The biggest show on earth

by Peter Löcke //

Hollywood kann einpacken. House of Cards kann einpacken. Die politische Realität der Vereinigten Staaten schreibt das zurzeit beste Drehbuch der Welt. Surreal und doch real. Die US-Politik als Dauer-Sitcom. Oder täusche ich mich und es ist in Wahrheit ganz anders?

Vielleicht verhält es sich ja umgekehrt. Vielleicht richtet sich die momentane Wirklichkeit nach einem vorgefertigten Drehbuch aus dem Hause Hollywood. Diesen Eindruck gewinnt der staunende Zuschauer angesichts der Ereignisse aus den USA. Selbstverständlich verdient eine solche politische Freakshow einen griffigen Namen. Die Sitcom heißt „The Biggest Show on Earth“. Worum ging es bisher und worum geht es aktuell? Es folgt ein Rückblick auf die bisherigen Staffeln sowie ein Draufblick auf die aktuellen Ereignisse der größten Show auf Erden.

In dieser Show geht es um Geld und Macht. Um sehr viel Geld und sehr viel Macht. Es geht um Sex & Crime, um Intrigen & Krieg, um Drogen und andere Abgründe. Über allem steht der epische Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Demokratie und Diktatur. Dafür braucht es Protagonisten. Es braucht Schurken wie Donald Trump und Helden wie Joe Biden. Mit diesen beiden soll die Rückschau beginnen. Wie war das nochmal, als die Serie ins Leben gerufen wurde?

Der Joe war und ist Präsident. Das ist er seit Januar 2021. Er gehört zu den Guten. Das sind in den USA die Demokraten. Die sind schließlich, so lässt der Parteiname vermuten, demokratisch. Einst rettete der Held Joe die Demokratie vor dem Untergang, als er den ehemaligen Präsidenten, den republikanischen Schurken Donald Trump, als mächtigsten Menschen der Welt ablöste. Doch steinig war und ist Joes präsidialer Weg seit jenen Tagen. Oder sollte man besser von Felsbrocken reden? Es handelt sich um Felsbrocken wie seinen Sohn Hunter. Hunter Biden saß ab 2014 im Aufsichtsrat von Burisma, dem größten privaten Gasproduzenten in der Ukraine. Als Einstellungsgrund vermuten Insider nicht fachliche Kompetenz. Wie dem auch sei – der etwas verkorkste und verkokste Präsidentensohn brachte sein üppiges Gehalt gerne im horizontalen Gewerbe in den Wirtschaftskreislauf. Im Umlauf waren anschließend diverse Filmaufnahmen seiner exzentrischen Freizeitaktivitäten. Festgehalten wurden sie auf einem Laptop. Dieser Laptop kam vermeintlich aus der Hölle, tauchte jedoch unglücklicherweise auf Erden auf. Apropos Biden und die Ukraine. Besagte Ukraine verwechselte der mächtigste Mensch der Welt einst mit dem Iran. Phonetisch nachvollziehbar, wenn man die ähnlich klingenden englischen Übersetzungen der beiden Länder kennt. Zuletzt jedoch verwechselte Joe die Namen Putin und Selenski. Das war sprachlich nicht mehr zu entschuldigen. Soviel in aller Kürze zum Helden. Was gibt es über den Schurken der Sitcom zu berichten? Der kommt noch schlechter weg.

Donald Trump ist grob. Donald Trump ist schlecht. Donald Trump ist grobschlächtig. Er ist also nicht gerade der Typ, den man gerne auf seine Gartenparty einlädt. Er ist Multimillionär und gleichzeitig Pleitier. Das gibt es auch nur in den Staaten. Donald war zwischen 2017 und 2021 schon mal Präsident der USA. Damals ist die Demokratie in den USA beinahe abgeschafft worden. So die Erzählung der Sitcom. Eine weitere Erzählung ist die des Büffelmanns. Den und weitere Umstürzler hetzte Donald einst auf, um das Weiße Haus und damit die Demokratie zu erstürmen. Was die Kostümierung angeht, können also deutsche Reichstagsstürmer und deren Drehbuchschreiber einiges von den USA lernen. Knapp wars damals. Es ist aber nochmal gut gegangen. Ein erneutes Ende der Demokratie in den USA muss nun verhindert werden. Vor seiner Präsidentenzeit war Trump Showmaster und auf eine Art ist er das noch immer. Donald ist laut, Donald ist schrill, doch niemals ist er still. Wie Hunter mag er schöne Frauen. Keine Edelnutten, für Donald war es gleich ein Pornostar. Leider existieren keine Filmaufnahmen, dafür aber Schweigegeldzahlungen. Wegen dieser Tat und anderer Vergehen stand der Schurke schon öfter vor Gericht. Ziel der Gerichtsverhandlungen war es, Trump erneut als Präsidentschaftskandidaten zu verhindern. Dann hätte die Sitcom „The Biggest Show on Earth“ vermutlich ein vorzeitiges Ende erfahren. So geht das nicht in Hollywood. Die aktuelle Staffel ist spannender denn je und läuft seit etwa zwei Monaten. Sie trägt den Untertitel „Bye Bye Biden“! Wir fassen auch diese Staffel zusammen. 

