Die kritische Stimme der Medizin – Dr. Norbert Kriegisch im Gespräch

von Adrian von Ferneczy //

Seit über 40 Jahren führt Dr. med. Norbert Kriegisch mitten in München-Schwabing eine erfolgreiche Praxis der Allgemeinmedizin. Im Gespräch mit dem Herausgeber des CdkW, Markus Langemann, kritisiert der praktizierende Arzt mutig und offen den Zustand des modernen Gesundheitssystems sowie die Ausbildung der kommenden Ärztegeneration. Sein kritischer, umfassender Blick auf den Menschen und sein Anliegen, nachhaltige Gesundheit durch Ursachenforschung statt Symptombehandlung zu fördern, machen ihn zu einer bemerkenswerten Stimme im medizinischen Diskurs.

Die Krise der Symptommedizin

Kriegisch sieht die medizinische Ausbildung und Praxis zunehmend auf technische Verfahren beschränkt, die den Menschen als Individuum oft außer Acht lassen. Untersuchungen, die Blutwerte und andere diagnostische Verfahren stur nach Standardwerten abfragen, seien zunehmend symptomorientiert, ohne nach der tieferliegenden Ursache der Beschwerden zu suchen. „Ärzte  behandeln eigentlich nur die Symptome mit sogenannten Antimitteln: Antirheumatika, Antidepressiva, Antihypertensiva“, beschreibt Dr. Kriegisch seine Erfahrung. „Es geht nicht um Heilung, sondern darum, den Körper ruhigzustellen und darauf zu hoffen, dass er sich selbst hilft.“

Seine Skepsis gegenüber dieser „Schema-F-Medizin“ wächst angesichts der steigenden Anzahl von Patienten, die sich nach intensiven Untersuchungen weiterhin krank fühlen, aber keine erklärbare Diagnose haben. Sein Buch „Ich fühle mich krank, warum findet niemand etwas?“ beschreibt solche Fälle aus seiner Praxis, in denen Patienten mit langjährigen Beschwerden wie Magenschmerzen oder Rückenschmerzen nach umfassenden technischen Untersuchungen und Medikationen keine Linderung fanden.

Ganzheitliche Betrachtung des Menschen: Körper, Geist und Seele

Für Dr. Kriegisch ist es entscheidend, nicht nur auf einzelne Organe zu fokussieren, sondern den gesamten Menschen zu betrachten, denn viele körperliche Beschwerden hätten ihren Ursprung auf verschiedenen Ebenen. „Der Körper ist mehr als die Summe seiner Teile“, erklärt er. „Wenn jemand Magenschmerzen hat, kann die Ursache auf der strukturellen, regulativen, psychoemotionalen oder geistigen Ebene liegen.“ Seiner Erfahrung nach kann beispielsweise ein Rückenschmerz mit emotionalem Stress oder unbewältigten Problemen zusammenhängen, während Kopfschmerzen oft durch Zahn-Kiefer-Bereiche ausgelöst werden.

Dr. Kriegisch beschreibt seinen medizinischen Ansatz als integrative Medizin, in der konventionelle und alternative Verfahren Hand in Hand gehen. Er verwendet Naturheilverfahren, orthomolekulare Medizin und energetische Medizin und schließt damit auch die Einbeziehung von Zahnarzt und anderen Spezialisten ein, wenn nötig. Diese ganzheitliche Herangehensweise erfordert eine tiefgehende Ursachenanalyse und sorgfältige Beobachtung. „Jeder Patient, der das erste Mal zu mir kommt, ist eineinhalb Stunden bei mir. Alles beginnt mit einem umfangreichen Fragebogen, der den Patienten dazu anregt, sich selbst besser zu reflektieren“, erklärt Dr. Kriegisch.

Medizinisches System und ökonomische Zwänge

Die heutige Medizin  sei von finanziellen und wirtschaftlichen Interessen getrieben, was Ärzte daran hindere, die Zeit und Sorgfalt aufzubringen, die nötig wären. Für Kassenpatienten erhält ein Arzt nur etwa 70 Euro pro Quartal – unabhängig davon, wie oft der Patient kommt.  „Das System ist hirnrissig und demotivierend“, so Dr. Kriegisch.

Eine kritische Haltung gegenüber der Pharmaindustrie

Ein weiterer Aspekt, den Dr. Kriegisch kritisiert, ist die Einflussnahme der Pharmaindustrie auf Forschung und medizinische Praktiken. Drittmittel, die an Universitäten fließen, stammen fast ausschließlich von Pharmakonzernen, was die Ausrichtung der medizinischen Forschung stark beeinflusse.

