von Peter Löcke //
Die Erziehung, die ich genießen oder erleiden durfte. Dazu zählen Elternhaus wie Schule. Die Medien, die ich bevorzugt konsumiere oder auch nicht. Dazu zählen alternative wie klassische Medien. Die Politiker, über die ich mich informiere und die umgedreht mich informieren. Das ist bei mir das gesamte Spektrum an Parteien. Die Wissenschaftler, denen ich Vertrauen schenke oder mit Misstrauen begegne. Dazu zählen die hofierten wie geächteten Akademiker. Es gibt ein verbindendes Element an dieser Aufzählung. Meinungsbildung. All das dient laut Lehrbuch und Theorie meiner Meinungsbildung.
Wie bilde ich mir eigentlich meine Meinung? So banal die Frage scheint, so spannend finde ich sie. Ich versuche sie beim Genuss eines leckeren Spaghetti-Eises zu beantworten. Die letzten Sonnenstrahlen der pandemischen Sommerreifenzeit möchte ich auskosten.
Zunächst ein optimistischer Ansatz. Meinungsbildung funktioniert wie bei einem großen Buffet. An diesem Buffet habe ich die freie selbstbestimmte Wahl. Kartoffel-, Nudel- oder grüner Salat? Zusätzlich politisch unkorrektes Fleisch und wenn ja, welches? Jeder einzelne weiß am besten, was ihm schmeckt am reichhaltig gefüllten Meinungstisch. Für jeden ist etwas dabei, schließlich leben wir in einer Demokratie mit pluralistischen Leckereien. Anschließend entwickelt man Präferenzen durch Erfahrungswerte. Manche sind mutig, verlassen ihre Komfortzone und probieren auch mal neue Delikatessen aus. In der Regel bleibt der Mensch bei dem, was ihm gewohnheitsmäßig schmeckt. Da weiß man, was man hat. Und doch ist für jeden etwas dabei. Vergiftete rechts- wie linksextreme Mahlzeiten mal ausgenommen.
Und nun der skeptische Ansatz. Das alles ist Blödsinn. Die Meinung, die ich mir über die Welt, über ein bestimmtes Thema oder auch über einen anderen Menschen mache, bilde ich mir innerhalb kürzester Zeit. Was andere Menschen angeht, oftmals spontan. Ich kann mein Gegenüber nicht riechen? Bei einer ersten Begegnung sagt der Typ etwas, was mir unsympathisch ist? Dann wird dieser Mensch es in Zukunft schwer haben, Pluspunkte bei mir zu sammeln. Warum ist das so? Weil ich nach Bestätigung meiner Meinung suche. Sich bestätigt zu fühlen, Recht zu bekommen, fühlt sich einfach gut an.
Was für andere Menschen gilt, gilt auch für politische Überzeugungen, für ganze Weltbilder inklusive Feindbilder. Ich möchte eine ketzerische Frage zur Diskussion stellen, die ich mir selbst gestellt habe. Bilden wir unsere Meinung anhand von Fakten? Oder ist es nicht eher so, dass wir nach Fakten suchen, die uns in unserer zementierten Meinung bestätigen? Oftmals letzteres. Nicht, weil der Mensch grundsätzlich verbohrt, fanatisch und dumm ist. Zumindest nicht alle. Es ist menschlich, weil jeder Mensch nach Bestätigung sucht. Es fühlt sich einfach gut an.
Zurück zum Bild des Buffets. Ist das polit-mediale Meinungs-Buffet wirklich so reichhaltig pluralistisch gedeckt? Über diese Frage haben sich bereits schlauere Menschen Gedanken gemacht wie der amerikanische Intellektuelle Noam Chomsky. Chomsky beantwortete die Frage mit Nein.
„Der schlaueste Weg, Menschen passiv und folgsam zu halten, ist, das Spektrum akzeptierter Meinungen strikt zu limitieren, aber innerhalb dieses Spektrums sehr lebhafte Debatten zu erlauben.“
Chomsky hatte Recht. Und es ist dramatisch schlimmer geworden. Wollen Sie lieber helles oder dunkles Grün, rotes oder schwarzes Grün? Ich persönlich möchte eine größere Farbauswahl, denn ansonsten wird jedes Grün zum Braun. Wollen Sie Klimaneutralität oder lieber ein neutrales Klima? Ich persönlich möchte intelligente Fragen. Und ich möchte zumindest andere Stimmen hören, die auf die Gefahren von „Klima über alles“ hinweisen. Wollen Sie Lauterbach oder Lauterbach im TV-Studio? Von mir aus Lauterbach, Klappe, die Hundertste. Aber ich möchte, dass dieser Person endlich jemand gegenüber sitzt, der ihn argumentativ zerpflücken würde. Ich möchte wählen dürfen. Ich möchte mir nicht im Vorfeld erklären lassen, was angeblich alles demokratisch vergiftet ist. Gerade das ist demokratisches Gift.
