird. Eine weitere Publikation aus dem Holtzbrinck-Konzern, das Handelsblatt, schreibt ebenso von Dugin als “Hirn Putins” und betont, dass Darja Dugina “prominente Verfechterin des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine” gewesen sei. Nicht überraschend, dass auch die zweite Nachrichten-Illustrierte, der Focus, nahezu gleichlautend davon schreibt, dass die “Tochter von ‘Putins Gehirn’ mit Autobombe getötet” worden sei.

    Die Saat der gegenwärtigen politischen Spaltung in der Ukraine wurde vor 30 Jahren gesät
    Analyse
    Die Saat der gegenwärtigen politischen Spaltung in der Ukraine wurde vor 30 Jahren gesät
    Ein neues Element, das eine Verbindung zur innerdeutschen Debatte schafft, bringt allerdings das SPD-nahe RedaktionsNetzwerk Deutschland (rnd) hinein, indem vermeldet wird, ein AfD-Politiker habe anlässlich des Anschlages sein Beileid geäußert. Das rnd zitiert den stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD in Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, der auf Twitter geschrieben habe: “Mein Beileid dem Vater, der auch eine Tochter im Geiste verliert […] Möge die Tat auf die feigen Mörder zurückschlagen.”

    Um den Bogen zu den Boulevard-Blättern zurückzuschlagen: Stellvertretend für die reichweitenstarken Mainstream-Portale seien t-online und web.de erwähnt, die ganz ähnlich wie Bild eine Schuld Dugins und seiner Tochter selbst an dem Mordanschlag nahelegen. T-online titelt: “Der Hass schlägt zurück”, und web.de: “Auto explodiert: ‘Kriegspropagandistin’ Dugina stirbt bei Anschlag”.

    Diese Form der Berichterstattung erinnert, wenn auch unter umgekehrten politischen Vorzeichen, an das berüchtigte Schreiben des “Göttinger Mescalero”, der 1977 von “klammheimlicher Freude” nach der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback geschrieben hatte.

  3. Das erinnert mich an den ehemaligen MP von Hessen, Roland Koch. Irgendwann versprach er nach einer Affäre “brutalstmögliche Aufklärung”…
    Das Phänomen ist also nicht ganz neu 😉

