by Peter Löcke //
Innehalten, trauern, mitfühlen. Dafür sollte die Zeit sein. Und erst urteilen, wenn wir mehr über den Terror von Solingen wissen.
Der ARD-Journalist Gabor Halasz postete diese Sätze auf der Plattform X als erste Reaktion auf den Messer-Anschlag eines syrischen Asylanten in Solingen. Dort, wo am späten Freitagabend drei Menschen auf dem Marktplatz ums Leben kamen. Am heutigen Montag, drei Tage später, könnte ich viele vernichtende Urteile fällen, um meiner Seele ein Ventil zu geben. Meine Seele schreit nach Verantwortlichen. Mehr noch. Meine Seele schreit nach Schuldigen, die ich zur Rechenschaft ziehen möchte. Nach Schuldigen suchen. Tun das nicht gerade alle? Das tun Politiker, Journalisten und außerdem 83 Millionen Bürger.
In einer solchen Atmosphäre lohnt sich der Blick nach innen. Ich nehme mir die Sätze des Gabor Halasz zu Herzen und halte inne. Was dachte, was fühlte ich in den letzten drei Tagen? Welches Gefühl überlagert alle anderen Gefühle? Ich gehe nach dem Ausschlussprinzip vor.
War es Anteilnahme, also Trauer um die Toten und ihrer Angehörigen? Das würde ich gerne von mir behaupten. Dem ist aber nicht so. Eine Frau und zwei Männer fielen dem Attentäter zum Opfer. Sie waren nur unwesentlich älter als ich. Daran erinnere ich mich. Dennoch bleiben die Opfer namenlos und gesichtslos für mich. Meine Wut scheint stärker zu sein als meine Trauer.
Nur wütend auf wen? Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Ab hier könnte ein Roman stehen. Wut auf Faeser, Wut auf Wüst, Wut auf weitere Prominenz, die sich am Tatort inszenierte. Diese Politiker machen sich ein Bild von der Lage vor Ort. Durfte ich lesen. Das tun sie nicht. Sie machen Bilder von sich selbst vor Ort. Sie sind erschüttert, sind betroffen und ihre Gedanken sind ganz bei den Opfern. Durfte ich lesen. Diese ewig gleichen Textbausteine hinterlassen bei mir nur noch ein Gefühl des Ekels und der Wut. Über allem schwebt der Gestank der Heuchelei. Die Heuchelei fängt bei der größten Oppositionspartei CDU an, die die Migrationskarre mit einer „Wir schaffen das“-Kanzlerin in eine Sackgasse gefahren hat und sich bis heute weigert, dafür Verantwortung zu übernehmen. Die Heuchelei endet beim jetzigen Kanzler, der in der Sackgasse aufs Gaspedal drückt statt umzukehren und dennoch verkündet, nach Solingen nun doch mit der ganzen Härte des Gesetzes vorzugehen.
Lieber Herr Scholz. Es würde der Bevölkerung reichen, wenn Sie geltendes Recht konsequent anwenden. Geltendes Recht fängt beim Grundgesetz an, geht über das Strafgesetzbuch bis zum Asylgesetz. Geltendes Recht gilt übrigens auch für einen Cum-Ex-Kanzler. Es braucht keine Messer- und Männerverbotszonen, kein Messerklingenlängengesetz und schon gar kein neues Mord-ist-doof-Gesetz aus den Ministerien von Buschmann und Faeser.
All das ist billiger Aktionismus. All das ist dermaßen infantil, dass es die Menschen wütend macht. Es macht die Menschen wütend, wenn ein Polizeipräsident Röhrl mit den Achseln zuckt und Alltägliches wie den Besuch eines Stadtfestes oder die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Lebensrisiko erklärt. Es macht die Menschen wütend, wenn eine Saskia Esken in einer Talkshow erklärt, dass man aus Solingen nichts lernen könne. Es macht die Menschen wütend, wenn ein ganzes Land trauert und gleichzeitig Kevin Kühnert und weitere Politiker auf CSD-Vielfalts-Demos, die mittlerweile fast wöchentlich stattfinden, Party machen und tanzen.
All das macht auch mich wütend. Doch Wut ist nicht mein stärkstes Gefühl. Es sind zu viele, auf die ich wütend bin. Mein stärkstes Gefühl ist Wutmüdigkeit. Es macht sich Erschöpfung breit und wenn ich mich umsehe, geht es vielen Menschen wie mir.
