von Peter Löcke //
Nachrichten gibt es endlich in einfacher Sprache. Exklusiv für Menschen, die inklusiv betreut werden müssen. Hier das Original der Pilotsendung [1]. Zuvor kündigte die ARD das neue TV-Format in einer Mitteilung in eigener Sache an [2]. Darin heißt es:
„Etwa 17 Millionen Erwachsene in Deutschland haben Probleme damit, komplexe Texte zu verstehen. Damit auch sie sich über aktuelle Themen informieren können, strahlt die tagesschau ab sofort Fernsehnachrichten in Einfacher Sprache aus.“
Die mindestens an zwei Stellen falsche Groß- und Kleinschreibung der ARD-Mitteilung habe ich so übernommen. Die Reaktionen auf das neue Format fallen unterschiedlich aus. Das ist ein tolles Zeichen von Inklusion. Damit kann man Menschen mit niedrigem Bildungsniveau für politische Themen begeistern. Sagen die einen. Das wirkt wie die Sendung mit der Maus für Erwachsene und verbreitet wie das Original der Tagesschau lediglich Regierungsnarrative. Kritisieren die anderen. So war auch meine belustigte spontane Reaktion. Dementsprechend kündigte ich dem Herausgeber dieser Plattform freudig per WhatsApp an, dass die neue Kolumne eine Glosse sein wird. Auf diese Glosse muss Markus Langemann bis heute warten. Sie landeten alle im digitalen Mülleimer. Bei näherer Betrachtung wird eine Glosse dem Thema nicht gerecht, denn das Thema ist bitter ernst. Es geht am Ende des Tages um Volksverdummung. Es geht um Infantilisierung und Infantilisierung ist ein Stilmittel der Propaganda. Dieses gefährliche Phänomen beschränkt sich nicht auf die neue Tagesschau. Es zieht sich seit einigen Jahren wie ein roter Faden durch Wissenschaft, Politik und Medien. Ich bleibe zunächst in der Medienlandschaft und dem eingangs erwähnten neuen Format.
Sapere aude! Denke selbst? Nein. Sie sollen nicht selbst denken. Cogito ergo sum! Ich denke, also bin ich? Quatsch. Das soll vermieden werden. Die neue Losung heißt „Inkognitiv ergo dumm!“ Der öffentlich rechtliche Rundfunk hält 17 Millionen Menschen, also ein Viertel der erwachsenen Bevölkerung, für geistig unterentwickelt. Dieser Zielgruppe muss man Politik in einfachen kurzen, langsam gesprochenen Sätzen erklären. Wohlgemerkt erklären. Nicht informieren. Für den ÖRR heißen Nachrichten Nachrichten, damit sich der Zuschauer danach richtet. Dieses Selbstverständnis von Journalismus gestand bereits Tilo Jung bemerkenswert offen auf der „re:publica2024“ ein [3]. Wichtig ist Tilo Jung nicht, was 83 Millionen Menschen interessiert. Wichtig ist, was 83 Millionen Menschen zu interessieren hat. Der Bürger soll abgeholt und an die Hand genommen werden. Einen weiteren Beleg für diese erzieherische Hybris der Leitmedien findet man auf X, ehemals Twitter. Dort wird zurzeit jeder Beitrag des NDR spöttisch mit Gähn-Emojis quittiert. Diese Reaktion von X-Usern hat eine Vorgeschichte. Als eine Zuschauerin sich beim NDR beschwerte, warum man nicht über Vergewaltigungen und Messermänner berichte, antwortete der NDR mit einem gelangweilten Gähnen [4]. Es interessiert den Norddeutschen Rundfunk nicht die Bohne, was der Zuschauer will und was nicht. Die Wünsche des Zuschauers findet der NDR zum Gähnen langweilig. Man wolle das Verhalten des Social-Media-Teams intern aufarbeiten, hieß es dann doch. Und damit der fließende Übergang zur Politik.
Aufarbeitung! Das werden wir intern aufarbeiten. So heißt es verlässlich in den TV-Elefantenrunden an jedem Wahlabend. Also versprachen nach dem für SPD und Grüne enttäuschendem Ergebnis der Europawahlen die Parteispitzen eine interne Aufarbeitung, bei dem aber auch wirklich jeder Stein umgedreht werde. Als politisch interessierter Mensch muss man nicht auf das Ergebnis dieser Aufarbeitung warten. Das Resultat lautet verlässlich: Unsere Politik ist herausragend. Wir müssen sie nur besser kommunizieren! Wie bei den Leitmedien liegt im Subtext der Botschaft eigene Hybris sowie Geringschätzung des Bürgers. Das heißt übersetzt:
Der Bürger ist einfach zu dumm, um die hervorragende Politik der Ampel zu erkennen. Wir geloben Besserung. Wir werden fortan unsere Großartigkeit besser erklären.