Diese Überzeugung zeigt sich auch in seiner Ablehnung, Cholesterinsenker Kindern ab fünf Jahren zu verschreiben, wie es jüngst vorgeschlagen wurde. Dr. Kriegisch appelliert an ein differenziertes Verständnis für Cholesterin und dessen Rolle im Körper. „Cholesterin ist ein Antioxidans und Bestandteil der Geschlechtshormone. Statt Cholesterinsenker zu verschreiben, kann man versuchen, den Anteil des guten HDL-Cholesterins durch Ernährung zu erhöhen.“

Vom Glauben an Heilung durch Ursachenforschung

Dr. Kriegischs Methode besteht darin, den Schlüssel zur Heilung im individuellen Zugang zum Patienten zu suchen. „Ich behaupte nicht, dass ich jeden heilen kann, aber ich bin überzeugt, dass durch Ursachenforschung und Erfahrung weitaus mehr möglich ist, als die meisten Menschen glauben.“ Diese Überzeugung teilt er auch in seiner Familie weiter: Seine Tochter arbeitet als Fachärztin für Allgemeinmedizin in seiner Praxis mit, und sein Sohn ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Durch die generationsübergreifende Zusammenarbeit versucht er, die integrative und kritische Herangehensweise auch an die nächste Generation weiterzugeben.

Das Gespräch mit Dr. Norbert Kriegisch ist ein Weckruf für all jene, die sich nach einer Medizin sehnen, die den Menschen in seiner Ganzheitlichkeit wahrnimmt und hinterfragt. Um noch tiefere Einblicke in Dr. Kriegischs Ansatz und seine kritischen Ansichten zum Gesundheitssystem zu erhalten, empfehle ich, das gesamte Interview in der Mediathek des Clubs der klaren Worte anzuhören. Dieses Gespräch liefert zahlreiche Denkanstöße und zeigt die Bedeutung einer ganzheitlichen und patientenorientierten Medizin, die die wahre Heilung in den Mittelpunkt stellt. – Ihr Markus Langemann

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6 Antworten

  1. Die Entwicklung zur normierten Symptom orientierten Medizin wird forciert, damit die ärztlichen Aufgaben in der Zukunft durch KI zu großen Teilen übernommen werden können. Diese kühne These wird durch die aberwitzige Verknappung von Studienplätzen für Medizin gestützt. Der Ärztemangel passiert nicht einfach, er ist gewollt – seit Jahrzehnten. Mit der Hinwendung zur automatisierten und entmenschlichten Medizin Simulation lassen sich Rationierung und andere schlimme Sachen leichter umsetzen. Ein gewisser Harari sprach ja schon mal von Menschen, die niemand mehr braucht. Wer jetzt, wo gebrechliche Mittachziger mit Verdacht auf Schlaganfall fünf Stunden im Wartebereich der Notfallambulanz zwischengelagert werden, noch ein Drittel der Krankenhäuser in die Insolvenz treibt, der hat nicht die Gesundheit auf der Agenda, vermute ich. Der Behandlungsansatz des Kollegen Kriegischs wird von mir in ähnlicher Weise in der Zahnheilkunde verfolgt, auch seit 40 Jahren. Diese Art der Heilkunde muss man sich im heutigen Medizinbetrieb als Patient und Arzt leisten wollen, es ist kein bequemer Weg,

  2. Wenn ich Ärzten als Patient signalisiere, dass ich gerne mit ihnen zusammen arbeite, findet sich oft ein geeigneter Partner… nur ganz selten lehnt ein Besserwisserischer das Angebot ab. So sind schon die erstaunlichsten gemeinsam erarbeiteten Therapien zustande gekommen – mit geringst möglichen Dosierungen und Nebenwirkungen und schnellst möglicher Abheilung.
    Bei einer akuten heftigen Erkrankung bin ich über schnell und hochwirksame Arzneien dankbar*, damit ich danach Zeit habe über die Ursachen nachzudenken und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. – Änderungen der Lebensführung, Ernährung, Bewegung, Einschränkungen von Unverträglichem, Reduzierung von Stress liefern auf lange Sicht auch Erfolge, nur das kann dann schon ein paar Jahre dauern, bis diese wirklich eintreten. Da ist Geduld, Gelassenheit und das Vertrauen in den eigenen Körper gefragt – *das gelingt um so besser, wenn es für den Notfall diese hochwirksamen Arzneien gibt.
    Für mich ist das Abwägen der Maßnahmen und das gezielte kurzzeitige Einsetzten von Arzneien wichtig; so komme ich als chronischer Patient über Jahrzehnte fast ohne Medikamente aus.