Wir schaffen das nicht. Ich schaffe das nicht. Das darf sich ein ganzes Land und jeder einzelne Mensch eingestehen ohne in Verdacht zu geraten, Ausländerfeindlichkeit in sich zu tragen. Es gibt einen Mittelweg aus dumpfem rechten Ausländerhass und linker Realitätsverleugnung. Der Mittelweg nennt sich gesunder Menschenverstand.
Und dabei bin ich lange in mich gegangen. Habe innegehalten, den Blick nach innen gesucht. Ganz im Gegensatz übrigens zum ARD-Journalisten Gabor Halasz, der seiner Aufforderung zum Innehalten in den nächsten 48 Stunden etliche weitere Tweets zum Anschlag in Solingen folgen ließ.
Erst am heutigen Montagmorgen habe ich wieder den Blick nach außen gesucht. Drei Tage nach Solingen. Ich bin in die Lebenswirklichkeit gegangen, nicht in die Medienwirklichkeit. Das ist in meinem Fall die Fußgängerzone einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, in etwa halb so groß wie Solingen. Die Innenstadt war relativ menschenleer bei schönem Sommerwetter. Dabei sind mir zwei Gruppen von Jugendlichen begegnet. Geschätzt 16 Jahre alt.
Zum einen traf ich auf eine Gruppe von mehrheitlich deutschen Schülern. Sie saßen vor einem Café und genossen neben Croissants und Getränken das schöne Wetter. Das mit den neuen Stundenplänen zu Schulbeginn liefe noch etwas chaotisch. Daher habe das Jahr mit einer Projektwoche Vielfalt begonnen, durfte ich erfahren. 200 Meter weiter saßen ebenfalls Jugendliche. Die Gruppe sah nicht ganz so vielfältig aus, bestand ausschließlich aus jungen Männern mit arabischem Migrationshintergrund. Sie saßen vor dem Brunnen des Marktplatzes, waren laut und aggressiv. Auf eine empathische Kommunikationsannäherung habe ich bei der zweiten Gruppe verzichtet.
Nun sitze ich zu Hause und frage mich, ob diese beiden Welten wohl zusammenpassen. Sitzen die beiden Gruppen von Jugendlichen gerade zusammen und diskutieren über Vielfalt? Ich bezweifle das. Jenseits von Gut und Böse. Jenseits von Solingen.
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21 Responses
Einfach DANKE.
Es rumort in meinem Kopf, im Magen grummelt es.
Ich denke, da dieses Chaos bald überwunden sein wird.
Nichts ist so stark wie die Idee, deren Zeit gekommenist.
Dear Mr. Löcke,
mal wieder punktgenau getroffen…der Phänotyp ist mir gleichgültig – aber Migrationshintergrund importiert nolensvolens auch die Konflikte und Lösungs(in)kompetenzen dieser Menschen zu uns – und eben gerade den Nahostkonflikt auch auf unsere Straßen…was unsere politisch aktuelle Hautvolée notorisch und geflissentlich ignoriert und unter “rechts” diffamierend unterordnet…
In einer Gesellschaft, in der der politische Diskurs diverser Themen zunehmend unter Generalverdacht gestellt wird, können keine zielführenden Lösungen geboren werden. Diese Erkenntnis sollte in einer Demokratie selbstverständlich sein. Wollen wir unsere jahrzehnte lang gut funktionierende Demokratie retten, müssen wir allen Politiker(innen) und Journalist(inn)en, die den politischen Diskurs vergiften, indem sie kritische Stimmen unter Generalverdacht stellen, die Basis entziehen. Leider geht das im Falle des ÖRR nicht mehr durch Zahlungsverweigerung. Daran, das dies auch bei Wahlen nicht mehr möglich ist, arbeitet unsere Regierung Hand in Hand mit Organisationen wie Correctiv.
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Dass zunehmend mehr Menschen merken, dass es so nicht weitergehen kann, macht jedoch Mut. Lasst uns einfach das Werk von Markus Langemann fortsetzen und eindimensionalen Diskussionen auf Basis von einseitigen Informationen eine Absage erteilen. Es geht nicht darum, sich für oder wider Migration auszusprechen. Es geht darum, für hilfsbedürftige Wirtschaftsflüchtlinge sowie politisch Verfolgte zielführende, finanzier- und umsetzbare Lösungen zu erarbeiten, die unsere Gesellschaft nicht überfordern oder gar im Idealfall für alle Beteiligten (Länder) Vorteile generieren. Meinen Vorschlag jenseits der aktuellen Abschiebe- und Abschottungsdiskussion habe ich bereits vor Jahren auf Twitter/X veröffentlicht: https://x.com/RoHeAss/status/1025679807990902784
Im Fall der privaten Printmedien geht das schon. Und wird durch Kündigung aus Protest reichlich wahr genommen, wie deren abstürzende Auflagen, die durch Digital- Abos noch geschönt sind, zeigen. Ich habe jetzt endlich alle meine Print-Abos gekündigt, allein das Hamburger Abendblatt, diese Regierungs-Postille kostet 680 Euro im Jahr, und werde das Geld den alternativen Medien zukommen lassen.
