Lots of new things in the east.

by Peter Löcke //

Nur noch drei Wochen. Dann ist es soweit. Am 1. September wird in Sachsen und Thüringen gewählt. Wahltage sind Festtage der Demokratie. Hier gibt der Souverän die Richtung vor und entscheidet über den Souverän der kommenden Jahre.  Wer gewinnt, wer verliert? Gibt es ein „Weiter so“ oder einen politischen Richtungswechsel? Darüber entscheidet allein der Bürger. So habe ich es einst in der Schule gelernt. Genug der Scherze. 

Lassen Sie uns über die anstehenden Wahlen im Osten diskutieren. Sie können es gerne Wahlprognose nennen. Ich nenne es eine vorweggenommene Analyse. Wer gewinnt? Niemand. Wer verliert? Die sogenannte Demokratie.

Die Wahlen in Thüringen stehen etwas mehr im medialen Focus. Beginnen wir also dort. Die Protagonisten respektive Spitzenkandidaten heißen Björn Höcke (AfD), Mario Voigt (CDU), Bodo Ramelow (Linke) sowie die mir unbekannte Katja Wolf vom BSW. Die Nebendarsteller der Berliner Ampel sollen nicht weiter berücksichtigt werden. SPD, Grüne und FDP kommen in der Summe auf etwas mehr als 10 Prozent  [1]. Bemerkenswert finde ich, dass die Grünen mit prognostizierten 3 Prozent in Schaubildern weiterhin einen eigenen Balken erhalten und nicht wie die FDP unter Sonstige fallen. Ich schweife ab. Zurück zu den Hauptakteuren, zum kommenden Gewinner, zur AfD. Eigentlich sollte die Partei gar nicht gewinnen. Sie sollte rechtzeitig verboten werden. Nun ist das vermutlich zu spät. Das haben zwei Politiker zu verantworten.

Der derzeitige Thüringische Innenminister Maier von der SPD und vor allem sein ihm unterstellter Verfassungschef Kramer, ebenfalls SPD, haben es leider versaut. Besagter VS-Chef Kramer ist übrigens Nichtjurist, verfügt allerdings über einen Bachelor in Sozialpädagogik. Vor allem verfügt er über eine große Portion Meinungsflexibilität. Stephan J. Kramer konvertierte von der CDU über die FDP zur SPD so wie er als Erwachsener zum Judentum konvertierte. Diese wunderbar wandelbare Konversionsstörung machte ihn zum obersten Hüter des Grundgesetzes [2]. Ich schweife erneut ab. Gewinnen wird also die AfD? Ja und nein.

Die AfD und ihr Spitzenkandidat Höcke werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgehen. Das schon. Sie wird also die relative Mehrheit der Stimmen erreichen. Es ist jedoch nur ein ungeschriebenes Gesetz, dass dieser Umstand zu Regierungsverantwortung führt. Bereits in der alten Bundesrepublik ist es mehrfach passiert, dass nicht die stärkste Partei an die Regierung kommt [3]. Wozu wird es dann in Thüringen kommen? Es kommt zu einer Brandmauer-Koalition der Verlierer oder zu einer tolerierten Minderheitsregierung. Denken wir einen Schritt weiter, wozu das führen wird.

Vor allem in Thüringen wird die Wut auf die sogenannten Altparteien weiter wachsen, weil der Wählerwille ignoriert wurde. Das wiederum wird die AfD mittelfristig eher stärken als schwächen. Und in den Medien wird man das Ignorieren des Wählerwillens als Triumph der wehrhaften Demokratie verkaufen. Headline? 

Die Machtergreifung der AfD wurde verhindert. 

Merke: Gute Parteien wollen Wahlen gewinnen und Verantwortung übernehmen, böse Parteien planen die Machtergreifung. Wer gewinnt also in Thüringen unterm Strich? Niemand. Wer verliert? Die sogenannte Demokratie oder das, von ihr übriggeblieben ist. Vielleicht sieht es ja in Sachsen anders aus.

In Sachsen droht momentan keine „Machtergreifung“. Michael Kretschmer und seine CDU führen die Umfragen mit Sicherheitsabstand gegenüber dem recht unbekannten AfD-Spitzenkandidaten Jörg Urban an [4]. Und doch kommt die AfD auch hier auf 30 Prozent und ist damit fünf Mal so beliebt wie SPD und Grüne. Das dritte Licht der Ampel, die FDP, ist wie auch in Thüringen, nur mehr im dunklen Bodensatz der Sonstigen zu suchen. Zu welcher Regierungskoalition wird es also kommen, wenn man davon ausgeht, dass die Brandmauer gegenüber der AfD weiter besteht? Die CDU wird mit einer oder mit mehreren linken Parteien koalieren. Entspricht das dem Wählerwillen? Selbstverständlich nicht. Zwei Drittel der Wähler aus Sachsen wünschen sich eine konservative Politik. Selbst die BSW-Wähler haben genug von Rot-Grün. Auch in Sachsen kommen SPD und Grüne nur mehr auf 12 Prozent. Sie haben genug von Leitmedien, die diese 12 Prozent Wählerwillen als gesellschaftlichen Konsens verkaufen. Wer gewinnt? Die Mauer in den Köpfen. Wer verliert? Der Souverän, der Bürger.