Das Buffet an Meinungen ist leergeräumt worden. Übrig bleibt ein identisch gewürzter Meinungsbrei. Abweichende Menüs werden erst gar nicht angeboten. Man muss sich mittlerweile davon distanzieren, überhaupt auf die Idee zu kommen, von diesen anderen Meinungen zu kosten, weil das angeblich die Demokratie gefährde. Das Gegenteil ist der Fall. Der identisch gewürzte Meinungsbrei gefährdet die Demokratie. Meinungspluralismus? Wo denn noch? Genau dieser Meinungspluralismus ist jedoch Demokratie.
Knapp zehn Euro für ein Spaghetti-Eis? Verdammt. Die Speisekarte hier im Eiscafé hatte ich lange durchgeblättert. Anschließend habe ich mir ein Spaghetti-Eis bestellt. Wie immer eigentlich. Das schmeckt mir und da weiß ich, was ich habe. Vielleicht sollte ich bei mir selbst anfangen. Dabei fällt mir ein schöner Eintrag in mein Poesie-Album ein. Lang lang ist‘s her. Verfasser unbekannt. Noam Chomsky war es nicht.
„Wenn du nie in deinem Leben deine Meinung geändert hast … wie hast du dir dann je eine Meinung gebildet?“
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7 Antworten
Ist nicht die Grundlage der Meinungsbildung Neugier? Ohne Neugierde kein Interesse an Informationen. Was passiert, warum ist das so, wie geht es weiter ,was ist der Sinn des Lebens, wie ist das Universum entstanden und wie wird es enden uswusw. Der spanische Regisseur Bunuel wurde mal gefragt,was sein größter Wunsch sei. Er sagte, er wünsche sich, dass er alle paar Jahre auf die Erde zurückkehren dürfe , um den nächsten Kiosk aufzusuchen, sich mit einem Packen Zeitungen einzudecken und sich irgendwo da oben umfassend zu informieren, wie das ganze Spektakel hier weitergeht. Ich erzählte das mal einer Bekannten, die mich dann abschätzig anschaute und meinte, das sei das Letzte, was sie interessiere. Und nebenbei: Wer nicht an Dschinnis und Schutzengel glaubt, dem begegnen auch keine und wer nicht an Wunder glaubt, erfährt auch keine. Und wer nicht fragt, bekommt keine Antworten.
Selber kochen mit Freunden. Wissen, welche Zutaten benutzt werden, woher sie kommen, durch wessen Hände sie gegangen sind, wer sie erzeugt hat. Das dürfte eher besser schmecken als der uns meist zugedachte Einheitsbrei. Gierig den Schnabel aufzureißen und sich abfüttern zu lassen ist der einfache, aber genussfreie Weg. Alternativen aufzuzeigen und neue Wege zu gehen, stelle ich mir spannender vor. Der Einheitsbrei wird allmählich bedeutungslos, weil es etwas Anderes, Besseres gibt. So ist das Leben. Wir dürfen das.
Noam Chomsky sagte bereits vor acht Jahren “Die Menschen werden belogen”. Und ich kann mich nur dem letzten Satz von Herrn Zorn anschließen. Die Mehrzahl ist Herold des Systems und nicht Herold der Freiheit. Weil es der bequemere Weg ist. Man bildet sich seine Meinung auf Grund der vielen Dinge die sich ereignet haben. Schaun Sie z. B. bin ich der Impfung gegenüber skeptisch geworden weil ich einen Bürgertalk in den öffentlich rechtlichen verfolgt hatte eines schönen Abends allein so vor der Glotze. Da gab es den Ostbeauftragten Wanderwitz der die Menschen mit einer Currywurst zur Impfung locken wollte. Hä dachte ich mir was ist das denn für ein Schwachsinn, was hat bitte die Currywurst mit Gesundheitsvorsorge zu tun? Man muss schon sehr genau hinhören und hinsehen. Ob man immer richtig liegt das sei dahin gestellt. Wir leben nun mal in einem völlig durchseuchten korrupten System, Logenbrüder allerorten. Wer erwartet da das in einem Unrechtsstaat recht gesprochen wird? Und wenn z. B. die Bild sich ereifert und Dinge anprangert so sehe ich das auch als Teil der Show. Es sickert immer mal wieder etwas durch, nein man kann sagen es wird so offensichtlich und dreist geschwindelt, man gibt dem Volke vor, was es zu denken hat und ist man anderer Meinung, ist man Verschwörungstheoretiker, Querdenker, Nazi. Für mich sind das die letzten Zuckungen eines marodierenden Systems das hoffentlich bald in sich selbst zusammen fällt. Dann die Erfahrungen im Umfeld die life und in Farbe ablaufen, Impfschäden etc.