Wir lassen viele muslimischen Glaubens zu uns kommen, einige wenige davon gewaltbereit und machen gleichzeitig als Staat mit beim unsäglichen Gazakrieg. Jetzt wundern wir uns das der Krieg zu uns kommt, wie unglaublich weltfremd. Wie so oft soll die reine Behandlung von Symptomen die Lösung sein, viel Glück damit! Sieht denn niemand, das die Migrationskrise und der islamistische Terrorismus nicht anderes sind als Teil des Nahostkonfiktes, in dem sich der Westen seit Jahrzehnten einer politischen Lösung verweigert?
Ich gebe Ihnen vollkommen recht. Das Thema geht sogar über den Nahostkonflikt hinaus. Auf die Gefahr hin mich unbeliebt zu machen, möchte ich auf zwei Tatbestände hinweisen: Erstens, der Grund für die Polarisierung zwischen dem Westen und islamischen Ländern liegt in dem seit zwanzig Jahren von den USA geführten „Krieg gegen den Terror“. In dessen Folge wurden die Länder Irak, Afghanistan, Libyien, Jemen und Syrien mit Terror und Krieg überzogen, staatliche Strukturen wurden zerstört, Millionen Menschen entwurzelt und zur Flucht getrieben, Hunderttausende getötet. Wundert es jemanden, dass es Moslems aus diesen Ländern gibt, die meinen sich in einem „heiligen Krieg“ gegen den Westen zu befinden? Zweitens, die offenen Grenzen, sind eine direkte Folge dieser Fluchtbewegungen, die bei Schließung der EU-Binnengrenzen ab 2015 spätestens, zu den unschönen Bildern geführt hätten, die Merkel und andere westliche Politiker absolut nicht wollten. Sie hätten nämlich auf die Ursachen der Flucht aufmerksam gemacht. Alles andere ergibt sich aus diesen beiden Punkten. – Ich meine, man muss sich mal ehrlich machen, und diese Punkte nicht immer ignorieren.
Keine weitere Ergänzungen, wie immer auf den Punkt.
Thank you
Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, wie hoffentlich unzählige andere Menschen auch, dass dieser Kommentar genau meiner Seelenstimmung und Wahrnehmung entspricht. Ich danke dem Autor und natürlich auch dem CdkW und Herrn Langemann, dass Sie das Entsetzliche und Unerträgliche, die Realität ohne Regenbogen ausformulieren und so dem GESUNDEN MENSCHENVERSTAND, den man nicht nur bisweilen verloren gegangen wähnt, Ausdruck verleihen.
Auf dem Heimweg nach einem langen Arbeitstag hatte ich heute an einer Ampel ausreichend Gelegenheit, eine Gruppe tatellos frisierter und hergerichteter, offensichtlich ausgeruhter junger Männer mit nicht-eurpäischem Phenotyp zuzusehen: Nicht eine Minute denken diese jungen, gesunden Männer daran, an eine Werkbank zu treten oder einen Mangel an billigen Lohnsklaven zu beheben. Was sind wir ver….. worden.
Warum wurde eigentlich der Tatverdächtige, so wie auf den Bildern gesehen, regelrecht aus dem Polizeihubschrauber geschleift? Hatte er sich nicht selbst gestellt? Wollte er vielleicht nach der Landung beim GBA fliehen? Ich finde, es sieht nach Aktionismus aus. Will man jetzt die Härte der Staatsmacht demonstrieren, nach dem Motto: Seht her, wie wir durchgreifen? Dieses Szenario wünsche ich mir bei der Abschiebung von renitenten Auszuweisenden. Dort wäre es eher angebracht. “Mutmaßlich” natürlich…
PS: Und Stadtfeste mit großen Menschenmengen meiden wir schon lange. Man muss schon ziemlich Meister im Verdängen sein, um zuerst Panzersperren zu überwinden und dann völlig entspannt den Wein im “Inner Circle” zu genießen. Und wenn kein LKW mehr reinkommt, dann eben der Mann mit dem Messer…
“Nichts ist sicher, außer der Tod”. (B.Müller)
ja da schau ich auch…auch das er so dämlich war und seine Jacke mit Ausweis wegwirft.