Aber wer bin ich schon? Nur ein Wessie, dessen Stimme im wahrsten Sinne des Wortes bei den anstehenden Wahlen in Thüringen und Sachsen nicht zählt. Höre ich auf vox populi, höre ich an einem Tresen im weit entfernten Nordrhein-Westfalen zu, darf ich erfahren, dass der Ostdeutsche auch 35 Jahre nach Maueröffnung immer noch nicht kapiert hat, was Demokratie ist. Da widerspreche ich in der Regel mit folgenden Worten.

„Doch. Das hat er. Er kann sich nur daran erinnern, wie sich Diktatur anfühlt. Ganz im Gegensatz zu dir. Eigentlich bräuchten wir einen Westbeauftragten.“

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6 Responses

  1. Was in Deutschland derzeit geschieht ist unerträglich. Es sind die Lügen, die täglich gelogen werden im Fernsehen und der Tageszeitung.
    Da werden Personen hochgejubelt die nichts, aber auch gar nicht verstanden haben. Es ist die Veramerikanisierung die , die deutschen ins verderben treibt. Kriegstreiberei ohne Ende. Was ist mit unserer Gesellschaft geschehen? Da wird ein kleinstadtbürgermeister hochgejubelt der von Kriegsertüchtigung bis zur Waffenlieferung in ein korruptes Land verteidigt. Putin wird mit Hitler verglichen, als Agrresor beschimpft.
    Was macht die Nato? was betreiben unsere Bestzer aus der USA? Was machen die deutschen Handlanger der USA und wo haben sie überall mit Kriege geführt?
    Nein, man muss kein Putin Versteher sein um die Wahrheit zu finden. In den letzten 40 Jahren hat Russland keine Kriege geführt. Wobei wir deutschen unsere Beatzer Weltweit begleitete. Ich denke es reicht!

  2. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht, soll doch die AfD in Regierungsverantwortung zeigen, was sie drauf hat, dass sie weniger korrupt ist und das Grundgesetz achtet. Wir werden sehen, ob sie nur große Reden schwingen können oder doch tatsächlich etwas bewegen werden. Gleiches gilt für die Wagenknechte. Sollte sich durch sie etwas zum Positiven wenden, werden auch die total verknöcherten übrigen Parteien ihre Frontleute austauschen und eine Metamorphose durchlaufen müssen, wollen sie nicht über kurz oder lang in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. SPD und FDP sind auf dem besten Weg dahin. Die Jugend wählt die selbst ernannte Mitte nicht mehr – u.a., weil sich deren Politik zuletzt immer mehr gegen die jungen Leute gewandt hat.

  3. hallo,
    diese abhandlung war einfach spitze, insbesondere das finale, dass die ossis schon wissen was demokratie ist aber auch noch wissen, was diktatur ist.
    Sincerely

    dieter reichel

  4. Könnte es sein, daß die Diktatur im Osten, weit demokratischer war, als die “Demokratie” im Westen?
    Wenn ich im Osten mit etwas unzufrieden war, würde eine “Eingabe” geschrieben und diese wurde, egal an welche Stelle man sie schrieb IMMER beantwortet, ganz demokratisch. Auch kann ich sagen, haben diese Eingaben Änderungen ermöglicht, ganz demokratisch.
    Hier und heute weiß ich, landen Briefe an Politiker eher im Rundordner, eventuell noch beim Verfassungsschutz, aber Antworten….

  5. die Diktatur ist in den östlichen Bundesländern noch nicht so lange vorbei, wie im Westen! Dies wir ein Grund sein, weshalb der Osten anders tickt und wählt. Hoffen wir auf eine Wende! Und ganz besonders an eine faire Wahl ohne Manipulation und Wahlbetrug!

  6. Die sensible “Wachsamheit” unserer ost-deutsch geprägten Landsleute ist mir während der Corona-Zeit bereits positiv aufgefallen. Diese Menschen erkennen oft schnell, wo der Bürger unberechtigterweise seiner Freiheit oder seines Gestaltungsspielraumes beraubt wird.

    Der “Wessi” wirkt aus meinem Blickwinkel (leider) zu häufig abgestumpft, selbstsicher und durch die “Leitmedien” zu stark vorgeformt. Der brave deutsche Michel – könnte man sagen.

    Vermutlich würde es die Resilienz der Bevölkerung – gegen Übergriffigkeit und Manipulation – stärken, wenn wir voneinander lernen … aber ohne Brandmauer im Kopf.

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„Kontroversen sind kein lästiges Übel, sondern notwendige Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie.” Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck a.D., vor nur 5 Jahren in seiner Rede zum Tag des Grundgesetzes.

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