Das Unheil fing mit einem Rededuell auf CNN zwischen dem Helden Joe und dem Schurken Donald an. Obwohl Faktenchecker vor Ort waren, die den Schurken direkt als Lügner entlarvten, wurde die TV-Show für den Helden zum Fiasko. Das lag an der Offensichtlichkeit des geistigen Verfalls des ältesten US-Präsidenten ever. Das lag auch am Umstand, dass das Studio nicht barrierefrei eingerichtet war und Joes Ehefrau Jill ihren Gatten zu Hilfe kommen musste, um drei Stufen zu überwinden. Hier gilt die alte Theaterweisheit „Auge geht vor Ohr“! Seit diesem Fiasko überschlagen sich die Ereignisse der biggest show on earth. Der chronologischen Reihe nach.

Eben noch als rechte Verleumdung verschrien war nun auch dem blindesten Beobachter – ZDF-Experten ausgenommen – ersichtlich, dass der demokratische Held nicht mehr ganz auf geistiger Höhe war. Eine solche Erkenntnis ist alles andere als verkaufssteigernd für den epischen Kampf Demokratie vs Diktatur. Ein Unheil kommt selten allein. Auch dieses Mal nicht.

Schon in der nächsten Folge kam es zum gescheiterten Attentat auf den Schurken, welches dieser um Haares- und Ohrbreite überlebte. Das erwies sich als noch schlechter für den eigentlichen Helden, weil dadurch der Anti-Held ebenfalls zum Helden reüssierte, der über göttliche Kräfte verfügt. Reminder? Trump ist Showmaster und die USA liebt Helden. Zu allem Überfluss drehte der Secret Service beim gescheiterten Attentat seinen eigenen Slapstick-Film aus der Kategorie Monty Python. Das fiel auf Biden zurück. Es kam wie es kommen musste.

Drei, zwei, eins … die Präsidentschaftskandidatur ist nicht mehr meins. Die Tage des Helden Joe Biden waren gezählt. Das war nun jedem politischen Beobachter – ZDF-Experten ausgenommen – ersichtlich. Der immer noch mächtige Strippenzieher Obama durchschnitt die Strippen, zu denen sich sein ehemaliger Vize bewegte. Ergo steckte sich der Noch-Präsident für eine Bedenkzeit mit der Todesseuche Corona an. Nur wann und wie platzt die Rücktrittsbombe bei dieser größten Show auf Erden? Die Bombe platzte in der letzten Folge am Sonntag und sie platzte bemerkenswert.

Biden vermeldete seinen Verzicht nicht etwa standesgemäß durch eine Ansprache im TV.  Nein. Er wählte die geliebt-gehasste Plattform X, auf welcher er seinen Rücktritt verkündete. Kaum online wurde das angehängte Schriftstück millionenfach geteilt und auf der ganzen Welt verbreitet. Das war Seifenoper in Echtzeit. So muss das sein für eine moderne Sitcom und die biggest show on earth.

Wird Kamala Harris nun übernehmen? Wie fühlte sich  Joe Biden in den letzten Stunden vor der Veröffentlichung? Wie reagiert der Schurke Donald Trump auf den Rückzug seines Kontrahenten? Wird am Ende das Böse über das Gute siegen? Hatte gar Nietzsche Recht, als er forderte, jenseits von Gut und Böse zu sein?

Das alles weiß ich nicht. Das wissen nur jene, die gerade in Hollywood das Drehbuch schreiben. Und jene Schreiber von Spiegel und Springer, die in Deutschland die Zweitverwertungsrechte der Sitcom besitzen. Sicher erscheint nur eines. Für die Biggest Show on Earth wird noch die eine oder andere Staffel gedreht.

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One Response

  1. Einfach köstlich! Wenn es nicht so ernst wäre und einem deshalb das Lachen im Hals stecken bleibt. Entspannter ist derjenige, der mit Nietzsche an die „Wiederkehr des Immergleichen“ glaubt. Buddhistisch interpretiert befindet sich die Menschheit in der Endlosschleife ihrer Bösen Taten, ohne jemals den Weg der Spirale zu betreten. Was soll die menschliche Geschichte anderes sein, als eine Aneinanderreihung von monströsen Taten, dummen Ideen und endlosem Slapstick? Da hilft es auch nicht, dass sog. Historiker versuchen, dem Chaos einen Sinn zu geben. Man denke nur an die Verlesung der Regierungserklärung des neuen englischen Premierministers durch King Karl. Gibt’s was Köstlicheres in unserem aufgeklärten Zeitalter? Ach so, das war auch nur Sitcom?

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