Aber alle klopfen sich zufrieden auf die Schenkel… schneller Ermittlungserfolg heißt das. Dumm nur das der IS die Tat haben will…da zieht nun schwere traumatische Kindheit nicht mehr.
Mal schauen was man sich einfallen lässt – oder auch nicht. Mannheim ist schließlich auch schon vergessen.
beste Grüße aus Sachsen
Die Bilder, wie viele bis an die Zähne bewaffnete SEK Polizisten den Täter aus dem Hubschrauber schleifen, sprechen für sich. Hier demonstriert die Staatsmacht ihre Macht, nachdem sie 24 Stunden ihre Ohnmacht zeigen musste. Der Täter hatte sich in der Nähe des Tatorts versteckt und wurde nicht gefunden…
Dear Mr. Löcke,
Seien Sie froh, dass Sie die “jungen Männer mit arabischem Migrationshintergrund” nicht gefragt haben, ob es auch ein bisschen leiser ginge. Sie hätten sich in dem Moment bereits des Rassismus’ schuldig gemacht. Weil manche Ethnien eben lauter sind. Gehört zu ihrem Naturell. Punkt. Somit ist Ihnen ein möglicher Angriff, ob mit oder ohne Messer, erspart geblieben. Das mag für manche übertrieben klingen, ist aber in den meisten Bahnhöfen des Ruhrgebiets Alltag. Also immer schön einen großen Bogen machen. Und weiterhin viel Spaß im Leben.
Es sind si viele, die darauf warten, dass etwas geschieht, was die Bande in den Knast oder sonstwohin bringt, nur weg mit denen. Aber es findet sich kein Anführer, der sagt, was die Masse tun soll.
Meine eigene Idee wäre, wir finden uns ganz spontan in Berlin ein und umkreisen spazierengehend den Bundestag. Ohne Plakate, ohne Reden, ohne Geschrei, eine Menge Menschen, die einfach DA sind.
Wer müde ist geht und kommt wieder, wenn er kann. Aber immer sind Menschen da, die der Regierung auf die Nerven gehen.
Wenn alle, die wollen und können, auch kommen, wenn Hunderttausende oder gar eine Million Menschen den Bundestag umkreisen … wie lange würde es dauern, bis die Bande schreiend reissaus nimmt?
Na ja, ich träume halt … oder können wir doch …???
Alle schreien , kaum einer wagt sich öffentlich seine Meinung zu sagen, weil er gleich in die rechte Ecke gestellt wird.
Und die ungelernten Politiker sind mit Lippenbekenntnissen schnell bei der Hand, in der Hoffnung ihren Posten noch solange zu behalten, bis die Zeit um ist. Dann verlassen Sie das sinkende Schiff
…und sammeln das „Strandgut“, das da noch rumschwimmt, weil es ihnen zusteht (?) und weil sie den Hals nicht voll genug kriegen; keine Angst, wenn der Schampus zu Hause geht zur Neige, keine Angst, der neue SUV ist bestellt, zahlt das Strandgut, keine Angst: ist alles gesetzlich geregelt!!! Wir sind ja nur gescheitert,
weil die Anderen…
Habet Mut zur Peinlichkeit!
Habet Mut zur Ignoranz!
Habet Mut zu den Versprechen, die nichts
Versprechen, sondern sich nur „ver“-sprechen!
Habet Mut zur Poli-Tick!
Ich habe Mut, mich zu schämen!!
Mit diesem Beitrag ist alles gesagt. Leider werden die gewünschten Folgen nicht eintreten, weil dieses Volk noch mehr ertragen will.
es geschieht nichts weil’s so gewollt ist und die Masse der Deutschen es so hinnehmen
Mo., 26.08.2024
There is nothing to add to this.
Lucy
Es ist doch ganz einfach: Bundesregierung und Landesregierungen müssen die geltenden Gesetze einhalten. Dann gäbe es keine illegale Einwanderungen und Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis gäbe es auch nicht. Wie viele Morde, Vergewaltigungen etc. hätten damit schon vermieden werden können! Warum geschieht nichts?
tja warum?
Weil es die Nomenklatur noch nicht selbst betrifft?
Weil das beste Deutschland was wir je hatten nicht nur beim Montagsspaziergang seine Unschuld verloren hat und nicht mehr sich selbst gehört?
Oder weil alle hier und woanders schreiben und Dampf ablassen können, dürfen – da gehen sie nicht demonstrieren?