by Markus Langemann //
Der nahe Bach, gerade noch in Hörweite, grüßt jetzt mit feinem Plätschern von links. Es klingt wie ein entfernt beständiger Applaus für diesen perfekten Sommer im Moment.
Übermütige Fische schnappen ab und an nach summenden Insekten. Mit Tiefflugübungen über dem Weiherwasser wagen sie lebensbedrohliche Manöver. Ich kenne diese schon aus Top Gun.
Mein wackeliger Steg überragt diese Szenerie, über mir kreisen zwei Kumpels oder gar ein Liebespaar, elegant getragen vom lauen Sommerwind. Auf jeden Fall Bussarde.
Wie weit ins Land mögen sie wohl sehen? Gerne wäre ich einer von ihnen.
Drohnen gleich, leise summend, stehen hier unten die metallicblauen Libellen im nahen Ufergras. Nur zwei bis acht Wochen hält ihr Akku, das war es dann auf diesem Planeten.
Von weit her weht der Motor des rackernden Traktors über die leichten Hügel. Friedlich mäht ein Bauer, so wünsche ich es ihm und mir, das satte Sommergrün.
Die ersten Ferientage der großen Sommerferien nehmen so ihren Lauf, wie die zwei bayerischen Burschen mit kurzen Hosen auf ihrer Zweirad-Schussfahrt auf dem hitzeflimmernden Asphalt. Sie rasen in den kühlen Waldgrund. Ihr Jauchzen, mit leichtem Herzen, weht der Wind über den Weiher zu mir herüber, noch sehe ich sie drüben im Wald verschwinden.
Es liegt etwas von Kurt Tucholskys „Schloss Gripsholm“ über dieser Szenerie, und auch Erich Kästner steht Pate unter der Linde am Weiher. Versuchen Sie erst gar nicht, mich zu fragen, wo dieser magische Winkel im Oberbayerischen zu finden wäre. Wo wir eins werden, meine Gedanken, das am Weiher geparkte britische Gefährt, die Ruhe und meine leichte Sommerlaune.
Diese Momentaufnahme im Sommer 2024 könnte man auch mit „Interregnum“ überschreiben. Zwischenraum.
Die erste Hälfte des Jahres mit ihren kaum zählbaren Unglaublichkeiten geht. Japan landet auf dem Mond, Bauern protestierten in Berlin, Nawalny stirbt in Haft, die Glaubwürdigkeit der Mainstreampresse in Potsdam und Donald Trump beinahe im US-Wahlkampf. Globale IT-Ausfälle ließen auch am Times Square die Lichter ausgehen, während alle Spanier nach der EM nur noch freudig strahlen. Halbzeit 2024. Übergangszeit. Zwischenraum.
So könnten Sie sicher noch mehr Politisches in dieses Kabinett der Kuriositäten stellen. Ich hörte zum Beispiel, der Bayerische Ministerpräsident verkauft jetzt aus Gründen der Selbstvermarktung T-Shirts mit dem Aufdruck „Söder Kebab“ und geht mit „Fans“ Döner essen. Die Dödel aus dem Print-Mainstream jubilieren: „Follower-Zahl geht weiter steil nach oben.“
So what?!
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ Dieser Satz wird Albert Einstein zugeschrieben.
Quittieren kann er ihn nicht mehr. Dass der Satz aber grundsätzlich wahr ist, erlaube ich mir hier zu bestätigen. Söder & die Seinen haben ihn in diesen Tagen gepachtet.
Wer hat den nächsten Auftritt auf dem politischen Jahrmarkt der Dummheiten und Eitelkeiten?
Hier am Weiher habe ich Kolja Zydatiss und Mark Feldon näher kennengelernt. Sie schreiben, wir leben hier und jetzt zwischen zwei politischen Ordnungen und konstatieren: „Das liberale Zeitalter ist offenbar am Ende.“
Lesen Sie den vortrefflichen Auszug aus ihrem brandaktuellen Buch „Interregnum“ hier im CdkW. Das ganze Buch vielleicht in der zweiten Hälfte 2024. Es lohnt sich. Was Sie über Zydatiss und Felton denken, interessiert mich.
Vielleicht fahre ich am Abend noch in diese Münchner Bar, ich habe sie erst vor Kurzem mitten im Epizentrum der Wokeness, am Münchner Gärtnerplatz, entdeckt. Der Bartender dort beherrscht den Umgang mit Berauschendem im Mix. Alle „Nighthawks“ schätzen ja dieses Liquid-Handwerk am Tresen. Ein gut gemixter Drink – ob klassisch oder progressiv – ist ein Labsal für die Psyche.
Erst recht in diesen Tagen. Benjamin hantiert fast molekular mit den Ingredienzien. Wo geht schon ein Zaubertrank mit Laphroaig und einem “dash” Ingwer? Bei ihm. Vor ein paar Wochen kamen wir am Tresen ins Gespräch. Benjamin, ein Homo Politicus aus dem Osten dieses Landes, tenderte vor einem Jahrzehnt von der Uni direkt hinter den Tresen. Hier hört er viel und ist am Puls der Zeit. „Warum schreibst du es nicht auf? Am besten im Online-Magazin CdkW.“
Meine Frage traf seinen blank liegenden politischen Nerv, hier sein Blick auf die Welt: „Last Order“ by B. Stehle, ab sofort im Club der klaren Worte. Machen Sie ihm Mut zu schreiben, was er nachts hört und sieht.
Es sind eben nicht nur die „Wee Small Hours“ nach durchstandener Nacht, die einst Frank Sinatra als die “loneliest early morning mood in the world” besang. Es sind oft auch die Stunden der nackten Wahrheit.