Kommentar von Peter Löcke//
Eine Wahlsendung jagt die nächste. Am unattraktiven TV-Montag des 17. Januar 2025 war es wieder soweit. Jessy Wellmer und Luis Klamroth luden über zwei Stunden zur „ARD Wahlarena“ ein [1]. Geladen waren 150 Bürger vor Ort im Studio sowie das deutsche Wahlvolk vorm heimischen TV. Über die Auswahl der Gäste und die gestellten Fragen fällt die BILD in einem ersten Fazit das Urteil „ideologisch voreingenommen“ [2]. Ich gehe einen Schritt weiter und nenne das Format eine Sendung von Grünen für Grüne. Ein ÖRR-Format für die Biotonne! Es folgt ein Essay, den linksgrünen Waschsalon möglichst sachlich zu analysieren.
Das Konzept der Sendung
Bürger fragen – Politiker antworten! So das bekannte Konzept. Im Vorfeld versprach die ARD neben einer breiten Themenpalette eine „möglichst große Vielfalt beim Publikum“. Das versichern Louis Klamroth und Jessy Wellmer nochmals in der Anmoderation. Neu ist, dass die Moderatoren einräumen, dass sich unter den Fragestellern „auch“ Parteimitglieder aus unterer kommunaler Ebene befänden. Um welche Fragesteller genau es sich handelt und aus welcher Partei sie kommen verrät die ARD weder vor noch während der Sendung.
Erst Merz und Scholz, dann Weidel und Habeck. So die Reihenfolge der befragten „Kanzlerkandidat:innen“ [sic], denn selbstverständlich gendert die ARD bei den Ankündigungen zur Wahlarena. Neben Publikumsfragen erfolgt bei jedem Kandidaten eine Schalte, um eine Frage aus den Social Media Kanälen an den betreffenden Politiker weiterzuleiten. Die Arena wird zum Klassenzimmer.
Hand hoch, wenn Sie fragen wollen! So Louis Klamroth. Die Schüler respektive Bürger zeigen auf, die Blicke der Moderatoren wandern suchend durchs Publikum und wählen spontan einen Bürger aus. Alles scheint authentisch, alles scheint transparent! So soll es zumindest wirken, nachdem sich der ÖRR zunehmend in der Kritik sieht, dass TV-Formate von vorne bis hinten am Reißbrett entworfen werden.
Die Bürger im Studio
Wie sieht diese versprochene große Vielfalt der Fragesteller im Publikum konkret aus? Da wäre etwa der Landwirt Tobias Schied. Der möchte den elterlichen Hof übernehmen, ängstigt sich aber wegen der Klimakrise, ist deswegen Sympathisant von Fridays for Future und kommunaler Parteikandidat der Grünen. Das grüne Parteibuch, das wegen des Disclaimers nicht weiter erwähnt und vom TV-Zuschauer ergoogelt werden muss, besitzt auch Samuel Everding. Der 18-jährige homosexuelle Beisitzer im grünen Ortsvorstand Hameln macht sich große Sorgen, dass die AfD homosexuelle Menschen ins Gefängnis oder gar ins KZ abschieben möchte. Wer fehlt noch? Eine fließend gendernde junge Frau namens Annabelle, die aus eigenen Recherchen und Studien weiß, dass es mehr psychologische Betreuung für Migranten braucht, außerdem eine Ärztin, die sich ebenfalls wegen der Klimakrise Sorgen um ihre Patienten macht, eine junge Afghanin, die schluchzend beklagt, wie wenig Unterstützung Sie erhält, um Ihr Berufsziel Therapeutin zu erreichen.
Und ja, es gab auch andere Fragesteller. Und nein, die geladenen Bürger waren weit entfernt von einem Querschnitt der Bevölkerung. Mehr als das. Ich kenne viele Ärzte und Bauern mit Problemen. Nur kenne ich keinen einzigen Arzt oder Bauern, dessen größtes Problem die Klimakrise ist.