  3. Dr.Kriegisch hat recht.
    Das Problem ist nur, das Gesundheitsunwesen, so wie es strukturiert ist hat nur einen Zweck, uns lebenslang krank zu halten ohne das wir sterben- denn ist der Patient gesund verdient der Arzt und alle nachgeschalteten Geschäftemacher nichts.
    Es fängt schon damit an, dass Jod (billig und nicht patentierbar)als Desinfektionsmittel nicht mehr gerne gesehen wird und man lieber Antibiotikasalben u nd Sprays ( teuer und patentierbar)verwendet die mich fast meinen Fuß gekostet haben.Mein Hausarzt sagte mir, wenn er keine Pillen oder sonstwas verschreibt kommen die Patienten nicht wieder denn das Lebenskonzept vieler ist”Leben wie die Wildsau, den Rest machen wir mit Tabletten und Spritzen”.Von Selbstverantwortung keine Spur, eher Vollkaskomentalität und blos nicht selbst einen Weg finden der anstrengend sein kann.
    Also müssen die Gesundheitslobbyisten aus den Parlamenten verjagt werden, jeder der nachweisbar auf volle Kanne lebt hat höhere Kassenbeiträge zu zahlen.Wiedereinführung der Vertrauensärzte. Deprivatisierung der Kliniken. Und wenn die Pharmaindustrie nicht will, dann muss der Staat selbst Medikamente herstellen.
    Was heute läuft, das durch künstliche Medikamentenverknappung unser Oberhallodri Klabauterbach “erpresst” werden kann darf nicht sein erst recht nicht, das Preise für Medikamente Geheimsache sind – das ist Korruption auf höchstem Niveau aber da hat unser Demenzkanzler ja Erfahrung, sogenannte Cum EX Erfahrung, die sehr gut auf die Karriere von Politikern wirkt.
    Abschaffung der Fallpauschalen denn es wird nur das gemacht was im Katalog steht und hoch bezahlt wird.
    Mehr Allgemeinärzte denn es kann nicht sein, das ein Orthopäde zu meinen geschwollenen Füßen sagt er sehe kein orthopädisches Problem. Bessere Verteilung der Ärzte im Land es kann nicht sein das an einem Ort 6 Hautärzte sind und davon 5 nur Privatpatienten behandeln – diese Herren haben auf UNSERE Kosten studiert.
    Staatliche Pharmaforschung und Produktion ohne Industriebeteiligung denn was uns die Pharmaverbrecher kosten damit können wir problemlos selber wirtschaften.
    Anerkennung von Naturheilverfahren und Kassenübernahme, denn das wird deutlich günstiger als die Pharmaaktionäre fett zu machen.
    Es kann nicht sein, das trotz mehrerer Rote Hand Briefe Reserveantibiotika gegen Erkältung verschrieben werden. Entweder sind diese Ärzte bekloppt, unwissend oder von der Pharmaindustrie bestochen. Wer es testen will kann die On Line Ärzteprüfung mal versuchsweise machen, man kommt ohne Studium, nur mit Verstand und Abiturwissen,auf 30%.

    1. Ich würde gerne diese ‘On Line Ärzteprüfung’ machen, um zu sehen wie ich als nicht-Mediziner abschneide. Können Sie mir bitte die Internetseite sagen? Ich habe zwar gesucht, bin aber nur zu Seiten gekommen, die Vorbereitungsmaterial für Arztprüfungen anbieten.
      Vielen Dank!

      1. Danke für die Nachfrage. Ich habe mir leider kein Lesezeichen gesetzt und kann die Seite jetzt auch nicht mehr finden.
        Wenn es mir glückt werde ich mich wieder melden.

  4. Guter Arzt! Von denen es immer weniger gibt. Die jungen Ärzte sind reine Medikamenten-Verschreiber. Nach der Analyse der Werte gibt’s Medikamente gegen die Abweichungen. Darauf sind Mediziner heute geeicht. Das ist so einfach nach Schema-F wie Brötchenbacken. KI kann das im Prinzip auch. Wirkliche Gesundheitsberatung wäre aufwendig. Selten, dass mal einer sagt: Ändern sie doch ihre Lebebsweise, dann geht’s ihnen wieder gut. Sie sind natürlich damit das Spiegelbild der modernen Patienten, die das garnicht anders wollen. Und sie sind im Griff der Pharmaindustrie, die das fördern. Wer hat heutzutage schon die Disziplin seine Lebensweise zu ändern? Weniger Stress (Magen), weniger Alkohol (Magen/Darm), weniger Süsskram,,, etc. Stattdessen Ruhe und gesunde Ernährung. Hinzu kommt: Früher wurde man Arzt aus Berufung. Heute weil man ein Einser-Abitur hat und sich damit gut Geld verdienen lässt. Wer gesund bleiben will, muss auf sich selber achten. Moderne Ärzte helfen da wenig. Zum Schluss noch mein Lieblingswitz dazu, den besonders Chirurgen gern erzählen: Was ist der Unterschied zwischen einem Internisten, einem Allgemeinmediziner und einem Chirurgen? Internisten wissen alles und können nix, Allgemeinmediziner wissen nix und können nix. Und Chirurgen wissen nix und können alles! So hab ich’s auch erlebt.

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