von Peter Löcke //
Hiermit versichere ich an Eides statt, dass ich mich niemals bewusst des Verbrechens „geistiger Diebstahl“ schuldig gemacht habe. Inspiration gerne, aber niemals Diebstahl! Einwandfrei nachweisen kann ich das anhand meiner Dissertation. Da geht es mir nämlich wie der Hälfte des Bundestags. Eine solche Doktorarbeit habe ich niemals verfasst. Das gilt aber auch für tatsächlich in meinem Leben erfolgreich abgeschlossene Prüfungen und Klausuren. Wie habe ich das nur geschafft? Ich habe gelernt, mal mehr und mal weniger. Dann habe ich bestanden, mal besser und mal schlechter. Bin ich also integer und anständig? Soweit würde ich nicht gehen. Der Grund ist viel profaner.
Mir mangelte es schon in der Schulzeit an Talent zum Betrügen und Fuschen. Meine wenigen Versuche, mit Spickzettel & Co eine intellektuelle Abkürzung zu nehmen, scheiterten allesamt kläglich und waren zudem mit Stress verbunden. Der lange Weg war der entspannte Weg. Ich mag es stressfrei. Doch genug von mir.
Selbstverständlich soll es um den Plagiatsjäger Stefan Weber respektive um die neueste Beute des Jägers gehen. Hat Habeck vor einem Vierteljahrhundert gefuscht, dass sich bis heute die Balken biegen? Das hat er. Ist er deswegen ungeeignet für ein hohes Staatsamt? Er ist sogar sehr gut geeignet. Streng genommen hat Habeck seine Qualifikation als Berufspolitiker 2001 unter Beweis gestellt, eben weil er mit der Täuschung durchkam. Er hat vor 24 Jahren seinen Doktor der Politik mit summa cum laude bestanden. Es gibt Berufssparten, in welchen erfolgreiches Täuschen, Plagiieren und Kopieren als Skill, als Fähigkeit, als Kompetenz, verstanden wird. Das beschränkt sich nicht nur auf die Politikbranche.
Ich gebe Ihnen ein konkretes Beispiel. Eine renommierte Agentur sucht einen kreativen Werbetexter. Nach dem Aussieben der Bewerbungen lädt der Chef die zehn aussichtsreichsten Kandidaten zum Vorstellungsgespräch ein und entscheidet sich für den vermeintlich Besten. Der neue Angestellte überzeugt, er leistet gute Arbeit, Agentur wie Kunden der Agentur sind zufrieden. Nach einem Jahr stellt sich durch einen Zufall heraus, dass der neue Texter bei seiner in der Bewerbung angegebenen Vita und bei angeblich vorhandenen Qualifikationen gelogen hat, dass sich bis heute die Balkendiagramme bei ARD & ZDF biegen. Wird der Chef der Werbeagentur den Hochstapler entlassen? Nein. Wahrscheinlicher ist, dass der beeindruckte Chef ihm eine Gehaltserhöhung gibt. Die Übergänge vom kreativen Texten bis zur glatten Lüge sind nämlich in der Werbebranche fließend und manchmal identisch.
Zurück zur gefühlt hundertsten Plagiatsaffäre eines Politikers, in dessen neuester Version Robert Habeck im Mittelpunkt steht. Was genau sind Sekundär- und Primärquellen, unterliefen Habeck in den Fußnoten leichte oder schwere Fehler, was genau bedeutet „zitiert nach“? Statt eine eigene wissenschaftliche Abhandlung über die gerade diskutierten Fragen zu schreiben, möchte ich die gegen Robert Habeck erhobenen Vorwürfe auf den wesentlichen Punkt reduzieren.
Habeck täuschte erfolgreich Wissen vor.
Wie tat er das? Er schrieb und urteilte anno 2001 über literarische Werke, die er nicht in ihrer Tiefe gelesen hatte, sondern nur oberflächlich vom Hörensagen kannte. Er hatte nur Dinge aufgeschnappt und aus abgespeckter Sekundärliteratur zitiert. Das wiederum weist ihm heute ein Team aus Plagiatsjägern rund um Stefan Weber durch die Fußnoten nach.
