Mögen sie in Frieden ruhen

by Peter Löcke //

Erinnern Sie sich an den Herbst 2020? Vier Jahre ist das nun her. Mit fallenden Temperaturen stiegen die herbei getesteten Inzidenzzahlen. Merkels angekündigter Novemberlockdown erschien alternativlos. Mediale Kritik an diesem Vorhaben gab es höchstens dahingehend, dass getroffene Zwangsmaßnahmen zu lasch seien und zu spät erfolgen. Man müsse schließlich vor die Welle kommen. Hardliner hatten Hochkonjunktur und erzielten höchste Beliebtheitswerte. Politischen Widerstand gab es leider fast ausschließlich von der AfD. Ich schreibe deswegen „leider“, weil dadurch jedwede Kritik mit dem Etikett „rechtsextrem“ versehen werden konnte. Diese Methode funktioniert bis heute. Stichwort Kontaktschuld.

Es ist nicht wichtig, was gesagt wird. Wichtig ist, wer es sagt. 

Der Pragmatiker in mir kam spätestens im Herbst 2020 zu dieser traurigen Erkenntnis. Also habe ich gezielt nach Maßnahmenkritikern Ausschau gehalten, die auch mit größter Phantasie in keine der beiden Diffamierungsschubladen Nazi oder Verschwörungstheoretiker passten. Zusätzlich müssten es Menschen sein mit Macht und medialer Reichweite. Zu meiner Verwunderung stellte ich fest: Das sind erstaunlich wenige Personen. Dennoch wurde ich fündig.

Thomas Oppermann [1]. Der kommt von der Regierungspartei SPD. Der ist unverdächtig und integer. Als Vizepräsident des Deutschen Bundestages leitete er die Debatten. Ein bekanntes Gesicht also. Auf einen Oppermann hört man. Der schafft es auch in Reichweiten starke Medien. Ob im Spiegel [2] oder in der SPD-Partei-Zeitschrift Vorwärts [3] – mit wachsender Schärfe kritisierte Thomas Oppermann die Politik auch der eigenen Regierungspartei. Politische Entscheidungen von enormer Tragweite müssten endlich wieder im Parlament und nicht in irgendwelchen Hinterzimmern getroffen werden. Das war seine mutige Kernbotschaft. Vielleicht konnte sich Oppermann diesen Mut leisten, weil er am Ende seiner politischen Laufbahn stand. Nach der Bundestagswahl 2021 wollte er seinen wohlverdienten Ruhestand genießen und sich anderen Dingen widmen [4]. Es war übrigens nicht nur die Corona-Politik. Oppermann war auch mit anderen Strömungen in seiner SPD nicht mehr einverstanden. So setzte er sich unter anderem für eine „fortschrittliche kontrollierte Migrationspolitik“ ein. Eigentlich war sein Lebenstraum Innenminister. Nun gut. Die Wahl fiel ein Jahr später auf den Oppermann-Gegenentwurf, auf die Parteilinke Nancy Faeser. Ich weiß nicht, was Oppermann wirklich dachte und fühlte. Ich weiß nur, dass er seine Rente nicht wie geplant ab 2021 genießen konnte. Thomas Oppermann starb am 25. Oktober 2020 im Alter von 66 Jahren, nachdem er vor einem Live-Interview für die ZDF-Sendung „Berlin direkt“ zusammengebrochen war. Plötzlich und unerwartet. Todesursache unklar. Er möge in Frieden ruhen.

Macht und mediale Reichweite? Beides besaß auch Mario Ohoven [5] als Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW). Bazooka hin oder her – es war der Mittelstand, es waren vor allem die kleinen Betriebe, für die die Lockdowns existenzbedrohend waren. Mal ein paar Monate nichts verkaufen und dann wieder den Laden öffnen? Diese Welt mag im Kopf des jetzigen Wirtschaftsministers existieren, nicht aber in der Wirklichkeit. Also kündigte Ohoven am 22. Oktober 2020 im Falle eines weiteren Lockdowns rechtliche Schritte an. Am 29. Oktober 2020 kritisierte Ohoven vehement die deutsche Regierungserklärung, die den zweiten Lockdown zu begründen versuchte. Ohoven kündigte an, eine Überprüfung der Maßnahmen einzuleiten und gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anzurufen. Ein weiterer Lockdown wäre der „Todesstoß für die Wirtschaft“ [6]. Mario Ohoven verstarb am 31. Oktober 2020. Er fuhr an einem Samstagmittag mit seinem Bentley in die Leitplanken und verstarb an Ort und Stelle [7]. Todesursache Unfall ohne Fremdeinwirkung. Mario Ohoven möge in Frieden ruhen.