Die Moderatoren
Besteht wenigstens Neutralität und Unabhängigkeit bei den Moderatoren? Dass Louis Klamroth mit der grünen Klimaaktivistin Luisa Neubauer liiert ist, ist bekannt. Der Partner von Jessy Wellmer heißt Sven Siebert, ein Journalist und ehemaliger Sprecher von Ramona Pop, die wiederum von 2016 bis 2021 grüne Berliner Senatorin für Wirtschaft war. Man kennt sich im politmedialen Berliner Komplex vom gemeinsamen Meet & Greet bei Lachs und grünem Lauch. Besonders Jessy Wellmer zeigte sich in der Moderation wenig moderat. Verhielt Sie sich bei Merz, Scholz und Habeck noch zurückhaltend, verwandelte sich Wellmer bei Alice Weidel von der Nachfragerin in eine mitdiskutierende Inquisitorin, die Aussagen und Argumente von Weidel live „faktenchecken“ wollte. Zum Thema Faktencheck am Ende mehr.
Ja oder nein? Ja oder nein? Wollen Sie geduldete Migranten abschieben? wollte Wellmer wiederholt auf penetrante Art und Weise wissen. Das Problem? Die AfD-Vorsitzende hatte ihren Standpunkt mehrfach klar gemacht. Für Weidel sind geduldete Migranten abgelehnte Migranten und somit illegal sich in Deutschland befindliche Personen, die auszuweisen sind. Das kann man kaltherzig finden oder gesetzestreu nennen, aber der Standpunkt war klar. Nebenbei gesagt: Der Attentäter von München hatte eine sogenannte Fiktionsbescheinigung. Er war also geduldet.
Welche Themen bei welchen Kandidaten?
Interessant waren die unterschiedlichen Themenkomplexe, zu welchen die Kanzlerkandidaten gefragt wurden. Friedrich Merz und Olaf Scholz spielte das in die Hände. Der Fokus bei Merz lag auf Wirtschaftsfragen, bei Scholz auf sozialen Fragen wie Pflege, Rente und Co. Das wurde auch von der Moderation gelenkt. Jessy Wellmer richtete bei Scholz die Bitte ans Publikum, nun Fragen über das „ganz wichtige Thema Pflege“ zu stellen. Robert Habeck wurde durchaus mit kritischen Wirtschaftsfragen in die Bredouille gebracht, zum Ende hin aber „gerettet“. Die zugeschaltete Frage aus dem Social Media Team war ergebnisoffen, die letzte Frage aus dem Publikum richtete sich gegen die Gefahren für die Demokratie wegen Tech-Milliardäre wie Elon Musk. So konnte Habeck seine beiden Hauptbotschaften unterbringen. Die Grünen sind die einzige Rettung gegen den drohenden Klimakollaps! Die dringend notwendige Regulierung von Plattformen alias Zensur ist erforderlich wegen rechtsextremer Schurken wie Elon Musk! Anders als bei den anderen Kandidaten gingen gleich drei an Weidel gerichtete Fragen in den persönlichen Bereich, sprich in ihre homosexuelle Partnerschaft und dem vermeintlichen Widerspruch mit dem intoleranten Weltbild der AfD. Das kann man machen, nur: Können Sie sich vorstellen, dass Olaf Scholz danach gefragt wird, warum er keine Kinder hat und dennoch vor über 20 Jahren als SPD-Generalsekretär die „Lufthoheit ober den Kinderbetten“ anstrebte? Undenkbar. [3]
Die Regie
Fake oder echt? War die Wahlarena authentisch oder doch am Reißbrett entworfen? Das liegt im wahrsten Sinne des Wortes im Auge des Betrachters. Ist das Auge geschult, deutet vieles daraufhin, dass Sendung und Ablauf der Fragen im Vorfeld durchgestaltet wurden. Achten Sie immer auf die gesamte Regie wie die Kameraführung! In der Sendung folgte auf Scholz der fließende Übergang zu Weidel. Nach dem Abschiedsapplaus für den Noch-Bundeskanzler gehen Weidel & Willmer in Vorbereitung der ersten Frage in die Mitte der Arena. Eigentlich sollte die Kamera den beiden Protagonisten folgen. Doch die Kamera ist bereits bei Gereon Lemke, dem Seelsorger aus Kiel, der kurz danach die erste Frage stellen wird (siehe Grafik). Die Regie als Rezeption für den Zuschauer, als optische Ankündigung. Zufall? Nein.