Das reicht mir persönlich zur Meinungsbildung.
…mir fiehl beim lesen, eine Film-Scene aus Schweigen der Lämmer, ein.
Dr.Hannibal Lekter sagt dort in einem Gespräch mit Clarice…,,Oberste Prinzipien Clarice. Simplification. Lesen Sie bei Marc Aurel nach. Bei jedem einzelnen Ding, die Frage, was ist es in sich selbst? Was ist seine Natur?
Das passt wie ich finde, einmal mehr in unsere Zeit.
Lasse ich einem jeden seine Natur?
Ein kleines simples Beispiel…
Darf zb.ein temperamentvolles Kind, seine Kräfte messen und sein kräftiges, cholerisches Gemüt in abenteuerlichen Waldspaziergängen mildern?
Oder sagt man dem Kinde, es sei störend und negiert damit den Sinn dieser Kraft?
Welch wundervolles Gabe, wenn dieser Wille nicht gebrochen würde.
Um zu ihrer Kolumne zurück zu kehren, lieber Herr Löcke…so reichhaltig ein Buffet auch sein mag, kommt es mehr darauf an, was mein persönliches Maß ist.
Wie Sie und ich uns unsere Meinung bilden, interessiert in Massendemokratien nur peripher. Entscheidend ist die Meinungsbildung der Massen. Und die lebt nun einmal zentral davon, was die herrschende Elite für die richtige Meinung hält. Ich lese (neben zahllosen weiteren Medien) täglich BILD und sehe TAGESSCHAU, um zu wissen, was das Volk denken soll. Sind die demokratischen Institutionen noch intakt, dann gibt es einen breiteren Spielraum der Meinungsbildung als im postdemokratischen Endzustand, wenn das System und seine Eliten unter dem ökonomischen Problemdruck autoritär werden, um ihre Macht zu erhalten. Die Lenkung des Massenbewusstseins ist das große Problem aller politischen Systeme. Und die Vielfalt und Freiheit der Medien ist der beste Gradmesser dafür, wie frei ein System ist. Danach sieht’s bei uns trostlos aus. Vor allem auch deshalb, weil die wenigsten Journalisten tatsächlich begreifen, wie wichtig ihr Berufsstand zur Sicherung der Freiheit ist. Die Mehrzahl ist Herold des Systems und nicht Herold der Freiheit. Weil es der bequemere Weg ist.
Sehr geehrter Herr Löcke, liebe Leser,
Ihre in den Diskursraum gestellte Frage: „Bilden wir unsere Meinung anhand von Fakten? Oder ist es nicht eher so, dass wir nach Fakten suchen, die uns in unserer zementierten Meinung bestätigen?“, zeigt eines bereits deutlich auf: Jeder Mensch ist unterschiedlich, lernt die Welt unterschiedlich kennen, sich in ihr zurecht zu finden und wird durch unterschiedliche indigene und exogene Ereignisse und Erfahrungen unterschiedlich geprägt.
Jeder Mensch, jedes Individuum, ist also nicht nur einzigartig und damit unterschiedlich zu allen anderen, sondern ist immer auch ein handelndes Wesen.
Würde der Mensch nicht handeln, würde er nicht leben. Wer diese trivial klingende Tatsache, der Mensch handelt, nicht in seiner Tragkraft und Gänze zu erfassen vermag, wird sich immer in der Hybris bewegen, Menschen müssten dieses oder jenes tun, um dieses oder jenes erreichen zu können. Die Hybris des Konstruktivismus, die noch nie funktioniert hat und auch nie funktionieren wird.
Die Praxeologie des menschlichen Handelns von Ludwig von Mises gibt den Menschen wichtige Erkenntnisse an die Hand:
Sie zeichnet sich durch 3 wichtige Eigenschaften aus:
Durch
Subjektivismus
Apriorismus und
Wertfreiheit
Der Kern der Subjektivität wird durch die Einstellungen ausgemacht.