Ich gestehe, dass ich Ende Oktober 2020 ob dieser Todesfälle geschockt war. Ich war deswegen so geschockt, weil ich die Aussagen von Oppermann und Ohoven in den drei Wochen vor ihrem Tod mit brennendem Interesse verfolgt hatte. Als sich mein Schock gelegt hatte, suchte ich weiter nach den wenigen Personen mit Macht, die man nicht diskreditieren und mundtot machen konnte. Und ich wurde fündig. Franz J. Klein war so jemand.

Neben dem BVMW ist die Dehoga [8], ist der deutsche Bundesverband der Hotel- und Gaststättenbetriebe der mächtigste Lobbyverband Deutschlands, der sich für die Interessen dieses Gewerbes einsetzt. Hamburgs Dehoga-Chef Franz J. Klein setzte sich in der Tat mehrfach medial [9] und mit Herzblut gegen Lockdowns ein. Besagter Novemberlockdown trat am 2. November in Kraft und wurde im Dezember erwartungsgemäß verschärft. Sehr zur Freude des Teams Vorsicht, wenig zur Freude der Hoteliers und Gaststättenbetreiber, die Insolvenz anmelden mussten. Zurück zu Franz J. Klein. Er setzte sich nicht nur medial ein. Wie Ohoven wollte er juristisch gegen Lockdowns, Sperrstunden, gegen die Rechtmäßigkeit der vielen politischen Zwangsverordnungen vorgehen. Dazu kam es nicht. Am 23.11.2020 verkündete die Dehoga in einer Pressemitteilung, dass ihr Chef Franz J. Klein zwei Tage zuvor, am Sonnabend des 21.11.2020, plötzlich und unerwartet verstorben sei. Sämtliche deutsche Gazetten übernahmen diese Mitteilung in nüchterner Form [10]. Über die Todesursache wusste und weiß man wenig bis nichts. Fest steht, dass Franz J. Klein erst zwei Wochen zuvor auf einer Mitgliederversammlung in seinem Amt bestätigt wurde. Er möge in Frieden ruhen.

Verschwörungstheorien! Du glaubst an Verschwörungstheorien! Im privaten Umfeld bin ich auf diese wütende Reaktion gestoßen, als ich vor vier Jahren nüchtern Fakten zu den Toden von Thomas Oppermann, Mario Ohoven und Franz J. Klein zusammengetragen habe. Dagegen wehre ich mich. Ich möchte daran glauben, dass diese drei Menschen eines natürlichen Todes gestorben sind. Das würde meine Welt ein Stück weit heiler machen.

Zudem bin ich eigentlich kein Freund von Nachrufen. Ich bin kein Freund davon, ein herzergreifendes RIP in den sozialen Foren dieser Welt zu hinterlassen. Das wird mir mittlerweile zu inflationär gemacht und dient meiner Beobachtung nach oftmals einem eigenen politischen Interesse. Hashtag saytheirnames? Nicht mit mir. Es sei denn, es macht sonst niemand.

Mir ist aufgefallen, dass kaum ein deutscher Politiker am Todestag Thomas Oppermanns seiner gedacht hat. Das finde ich seltsam. Er möge, wie auch Mario Ohoven und Franz J. Klein, in Frieden ruhen.

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7 Responses

  1. Ich habe den einen Punkt noch nicht richtig herausgearbeitet: Die Menschen wissen, wie das Übel in die Welt kommt und was es da tut. Sie wissen, dass es eher die Gewissenlosen und Paranoiden sind, die an die Macht kommen. Sie schützen ihre Seele und ihr Leben indem sie so tun, als wüssten sie das nicht. Die kognitive Dissonanz überbrücken sie durch Geschäftigkeit, Wegsehen und den zentralen Satz: Wer sich nicht (an prominenter Stelle) einmischt, dem passiert auch nichts! Das Credo der braven Bürger, auf das sich die Mächtigen in jedem System verlassen können. Spiegelbildlich formuliert: Wer sich an prominenter Stelle einmischt, lebt gefährlich!

  2. Ja,ja es passieren schon eigenartige Dinge. Nur interessiert es leider keinen. Trotzdem Lob an den Autor. Noch so ein Ding, da wird einer Industrienation (noch !) eine 10 Mrd. Euro Investition weggesprengt und keiner will etwas darüber wissen, nicht mal die Eigentümer. Der Skandal ist aber, es fragt auch keiner mehr. Tödliche Stille überall. Das sind alles keine guten Zeichen.