  4. Sehr geehrte Herr Löcke,
    nachdem meine persönllichen Gedanken (Gedanken von mir als einzelne Person, 1 Individuum) zu Ihren Textinhalten der letzten Wochen offensichtlich wieder Ihr Verständnis von Pluralität zu monothematisch behandelt zu haben scheinen, wie meine Zensur von Ihnen unmissverständlich zeigt, was nichts anderes als den Ausschluss einer Stimme aus der pluralistischen Debatte darstellt und merkwürdig anmutet, da mein Verständnis von Pluralismus sich darin auszeichnet, dass Pluralismus alle unterschiedlichen Meinungen aushält und sich respektvoll und argumentativ mit den ausgesagten Inhalten auseinanderzsetzen vermag, nehme ich dennoch Ihr Angebot weiterhin wahr, jeder Zeit meine Gedanken frei auf Ihrer Plattform äußern zu dürfen.
    In diesem Ihrem Textbeitrag stimme ich Ihren geäußerten Bedenken zu einer unübersehbaren Sprachverrohung in der Gesellschaft zu, erlaube mir dennoch folgende persönliche Gedanken dazu auszuführen, auch wenn sie vermutlich wiederholt zensiert werden.
    Sprache ist Denken und verwirrte Sprache führt zu verwirrtem Denken. Das stellt kein neuartiges Phänomen in der Menscheitsgeschichte dar, lässt sich in den letzten Jahren jedoch überdurchschnittlich beobachten und ist by the way ein altbewährtes, sich stetig weiterentwickelndes Mittel der Herrschenden, der Politik (Psychologie der Massen), um Gefolgschaft, Unterstützung und Akzeptanz bei den Untertanen zu bewirken. Kindergarten, Schule, Universitäten und Medien leisten für diese Manipulation der Massen einen Löwenanteil und befinden sich daher nicht ohne Grund in Staatshand als Staatsmonopol. Wenigstens die Zwangs-Staats-Medien geraten zunehmend in Bedrängnis, da sich immer mehr Menschen nicht nur anderen Medienanbietern zuwenden, die der Staat (noch) nicht auszuschalten und unter Strafe zu stellen vermag (Kriminalisierung), sondern auch immer mehr Menschen verweigern sich der unter Androhung und Anwendung von Gewalt erzwungenen Mitfinanzierung des Staatsmediums. Der Staatsmedienkonsum kann bei den Menschen (noch) nicht mit Gewaltandrohung oder Anwendung erzwungen werden, dessen Finanzierung hingegen schon, aufgrund der Staatsmacht als territorialer Rechts- und Gewaltmonopolist mit der Letztentscheidungsmacht über alle Konflikte, inklusive aller Konflikte, in die der Staat selber verwickelt ist.
    Das nach meiner Beobachtung sehr viel gravierendere Problem sehe ich nicht bei der Sprachentwicklung als solche, gleich ob ihre Verrohug, Gendersprech, Neudefinitionen, neue Wortfindungen, etc., sondern bei der zunehmenden gewaltsamen Um- und Durchsetzung von Begriffen und ihren Definitionen, die Sprache bilden und damit das Denken der Menschen beeinflussen und formen.
    Der Staat und seine Akteure und Profiteure führen ein, übernehmen, lassen sich einflüstern, inspirieren oder aufdiktieren, welche Wortfindungen, Definitionen, Zu- und Einordnungen (Boxen), Schreib- ud Sprechweisen, Umdeutungen, etc. sein sollen. Die zunehemenden gewaltsmen Eingriffe in die Sprachentwicklungen, das Denken und was noch gesagt und gedacht werden darf und was nicht, die um sich greifende Kriminalisierung von Menschen über Begriffe und lediglich geäußerte Meinungen, geben mir Anlass zu großer Sorge.
    Der unübersehbare Angriff auf die Freiheit im Ganzen schwebt wie ein Damoklesschwert über allen Menschen und das in allen Lebensbereichen.
    Worte führen nicht zwingend zu Taten, gleich ob friedlich oder feindlich, solange die größte Minderheit, das Individuum, seine Exklusiveigentümer – angefangen beim eigenen Körper – vor feindlichen physischen Handlungen anderer Menschen verteigigen und schützen darf. Niemand wird gezwungen, zumindest noch nicht, einem Sender bis zum Ende seiner Sendungen zu folgen. Jeder Empfänger hat jeder Zeit die freie Wahl, sich aus der Umgebung des Senders zu entfernen und zudem Sendungen anderer Menschen nicht zu Tatsachen über sich selbst zu übernehmen, sondern als das anzusehen was sie sind: Subjektive Werturteile eines anderen Menschen über sich selbst, welche nicht seine eigenen sind. Wird das Individuum jedoch schutz- und wehrlos einem Mob ausgesetzt, kann es – wie aus der Geschichte und Gegenwart nur allzu gut bekannt – bisweilen sein Leben kosten. So weit sollten wir es nicht wieder kommen lassen und uns daher vielleicht weniger empfindlich gesprochenen Worten gegenüber generieren, sondern stattdessen für den Schutz der Freiheit und somit dem Schutz des Individuums und seiner Exklusiveigentümer, was die Meinungsäußerungsfreiheit miteinschließt, einsetzen, uns mit Inhalten auseinandersetzen und für die Freiheit, für das Privateigentum und für das Freiwilligkeits- und Nichtaggresionsprinzip eintreten (freie Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung, Privatrechtsgesellschaft).

    Freundliche Grüße
    G. Schmidt

  5. Der Missbrauch des Wortes brutal scheint mir stolz zur Schau getragene Bildungsferne zu sein – Ortega lässt grüßen? Das mit dem Professor bei Doktor Karl wird von einigen so gesehen wie der Dr. bei Herrn Osten. Sei es drum. Am 18.01.2022 war in Berlin eine Demonstration anlässlich einer Bundestagssitzung zur Einführung der allgemeinen Impfpflicht genehmigt – mit einer Teilnehmerzahl von fünfzig Personen mit FFP2 Maske und einem Meter fünfzig Sicherheitsabstand. Ich war nach Berlin gefahren, um mir diesen Schlüsselmoment in der Geschichte der BRD anzuschauen. Wer noch Illusionen hatte, dem sind sie dort abhanden gekommen. Ich bin dankbar für diesen offenen Umgang der Exekutive mit ihrem Verständnis von Recht und Ordnung. So entstehen Montage und diese Montage waren und sind das entscheidende Signal.