Ein unverzeihlicher Skandal? In meinen Augen nicht. Nicht, wenn man damit durchkommt. Eine Abkürzung im Leben zu nehmen, um ein Ziel zu erreichen, zählt für mich zu einer zutiefst menschlichen Eigenschaft. Hand aufs Herz: Nehmen Sie den illegalen Feldweg, der Sie in fünf Minuten nach Hause bringt oder umfahren Sie mühselig den Ortskern, um nach zwanzig Minuten auf legale Weise Heim und Herd zu erreichen? Wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, nicht erwischt zu werden, nehmen viele Menschen eine Abkürzung. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der Dorfpolizist Sie erwischt. Es ist außerdem höchst unwahrscheinlich, dass die Universität Hamburg kreative Quellenabkürzungen bei einer Doktorarbeit findet und diese ahndet.
Auf den ersten Blick erscheint es also uninteressant, was der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck vor knapp einem Vierteljahrhundert getan hat oder nicht. Interessant und spannend jedoch ist, was er heute tut.
Gehen wir nochmal zur Essenz der Kritik. Eine solche Essenz ist laut der Primärquelle „Faust“ von Goethe des Pudels Kern, der Teufel Mephisto. Habeck täuschte vor ewigen Zeiten erfolgreich Wissen vor. Das ist in der Rückschau des Pudels Kern an Habecks Doktorarbeit „Die Natur der Literatur“ aus dem Jahr 2001. Das Vorgaukeln von Kompetenz und Wissen? Das ist interessanter Weise auch im Jahr 2025 des Pudels Kern, wenn sich bei politischen Fragen Habecks rhetorischer Nebel lichtet.
Die Parallele zur Gegenwart ist das eigentlich Spannende. Schein und Sein klaffen damals wie heute bei Robert Habeck auseinander. Das Widersprüchliche, das Auseinanderdriften von Anspruch und Wirklichkeit zeigt sich am besten anhand zweier Zitate. Das erste Zitat stammt aus Habecks Dissertation.
„So wie Natur als raumzeitliches Totalitätsgeschehen formal begriffen wird, wird Kultur als die bezeichnende Art und Weise einer aktuellen Bedeutungshaftigkeit aufgefasst.“
Das zweite Zitat klingt weniger nach Hegel und steht heute in großen Lettern auf grünen Wahlplakaten.
„Ein Mensch. Ein Wort.“
Sollte Robert Habeck damit durchkommen, verdient er eine Beförderung zum Kanzler inklusive Gehaltserhöhung. Ich könnte das nicht. Ich mag es stressfrei.
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5 Antworten
Letztlich bleibt doch der Fakt, dass Habecks Handeln desaströs für die deutsche Politik und Wirtschaft war und immer noch ist.
Der Unterschied des gesellschaftlichen Schadens zwischen einer unsauber verfassten Doktorarbeit und des ideologisch motivierten Durchprügelns von, der Realität fremder, Gesetzgebungen, die breite Bevölkerungsschichten zudem in die finanzielle Krise stürzt, ist doch auch eine Kernfrage um die Kompetenz eines Protagonisten.
Eine ähnliche Situation bestünde doch, wenn beispielsweise (!!!) ein mittelmäßiger Kunstmaler sich zum Staatsmann. erkoren fühlt.
Da ist die Frage doch relevant, welcher Schaden durch die Gesellschaft besser abgefangen werden kann.
Ganz pragmatisch betrachtet, sind einige, weniger gute Bilder oder Bücher doch deutlich weniger zerstörerisch, als fehlgeleitete, auf gefährlichem Halbwissen basierende oder lobbyistisch unterwanderte, politische Entscheidungen.
Ein guter Abschluß einer Wissensvermittlung bzw. Wissenaneignung garantiert allerdings auch noch nicht eine nachfolgende gute Praxisfähigkeit in der Anwendung des erlangten Wissens.
