von Peter Löcke //
„Ich war Fünfkämpferin in Leipzig an der Sportschule.“
Das sagt Sachsens SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping in einem Wahl-Werbespot über sich selbst [1]. Im Clip erfahre ich, dass Sie eigentlich Spitzensportlerin werden wollte, doch dann kam alles anders. Sie bekam in der elften Klasse ein Kind und so wurde Sie notgedrungen Spitzenpolitikerin. Schade. Den besagten Fünfkampf, heute heißt er Moderner Fünfkampf, gab es bereits in der olympischen Antike mit damals noch anderen Disziplinen. Doch auch die Moderne wird ständig moderner. So stellt das Springreiten in Paris zum letzten Mal eine Sportart innerhalb des olympischen Fünfkampfs dar. Das ist bedauerlich für Deutschland. Anderen Lebewesen beizubringen, wie hoch sie springen müssen, sie gar zu dressieren – in dieser Sportart zeigte sich Deutschland anderen Nationen gegenüber traditionell überlegen. Bei genauer Betrachtung existieren weitere Ähnlichkeiten zwischen olympischen Wettkämpfen und politischen Wahlkämpfen. Vielleicht unterscheidet sich Köppings ursprünglicher Berufswunsch weniger als gedacht von ihrem tatsächlich ergriffenen Beruf. Ich möchte die fünf gängigsten Disziplinen vorstellen, den olympischen Fünfkampf der Politik.
Der 5 Prozent Hürdenlauf
Um das Ziel Landtag oder Bundestag zu erreichen, muss eine Partei den 5 Prozent Hürdenlauf überstehen. Dabei handelt es sich um den Anteil an Zweitstimmen, den eine Partei mindestens erreichen muss. Für Köpping, die Kandidatin der Volkspartei SPD, sieht es zurzeit gut in Sachsen aus. Sie kommt vor der anstehenden Wahl in Umfragen auf 6 Prozent. Auf Bundesebene müht sich die FDP über die Hürden. Für sie wird es enger. Die Liberalen haben jedoch noch ein Jahr Zeit, um sich empört von der Politik der Ampel-Koalition zu distanzieren, für die sie eine Mitverantwortung trägt. Nicht nur für die FDP bleibt es spannend. Spannend bleibt es auch für die CSU und vor allem für die Linke. Beide würden gerne die Hürden niedriger legen auf eine Höhe von schätzungsweise zwei bis drei Prozent. Das ist nun in der Theorie möglich laut Entscheid des Bundesverfassungsgerichts [2].
Aggressiv-kämpferisches Verhalten
Ein aggressiv-kämpferisches Verhalten ist eine Grundvoraussetzung bei olympischen Disziplinen und beim Leistungssport im Allgemeinen. Wir woll‘n Euch kämpfen sehen! Diese gesungene Forderung kennt man aus deutschen Fußballstadien. Was für den Sport gilt, gilt mittlerweile nicht mehr für politische Ansichten. Der Grund? Aggressiv-kämpferisches Verhalten richtet sich in der Politik neuerdings gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Das stellte Nancy Faeser beim Magazin Compact fest [3]. Die identische Wortwahl verwendete der Verfassungsschutz Thüringen für die AfD [4]. Ein solches Verhalten stellte außerdem der Ullstein-Verlag bei einem sieben Jahre lang unverdächtigen Buch von J.D. Vance fest [5]. Kurz nachdem bekannt wurde, dass der ehemalige Trump-Kritiker nun Trump-Vize werden soll, erkannte der Verlag ein „aggressiv-demagogisches“ Verhalten bei Vance und möchte sein Buch nicht mehr verkaufen. Wir woll’n Euch verboten sehen! So lautet der neue Gesang in Faeser-Deutschland. Das ist mir etwas zu aggressiv.
Der politische Eiertanz
Der politische Eiertanz gleicht dem olympischen Eistanzen. Auch hier gibt es eine Kür und eine Pflicht. Für die CDU etwa besteht die Pflicht in der vielzitierten Brandmauer gegen Rechts. Mit der Kür beginnt für die CDU der eigentliche Eiertanz. Sie muss eine Politik kritisieren, die sie selbst unter Merkel eingeleitet und befürwortet hat. Sie muss die Grünen und die SPD aufs Schärfste angreifen und sich diese Parteien gleichzeitig als künftige Koalitionspartner warm halten. Sie muss AfD-Positionen übernehmen und sich gleichzeitig von der AfD abgrenzen. Und dennoch ist dieser Teufelskreis zu lösen. Wie? Beim Eistanzen sollte man die Füße bewegen. Beim Eiertanzen empfiehlt es sich, die Füße still zu halten. Einfach mal die Ampel machen lassen.
Die Modellathletik
Bei der Leichtathletik und Schwerathletik handelt es sich um Oberbegriffe, die traditionelle olympische Sportarten zusammenfassen. Beim politischen Wahlkampf sind vermehrt Modellathleten gefragt. Damit sind Zukunftsforscher gemeint, die ein schlimmes Bild der Welt von Morgen entwerfen. Diese Modellierer rechtfertigen so gewollte politische Forderungen in der Gegenwart. Das ist so laut Studie, laut Modellierung, laut Wissenschaft. Der Vorteil einer Zukunfts-Analyse liegt darin, dass sie niemals widerlegt werden kann. Das kann man sich zunutze machen. Das funktioniert bei einem Virus, das funktioniert beim Wetter, das funktioniert auch bei einem Krieg. Die politisch vorgeschlagene Lösung der Modellathleten ist stets gleich. Sie lautet: Wir brauchen umgehend Maßnahmen!
Das mediale Trampolinspringen
Das Trampolinspringen stand erstmals bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney auf dem Programm. Die nicht vorhandene Tradition kann kein Zufall sein. Lange wurde sich über eine deutsche Außenministerin ob Ihrer Liebe zum Trampolinspringen lustig gemacht. Nun geht Annalena Baerbock in die sportliche Offensive und hüpft sich proaktiv durch die Geopolitik des Lebens in der Hoffnung auf eine niedrige Deckenhöhe [6]. Schon in Ihrer Jugend habe Sie beim Sport festgestellt, wie Demokratie funktioniert. Ich möchte Ihr Recht geben. Bilder sagen mehr als Worte. Beim täglichen Trampolinspringen auf Social Media geht es um das Erzeugen schöner Bilder. Und das wissen alle Parteien, die sich am politischen Fünfkampf der Politik beteiligen.
Das weiß auch eine Petra Köpping von der SPD. Den anderthalb Minuten langen Werbespot halte ich für gelungen. Es handelt sich in der Tat um schöne Bilder. Niemand wird sich daran erinnern, dass Sie 2020 Quarantäne-Gegner in die Psychiatrie zwangseinweisen wollte. Auch an Ihre SED-Vergangenheit wird sich niemand erinnern [7]. Petra Köpping wollte Fünfkämpferin werden. Und daran hat sich nichts geändert.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.
Eine Antwort
Demokratie bedeutet, dass Leute wie du und ich die Politik machen. – Wie sagte Marie-Antoinette kurz vor dem Richtblock? Ach, der Pöbel regiert sich jetzt selber? Und, hat sich irgendwas geändert? Eben!