Es geht noch schlimmer. Die Summe aller Bürger ist die Gesellschaft. Die Summe an Hybris und Größenwahn trägt einen Namen. Robert Habeck. Der sagte schon zu früheren Zeiten, dass er es als seine Aufgabe ansehe, Politik zu erklären. Doch dieses Mal ist er in seinen eigenen Worten „zu weit gegangen“ [5]. Er sei beim Heizungsgesetz zu weit gegangen. Das alles war doch nur ein Test, wie weit die Gesellschaft schon sei. Eine solche Denkweise erinnert mich an einen Vater, der zum ersten Mal die Stützräder des Fahrrads entfernt, um herauszufinden, ob sein dreijähriges Kind bereits ohne Hilfe zu Recht kommt. Nur ist die Gesellschaft kein dreijähriges Kind. Der erwachsene Bürger möchte erwachsen behandelt werden. Von den Medien, von der Politik, von der Wissenschaft. Auch von der Wissenschaft.
Eckart von Hirschhausen, Harald Lesch, MaiLab, Christian Drosten, Volker Quaschning und Co – das sind nur einige der medial hofierten Popstars der Wissenschaft. Sie alle wurden mit Preisen und Auszeichnungen überschüttet. Wenn man sich die eine oder andere Laudatio durchliest, findet man ein wiederkehrendes Element. Es lautet einfache Sprache. Die Preisträger werden dafür gelobt, dass sie der Bevölkerung komplexe Zusammenhänge in einfachen Worten erklären können. Das halte ich für einen Trugschluss. Bei der blumigen Vermittlung von Wissen handelt es sich in der Regel um infantile Volksverdummung. Konkret? Eine neue Virusvariante lässt sich nicht mit einem matschigen Sandweg sowie den Reifen und der PS-Stärke eines Autos vergleichen. Genau das hat der Papst der Virologie getan [6]. Hirschhausen verglich das menschliche Gehirn mit einem Frühstücksei, das in Zeiten des Klimawandels zu hart gekocht werde. Die „aufklärerischen“ Videos eines Volker Quaschning sind im MTV-Stil geschnitten. MailLab tanzt im Duett mit Caroline Kebekus in „Science ist meins“ Wissenschaft [7]. Hier wird der Bürger nicht aufgeklärt. Er soll sich nur aufgeklärt fühlen. All das ist Volksverdummung auf infantilem Niveau. Zielgruppe 83 Millionen Menschen. Der Grund ist psychologischer Natur. Wenn man erwachsene Menschen wie kleine Kinder behandelt, werden sie konditioniert. Dann verhalten sie sich auch irgendwann wie kleine Kinder. Dann werden sie unkritisch und gehorsam und folgen den Anweisungen von Vati und Mutti.
Apropos Mutti. Warum nannte man Angela Merkel „Mutti der Nation“? Vermutlich wollte man zum Ausdruck bringen, dass sich die Kanzlerin fürsorglich um ihr Volk kümmert. Merkel sorgte sich als Mutti der Nation um ihre Kinder. Nur sind es nicht ihre Kinder. Es handelt sich um erwachsene mündige Bürger. Und die brauchen keine Schutzmaßnahmen. Der Fairness halber sei gesagt, dass Merkel selten von Bürgern sprach. Sie sprach von den Menschen im Lande. Warum tat Merkel das? Wir sind hier nicht bei der Tagesschau. Sapere aude!