Grafik
Faktenchecks und Forschungsinstitute
Faktenchecks gibt es mittlerweile in Echtzeit oder zeitnah nach Talkshows [4]. Es geht nicht mehr darum, welcher Kandidat die besseren Argumente hat, sondern darum, wer die Wahrheit spricht und wer lügt. Das Phänomen war bereits in den USA bei den Duellen um die Präsidentschaft zu beobachten. Der hier in den Quellen angehängte Faktencheck wird Ihnen bestätigen, dass Alice Weidel gelogen hat, weil Sie bisher immer log. Das behaupte ich zu wissen, obwohl ich gestehe, den Artikel nicht gelesen zu haben, sehr wohl aber den Namen einer der Autoren. Bei Pascal Siggelkow handelt es sich um den legendären Faktenerfinder, der auf dem Grund der Ostsee Pflanzensprengstoff fand. Schon Jessy Wellmer bemühte sich live um Faktenchecks, was das Parteiprogramm der AfD angeht. Diese Checks basieren wie immer auf Wissenschaft, auf Forschungsinstitute, auf Experten. Das Expertentum stellte zuletzt und auch in der Show zwei Grundthesen auf:
1.) Die AfD schädigt sozial Schwache und ist deswegen für Geringverdiener unwählbar!
2.) Im Gegensatz zu den Programmen der SPD und der Grünen sind die Vorstellungen von CDU und AfD nicht gegenfinanzierbar!
Als Wahrheitssucher statt als Wahrheitsverkünder habe ich zu diesen Wahrheiten Gegenfragen. Warum wird die AfD dennoch von so viel Sozialschwachen und einfachen Arbeitern gewählt? Halten die Experten die Menschen für so dumm, sich selbst zu schaden? Warum fordern ausgerechnet die Parteien, deren politisches Programm in der Theorie zu finanzieren ist, eine Aufhebung der Schuldenbremse? Ich vermute, dass man die Antworten der Wahrheitsverkünder in die Biotonne kloppen kann.
3 Antworten
Die Analyse war mal wieder sehr lesenswert, danke.
Ich werde mich definitiv nicht von einem Friedrich Merz ‘vertreten’ fühlen. Für’s Erste wäre ich jedenfalls froh, wenn ich als Deutscher nicht mehr von Frau Außenminister Baerbock ‘vertreten’ werde. Zumindest hierbei kann es wohl kaum schlimmer werden.
Wundert das noch jemand? Der Grünrotfunk macht das tagaus-tagein auf allen Radio und Fernsehsendern. Und sie alle kommen sich gut dabei vor. Wir sind die Guten! Wir müssen die Welt vor dem Bösen retten. Grünrot sein als moderne Ersatzreligion für den urbanen Grossstadtadel, der die Konsequenzen seines Handelns noch nicht spürt. In der Exekutive, der Legislative, der Judukative und den Mainstrammedien. Generation Feelgood. Alles andere ist uninteressant für Menschen, die im linken Zeitalter (1919-1968-dato) sozialisiert wurden. Und jetzt läuft der Backlash. Denn, so sagt Hegel, Geschichte entwickelt sich in These-Antithese-Synthese. Wohlan denn, und ruhig Blut. Es kommt wie es kommen muss.
Sehr gut analysiert und geschrieben wie immer, jedoch ohne neuen Erkenntnisgewinn. Wie es weitergeht, steht ja praktisch schon fest, die Brandmauer steht und wird im Minutentakt bekräftigt, somit kann der mutmaßliche “Wahlgewinner” ausschließlich mit grün und oder rot koalieren und dann sieht man in den nächsten Jahren weiter. Mehr fällt mir eigentlich gerade nicht ein…