Nun denn,
Demokratie ist die Realisierung gemeinschaftlicher, gesellschaftlicher Ziele in einem Staatsgefüge und sollte durch unabhängige Sachverständige bzw. praktizierende Fachleute der einzelnen Sparten, in einer zeitlich begrenzten Verantwortlichkeit entschieden und durchgesetzt werden.
Der Berufspolitiker in der Parteiendemokratie ist womöglich eine aussterbende Spezies, die leider noch eine geraume Zeit dem Staat und der Gesellschaft zur Last fallen wird.
Das ist der Beweis, Robert Habeck ist kein Schwachkopf und seine Politik ist nicht dumm, sondern anders. Wir sind nur zu verpeilt, sie zu verstehen. Da gibt es dieses neue Buch, dass blöde Wähler die Demokratie gefährden. Es ist also schon offensichtlich, was mit uns los ist. Wo soll das nur enden!?
‘Natur’ ist ein unbestimmter Begriff. Entstanden aus der Vorstellung heraus, Alles in der Welt muß abstrakt vorstellbar sein. Wobei ‘Natur’ für einen Esoteriker etwas anderes bedeutet, als für einen Chemiker oder Geologen. Man kann weder ‘die Natur’ noch die Raumzeit letztgültig bestimmen, noch formal kategorisieren. Macht man solches, dann muß man zwingend die Erkenntnis, das man für das eine und das andere keine Form hat, verwerfen, und sich in infantiler Gegenseitigkeit* sowie einer manifesten Unansprechbarkeit Phrasen zurechtlegen, die vor allem dazu dienen den eigenen Defekt der Menschwerdung, in den Grenzen von Wille, Welt und Vorstellung, als bestimmendes Moment eigener, randständiger Befindlichkeiten zu konstruieren. Weder die Natur noch das Raum-Zeit Gefüge haben ausserhalb unserer Vorstellungskraft Bestand. ‘Totalitätsgeschehen’ ist schon deshalb Unlogik, weil der Begriff Erkenntnis voraussetzt die wir, Stand heute, weder vom universellen Werden noch Vergehen haben, noch jemals haben werden. Am besten wäre der Begriff zu deuten, als ‘totale Sinnsuche’ ohne Kenntnis der Naturwissenschaften seit der Antike. Kultur wird nicht durch ‘Bedeutungshaftigkeit’ zur Kultur. Kultur muß, bis zu ihrem Untergang überhaupt keine Bedeutung haben. Es ist sogar hinderlich in eine sich immer weiter entwickelnden Kultur etwas hinein zu deuten. Oder anders gesagt, in der Mitte einer Kultur ist diese Kultur Bedeutungslos. Man kann nur feststellen das es sie in dieser Form gab. Kultur ist bestenfalls ein Quantenzustand. In sich unbestimmt, sich ausbreitend, und erst bei der Messung, dem Hinsehen nimmt es die Form an, für die der Beobachter die Voraussetzung mitbringt um das was er sieht zu interpretieren. *(in einer Gellschaft von Dummen, geht es nicht darum die Dummheit abzuschaffen, sondern um die gegenseitige Bestätigung, das man sich erfolgreich vor jeglicher Selbstreflektion hütet.)
“Ein Mensch. Ein Wort”… Genau, wie z.B. gestern in dieser Unterschicht-Sendung bei Raab in RTL.
Erst wollte ich nicht glauben, dass er tatsächlich der Stargast dort sein sollte, also schaute ich mir das Geschehen eine halbe Stunde an, bis er dann tatsächlich kam. Mehr möchte ich jetzt nicht schreiben…
Was soll ich sagen? Sie haben recht. Viel mehr wage ich nicht zu sagen, da Typen wie er Kritikern mit dem Staatsanwalt drohen, um ihre Luftschlösser am Einsturz zu hindern. Es ist eine Schande, dass solche Leute in diese wichtigen Positionen kommen, aber auch ein Zeichen unserer desaströsen Zeit des Wandels. Dass der Staatsapparat dann schnurrt, ist kein Wunder. Beamte machen das was man Ihnen sagt. Jedenfalls in den meisten Fällen.