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2 Antworten
“Es handelt sich um erwachsene mündige Bürger.” Hmm. Das war auch immer mein Argument bei Corona, Ukraine, Russland, Wirtschaft, Energiesicherheit, Migranteninvasion usw. Also der Einwand, das man doch mal den Souverän fragen sollte was er von dieser Politik hält. Aber nüchtern betrachtet will der Söuverän gar nicht mit diesen fragen belästigt werden. Dem ist alles ausserhalb seines persönlichen Umfelds egal. Er oder Sie hält sich auch in ‘einfacher Sprache’ schon für überfordert. Ziehen wir mal die 17 Millionen, von der ARD für geistig malade Kategorisierten von den 85 Mio. mit Restverstand ab, bleiben 68 Millionen. Das ist so annähernd die Bevölkerungsanzahl die so ziemlich jeden Scheiß glauben. Den Tsunamie der dt. Kernkraftwerke zerstört, das Islamisten aus archaischen Kulturen ein dt. Wirtschaftswunder 2.0 hinlegen, das wir mit Faeser, Haldenwang, Habeck und Konsorten tatsächlich keine Scheindemokratie haben, das die WHO nicht von einem menschenfeindlichen Treiber eines Genozids geführt wird. das die ‘modRNA’ Millionen von Leben gerettet hat, das die Ukraine kein mafiös, faschistischer Korruptionsstaat ist der die Eskalationsspirale so weit gedreht hat bis es krachte, das der Kampf gegen Rechts die letzte Stufe der antifaschistischen Glückseeligkeit bedeutet, das es keine Konkurrenz zw. bürgergeldbeziehenden, mit Mafiageld gepäppelten Ukrainern bei der Tafel und dt. Rentnern mit einer Minirente gibt, das Wahlen überflüssig sind bei einer Staatslenkung die keine Fehler macht, und nicht zuletzt das es die Grünen sind die mit der Gnade Gottes die ganze Welt retten. Es geht also nicht primär darum den 68 Mio. als besonders Bemittelte ein summa cum laude hinterher zu werfen, sondern den 17 Mio. zu signalisieren das sie raus sind aus der Gesellschaft 2.0. Es ist ein Teil der Selektion die seit Merkel medial und politisch betrieben wird. Ich selbst zähle mich zu diesen 17 Mio. Schon deshalb weil ich nicht geimpft bin und nur ein einziges Mal einen PCR Test gemacht habe. Alleine schon dieser Umstand führt dazu, das die Großkopferten in den Anstalten mich in irgend einer Weise makieren müssen. Ein Dialog mit mir ist nicht möglich, da ich narrativtechnisch differenzierend und analysierend argumentiere. Die ARD interpretiert daher mein Haltungsversagen als Analphetismus. Auch der Beweis das ich halbwegst lesen und schreiben kann, sogar in mehreren Sprachen, entlässt mich nicht aus dem Club der 17 Mio.. Eindeutig gehöre ich zu denen denen weder der Wumms, noch der Doppel-Wumms, auch nicht Bazooka oder das Gute-Kita-Gesetz die mehrfältige Erleuchtung und Interpretationshilfe zu Teil werden ließ. Im linken Universum bin ich der Dumme. Aber, und das ist ja das Ziel, die ARD hilft mir mich selbst einzuordnen, in einer Gesellschaft die, je primitiver, einfältiger, kritikloser und schwachsinniger sie sich gebärdet um so glücklicher wird. Wie sagte Nietzsche. Glückselig sind nur die Irren und kleine Kinder.
„Fernsehen ist Volksverdummung“ 1974 Originalton Dr. Nawitzki, uralter Biologielehrer, der in jungen Jahren bei der Gestapo auffällig geworden war. Glücklicherweise ist ihm damals nichts passiert. Wie im auf zwölf Jahre verkürzten tausendjährigen Reich erkannte er die 1974 verbreitetete staatliche Desinformation. In den Medien fand zu der Zeit eine dermaßene Hetze gegen Unternehmer (Ausbeuter u.ä.) statt, dass wir uns auf dem Gymnasium nicht mehr trauten, zu sagen, dass unsere Eltern einen Betrieb mit sechzig Mitarbeitern hatten. Die Berichterstattung über den Vietnamkrieg oder die extrem subventionierte Kernkraft waren weitere unrühmliche Beispiele. Wenn ich mich ganz aktuell über irgendetwas da draußen aufrege, sagt meine Frau immer wieder, das ist doch nichts Neues, das hatten wir doch schon und, wie fast immer, hat sie Recht. In unserem Wahlkreis im beschaulichen Niedersachsen ist die AfD gleichauf mit der CDU und die Wagenknechte haben sich auf Anhieb etabliert, die Jugend ist für eine absolute Mehrheit der AfD gut. Das können wir gut finden oder nicht. Tomasi di Lampedusa ließ den Herzog in seinem Roman „Der Leopard“ sagen: „Alles muss sich ändern, damit es so bleiben kann, wie es ist.“ Da ist wohlmöglich was dran.