  3. Das sind ja nur drei Fälle von Vielen. Zwei der bedeutendsten sind der Tod von Olaf Palme und der von Kai- Uwe Barschel. Alles nie aufgeklärt. Auf der anderen Seite gibt es die Welt der Geheimdienste mit Tausenden von Mitarbeitern. Die machen was? Ah, die wollen nur spielen. Oder, Böses tut nur der gegnerische Geheimdienst. Unsere Sauereien sind quasi vom parlamentarischen Kontrollgremium autorisiert. (Lacher an dieser Stelle, in der Satiresendung) Und die vielen Agentenfilme haben mit der Realität nichts, aber auch garnichts, zu tun. Was bedeutet Staatsschutz und wie weit geht der? Fragen über Fragen. Nur, die Leute wollen es garnicht wissen. Instinktiv ahnen sie, dass die Welt im Großen wie im Kleinen ein einziger Misthaufen ist. Und wer dumme Fragen stellt, … , kann tödlich enden. Also besser nicht aufmucken! Um die kognitivive Disonanz zwischen den vielen „Vorfällen“ und den genauso zahlreichen „Erzählungen“ zu überbrücken, gibt es ja die „Verschwörungstheorie“. Damit hat das System die psychische Entlastung gleich mit geliefert. Wie sagte Forest Gump so nett: „Dumm ist wer Dummes tut.“ Alle anderen haben nichts zu befürchten. Gehen sie bitte weiter, es gibt hier nichts zu sehen…

  4. Dieser Beitrag zeigt einmal mehr, mit welchen Mitteln Andersdenkende, Zweifler oder gar Kritiker bekämpft bzw. mundtod gemacht werden. Es zeigt aber auch deutlich, es ist noch nicht vorbei. Das Corona Unrecht, besser Verbrechen, wird erst dann aufgearbeitet sein, wenn Handschellen klicken und die Urteile gesprochen sind.

  5. Lieber Herr Löcke, haben Sie herzlichsten Dank für dieses ‘wieder ins Gedächtnis rufen’ von ‘Vorkommnissen’, die das eigene Gewissen partout nicht in die Routine-Schublade der alltäglichen ‘Zufälle’ stecken mag … und dann doch aus Ohnmacht gegenüber dem Moloch ‘Staat’ dieser internen Ablagestrategie des hilflosen Verstandes folgt.
    Spekulationen haben natürlich immer einen Beigeschmack, man wird sehr schnell damit in die ‘fabulöse Welt’ des Genres der Äctschn-Filme gesteckt.
    Doch nicht nur Kenner dieser Materie wissen, dass auch der Stoff all dieser so spannend und ‘unwirklich’ wirkenden Filmwelt ist mitnichten der freien Phantasie von wirren Schriftstellern und Drehbuchautoren entwachsen. Sehr oft … mehr als wir uns in unserer so heilen und normal wirken Welt uns das überhaupt vorstellen können und wollten, haben diese unwirklich wirkenden Geschichten Gänsehaut erzeugende Realität im Gepäck.
    Da diese bizarren … und wahrhaftig schockierend wirkenden Wahrheiten niemand äußern darf oder durfte, … ohne dabei Gefahr zu laufen auch ‘plötzlich und unerwartet’ aus der Welt der Lebendigen zu verschwinden, verpackte man sie mit entsprechend spannend wirkender Äcktschn in solche fabulösen Filme um wenigstens den Versuch zu unternommen zu haben, die Zuschauerwelt zum Nachdenken anzuregen,
    Der C-Crime und seine bis dato nie zuvor dagewesene Brutalität bei der Durchsetzung von äußerst zweifelhaft wirkenden Zwangsmaßnahmen für die gesamten Völker dieser Erde wird mit Sicherheit auch eines Tages unter seinem C-Namen einigen Drehbuchautoren in die Welt der fabulösen Filmwelt finden.
    Wobei Parallelen zur C-Dramatik gab es allerdings schon unzählige viele Jahre zuvor in dieser Äckschn Filmwelt zu sehen.

    Und wenn man sie heute zuhauf in den unzähligen Wiederholungen im Mainstream TV vor Augen geführt bekommt, wundert man sich schon … wie stoisch wir alle uns nach wie vor weigern, unserem Verstand zu folgen und mit Misstrauen diesen sog. ‘Zufällen’ aus dem ‘Alltag’ zu begegnen… und stattdessen immer wieder die ‘Verstörungstheorien’ bemühen, um diese Zufälle erneut in die Routine-Schublade abzulegen …
    Fast so wie JFK-Akte … die schon mehrfach veröffentlicht werden sollte, und dann doch wieder … selbst von einem US-Präsidenten Donald Trump … in die Akten-Schublad des CIA zurückgelegt wurde!

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