    1. Das kann ich gut verstehen, Herr Dr. Wessel, dass Ihnen die Illusionen abhanden kamen – es geht nichts über persönliches Miterleben vor Ort.
      Vielleicht liegt Berlin für Sie räumlich nah ; für mich ist es geographisch ziemlich weit – und symbolisch sowieso … hinter dem Uranus : eine ferne,
      kalte, bizarre und lebensfeindliche Sphäre – dieser Eindruck entsteht über die Jahre, wenn man miterlebte was so alles aus der Waschmaschine,
      dem hoHen Haus, den Mimisterien herausging. Eine Art Schlüsselmoment war meinerseits die Abstimmung am 18. Nov. 2020 über die Änderung
      des Infektionsschutz-Gesetzes – dies wurde live übertragen ; die jeweilige Stimmabgabe ( Name/ Partei )… war danach auf der Homepage des BT
      zu finden : GroKo- natürlich fast alles Zustimmung ( 1x nein bei SPD . wenigstens ~ 5-8x nein bei Union ) und die ( Oliv-) Grünen – damals noch
      in Opposition (s-Warteschleife) durchgehend Ja-Stimmen (1x nein) . Jedenfalls haben Damen und Herren entschieden, die ( unsere ) Interessen
      vertreten und nur ihrem ( — irgendwas mit G.. ) verpflichtet sind. Pikantes Detail “am Rande” : vor Beginn der Abstimmung hatten sich Bürger
      auf zugewiesenen Arealen in gebührender Entfernung vom Bundestag eingefunden, um ihre Wünsche, Anregungen und Kritik vorzubringen.
      Herr Hofreiter / Grüne kam standesgemäß mit dem Fahrrad vorbei und 2 Frauen riefen ihm etwas zu , in der Weise wie “Herr Hofreiter,
      überlegen Sie Ihre Entscheidung gut ” – Er stieg kurz ab, rief “Pack ! ” und fuhr wieder weiter. Es gab eine Anzeige ; die Beleidigung wurde dann
      seinerseits auch nicht bestritten ; vielleicht hat er eine Strafe gezahlt – bestimmt hat die presse ausführlich und kritisch berichtet …..pfff ,,,,
      – Wirklich skandalös fand ich damals den Live-Bericht ( ARD ) aus dem Bundestag in Kombination mit immer wieder eingeblendeten Aufnahmen
      vom Brandenburger Tor, wo ja eine Demo stattfand gegen die ganzen Maßnahmen und die anstehende Gesetzesänderung. Da wurden unzufriedene
      friedliche Bürger bei Novembertemperaturen von Wasserwerfern beglückt. Immer wieder war auf einem Drittel des Bildschirms zu sehen, wie
      steuerzahlende, friedliche Menschen patschnass gemacht wurden – während im anderen Zweidrittel die Volksvertreter in den heiligen Hallen mit
      ihrem Gewissen rangen ; “Volkserziehung” primitiv : __ ..das habt ihr nun davon, wenn ihr auf die Straße geht …
      Diese Glanzleistung der ÖR – Berichtbestattung wird für mich nur noch von einem strunzdummen, volksbeleidigenden TV- Kommentar übertroffen,
      der am 6. Mai 2020 die (zahlenden) Zuschauer “belehrte” und letztlich nur den Charakter und die Mentalität der Initiatoren offenbart. Brutal blöd .