Etwas
zu glauben,
zu wünschen,
zu wollen,
zu hoffen oder
zu fürchten.
Das sind die wichtigsten und grundlegendsten Einstellungen, die Menschen haben. Das besondere an diesen Einstellungen ist, dass sie niemand definieren kann. Die Einstellungen spielen eine zentrale Rolle für das Verständnis von Handlungen und von Freiheit.
Der Apriorismus ist sozusagen ein formales Merkmal der Praxeologie, der Anspruch, die Einsichten der Praxeologie gelten erfahrungsunabhängig, können durch empirische Befunde nicht widerlegt werden und sind daher wichtig. Es macht einen Unterschied, ob sie einem Menschen bekannt sind oder nicht.
Sie erweitern unsere Kenntnisse, sind informativ.
Das dritte Charakteristikum der Praxeologie des menschlichen Handelns von Ludwig von Mises,
ist die Wertfreiheit.
Sie enthält keine normativen oder evaluativen Elemente.
Die Subjektivität ist mit das zentralste Element, was bereits aus den Einstellungen hervorgeht. Wollen und Glauben sind hier die wichtigsten. Die Intensität, also die Bezogenheit auf etwas, was ein Mensch glaubt, will sowie wünscht, hofft und fürchtet, macht es möglich, dass das, worauf ein Mensch bezogen ist, was ein Mensch glaubt, wünscht, etc., gar nicht objektiv vorhanden sein muss. Ein Mensch kann sich z.B. wünschen, nie geboren worden zu sein. Dieser Sachverhalt besteht nicht und kann auch nicht bestehen, aber die Einstellung eines Menschen hat die Fähigkeit, sich auf etwas zu beziehen. Das zeigt auf, welche Kraft Subjektivität hat.
Einstellungen richten sich auf sachverhaltsartige Gegenstände. Auf etwas, was ein Mensch in ganzen Sätzen beschreiben muss. Dabei wird häufig außer Acht gelassen, dass es nicht um den Erhalt einer Sache, eines Gegenstandes geht, sondern um die Befriedigung von subjektiven Bedürfnissen des bevorzugten Wohlseins gegenüber einem Zustand des Unwohlseins.
Dasselbe gilt auch für Meinungsäußerungen, welche lediglich subjektive Einstellungen eines Menschen verbal, in Schrift oder Ton zum Ausdruck bringen. Wie Individuen zu ihren Einstellungen gelangen, spiegelt das gesamte, bis dahin erfahrene Leben des jeweiligen Individuums wider, was zu ergründen eine große Aufgabe darstellen würde. Wollen, Wünsche, Hoffnungen sowie Ängste müssen weder der Realität, Fakten noch persönlichen Erfahrungen entspringen, weshalb es müßig wäre sich darüber den Kopf zu zerbrechen, warum Menschen an Einstellungen festhalten, die anderen völlig absurd, irrational, faktenlos, weltfremd, seltsam oder wie auch immer erscheinen.
Was es braucht ist lediglich Empathie, zu versuchen sich in Mitmenschen hinzuversetzen, ihre anderen Einstellungen zu respektieren, ohne sie adaptieren oder akzeptieren zu müssen und anstatt sich an unliebsamen anderen Einstellungen festzubeißen, bei völliger Inkompatibilität entspannt loszulassen und ggfs. – bei Aggressivität des Andersdenkenden – diese Person schlichtweg aus dem eigenen Leben auszuschließen, um mögliche Konflikte zu vermeiden. Dafür besitzen alle Menschen die wundervolle Eigenschaft, sich durch ihren physischen Körper zwar zu ihrer Umwelt abzugrenzen, aber dennoch in der Lage zu sein, sich mit anderen Menschen ihrer freier Wahl auch zu verbinden.
Das Zusammen- und Nebeneinanderleben der Menschen könnte so viel friedlicher sein, würden nur mehr Menschen das Freiwilligkeits- und Nichtaggressionsprinzip beachten und gelassen die Menschen aus ihrem Leben ausschließen, die sich ihnen gegenüber aggressiv und feindlich generieren.
So viel zu meinen persönlichen Gedanken zu Ihrer Frage, sehr geehrter Herr Löcke und liebe Leser. Ich hoffe, der Text war nicht zu lang und inhaltlich nicht zu monothematisch für Sie und findet ein Plätzchen bei den Kommentaren.
Herzliche Grüße
G. Schmidt
Dankeschön, sehr interessanter Kommentar