      1. Ich selbst habe meine Illusionen 1976 verloren, ich war damals fünfzehn und beobachtete die überstürzte Flucht aus der amerikanischen Botschaft in Saigon. In der Tagesschau haben sie zuvor immer noch vom bevorstehenden Sieg des Westens geredet. Und dann war alles ganz anders. Danach habe ich die Inhalte der Leitmedien nicht mehr für voll genommen. Vor etwa dreißig Jahren habe ich das Abo der Süddeutschen gekündigt, da dort eindeutig nachvollziehbar gelogen wurde. Sehr schade, wie ich fand. Einige Zeit später habe ich dann den Fernseher für mich abgeschafft und fühle mich seitdem bestens informiert, aber nicht dauerverängstigt. Seit einem spektakulär absurden Erguss von Josef Joffe in Der Zeit habe ich auch dieses Abonnement mit großem Bedauern beendet. Ich war mal kurz davor, Genosse bei der taz zu werden, habe diese Klippe aber, ich weiß nicht warum, elegant umschiffen können. Augstein‘s „Der Freitag“ hat nach zögerlichen Aufrufen des Herausgebers für die Wahrheitssuche dann doch mit allen anderen auf die Covidioten eingeprügelt und konnte sich Anfang Juli d. J. zu einem lauwarmen Entschuldigungsersuchen durchringen, immerhin. Als alter weißer Mann ist man ja froh, noch einen Rest von gedruckter publizistischer Heimat zu haben, mal abgesehen vom „Demokratischen Widerstand“ der neuen Wochenzeitung, die aus der Protestbewegung entstanden ist. Anfang des Jahres bin ich nach Brüssel gefahren und habe dort eine sehr große Demonstration gegen die allgemeine Corona Politik beobachtet. Damals wurde mir klar, dieser Protest hat Länder übergreifend eine unaufhaltsame Kraft. Das hat mir viel Zuversicht gegeben.

  6. Dass die inflationäre Verwendung der Vokabel “brutal” und auch deren gegenläufige Anwendung gegen Ihr sensibles Sprachempfinden verstößt, Herr Löcke, ist natürlich sehr zu begrüßen. Genau das soll uns ja im derzeit allumfassenden Destruktionswahn ( Gendern/ einfache oder leichte Sprache) abtrainiert/ abgewöhnt werden. Dagegen sollte man sich stemmen. Auch “krass”-mit der Verstärkung “voll” wird so verwendet. Voll krass ist es, wenn einem im Film-oder in der Realität-der Kopf abgeschlagen wird, voll krass ist aber auch ein toller Sonnenuntergang…
    Richtig ist aber auch, dass “brutal” genau die Lebensrealität vieler Jugendlicher umschreibt. Brutal ist es, wenn in meinem Kunst-Unterricht( 9. Klasse) ein Schüler zu mir ans Pult kommt, plötzlich uvermittelt leblos zusammenbricht und bewusstlos am Boden liegt. Die Schüler umringen ihn, keiner denkt daran, ihm oder mir zu helfen( Soll ich ins Sekretariat? Soll ich Hilfe holen usw.). Dann sagt einer: “Hoffentlich verreckt er jetzt.” Alle lachen. Nach der Versorgung des Schülers möchte ich mit der Klasse das Geschehen besprechen. Einhellige Meinung: Klar, kann man sagen, wäre es einem selbst passiert, würden alle anderen auch so reden.
    Brutalste Empfindungen habe ich, wenn am Ende einer Vertretungsstunde in einer bis dahin unbekannten Klasse, im allgemeinen Pausenaufbruch , ein
    scharf geschossener Kieselstein (Zwille/Schleuder) drei Zentimeter neben meinem Auge landet. Äußerst brutal.
    Im Studium war ich mit einer Psychologie-Studentin befreundet. Sie ging mal in eine Catch-as-catch-can-Veranstaltung (eine brutale Form des Freistilringens) um zu sehen, was da so los ist. Sie erzählte, das sei absolut brutal gewesen, was da abging. Vor allem Frauen in mittleren Jahren hielt es kaum auf ihren Plätzen, sie sprangen auf und brüllten (fränkisch!): “Drauff!! Bagg nen, gwäll nen!! (Pack ihn! Quäle ihn!)
    Also Herr Löcke, falls wieder jemand in Ihrem Umfeld diese Vokabel unliebsam verwendet: Drauf! Packe ihn! Quäle ihn!
    P.S. Der Klopp ist mir brutalst unsympathisch!!°

  7. Kennen Sie die Steigerungsform von Imposant? Im Po Sand, im Hintern Steine und im Arsch Geröll! Soviel dazu. Letzteres scheinen doch immer mehr Politiker zu haben, wie auch eben jener zitierte Lauterbach. Habe vorhin mal zur Ablenkung ein paar Youtube Videos zu Impfschäden geguckt. Leute nee das geht gar nicht. Besonders erschüttert war ich über ein 15 jähriges vorher kerngesundes Mädel. Die Eltern sind am verzweifeln und bekommen so gut wie keine Unterstützung. Das Mädchen sitzt mittlerweile im Rollstuhl. Das kann man brutal nennen…..
    Lauterbach gehört eingebuchtet!

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