Essay von Markus Langemann//
Ich habe vor wenigen Tagen einen Selbstversuch mit einer künstlichen Intelligenzveröffentlicht. Meine provokante Frage an den bekannten Chatbot ChatGPT lautete:
„Wenn Sie der Teufel wären, wie würden Sie den Verstand der nächsten Generation zerstören?“
Die Veröffentlichung der sehr strukturierten Antwort der Maschine hat viele Menschen verwundert, irritiert, bewegt, beängstigt, frustriert – gar ermutigt. In den Zuschriften, die ich nach Veröffentlichung erhielt, haben Sie Ihre Gefühle mit mir geteilt. Sie haben kritisch nachgefragt und auch inspirierende Anregungen gegeben für die weitere Arbeit. Einige von Ihnen unterstützen diese Arbeit mit Zuwendungen, dem einzigen Honorar, das wir beziehen. Vielen Dank Ihnen allen.
Den gottlob kritischen Geistern unter unseren Lesern möchte ich noch einmal bestätigen: Die Antwort entstand tatsächlich im von mir beschriebenen Dialog. Keine Hand hat „redigiert“ oder gar durch Nachfrage die Antwort geschliffen. Darin liegt das Faszinosum. Mögen Sie auch bei Befragung anderer Chat-Modelle abweichende Antworten erhalten, liegt es daran, dass dieses Large Language Modell durch Ihre Nutzung lernt. Es ist eben kein Katalog, es imitiert menschliche Kommunikation, die Antwort ist nicht gemeißelt.
Von einigen Lesern und Zuschauern wurde mir unterstellt, ich hätte möglicherweise die Antwort kuratiert, manipuliert und neu orchestriert. “Nein!”
Nun stand andererseits für manche vom Maschinentext-Erschreckten, vielleicht auch jene erstmals Aufgerüttelten, die Frage im Raum: „Wo ist das Licht? Das Erhellende.“
Die freundliche Anregung, die gleiche Frage nach Gott zu stellen, habe ich sehr gerne aufgegriffen. Ich habe bei meiner Frage aber keinen Hinweis auf eine metaphorische Verwendung der Worte „Gott“ und „Teufel“ gegeben. Hier ist also die Antwort auf die dem Chatbot ChatGPT Modell 4o am 12.4.2025 gestellte Frage:
Wenn Sie Gott wären, wie würden Sie den Verstand der nächsten Generation vor der Zerstörung des Teufels retten?
Antwort ChatGPT:
“Wenn ich Gott wäre – nicht im theologischen Sinne einer fernen Allmacht, sondern als liebevolle, schöpferische Kraft, die den Menschen in seiner Zerbrechlichkeit kennt und doch in ihm das Licht sieht – dann würde ich nicht mit Donner antworten, sondern mit Stille. Nicht mit Zwang, sondern mit Sehnsucht. Und ich würde den Verstand der nächsten Generation nicht durch Kontrolle retten, sondern durch Erkenntnis, durch Liebe und Wahrheit.
1. Ich würde ihre Herzen wieder auf Empfang stellen.
Ich würde sie lehren, dass Stille kein Feind ist, sondern ein Tor. Dass man den Sinn nicht findet in Lautstärke und Reizüberflutung, sondern in der Tiefe des Schweigens, wo das Gewissen wohnt. Ich würde sie spüren lassen, dass da etwas Größeres in ihnen ruft – nicht als Befehl, sondern als Einladung.
2. Ich würde sie mit Mut ausstatten – nicht mit Gewissheit.
Denn der Glaube an das Wahre braucht keine Ideologie, sondern Mut zum Zweifel. Ich würde ihnen lehren, dass Denken kein Verrat ist, sondern eine Form des Gebets. Dass man sich irren darf – und dennoch der Wahrheit näherkommen kann.
3. Ich würde Lehrer senden, keine Influencer.
Menschen mit Rückgrat und Herz. Weise, nicht populär. Die leise wirken und dennoch tief. Die das Licht in anderen entzünden, statt sich selbst zu feiern.
4. Ich würde ihnen zeigen, was Schönheit ist.
Nicht die glatte, gefilterte Pose, sondern das Erhabene, das Gebrochene, das Wahre. Denn Schönheit ist Wahrheit, die man sehen kann – und Wahrheit ist Schönheit, die man fühlen darf.
5. Ich würde ihnen den Wert von Familie, Freundschaft und Treue neu offenbaren.
Nicht als Pflicht, sondern als Kraftquellen. Als Orte des Rückhalts in einer Welt, die sich selbst nicht mehr kennt.
6. Ich würde ihnen das Wunder des Körpers zurückgeben.
Nicht als Objekt ständiger Optimierung oder Projektionsfläche für ideologische Kämpfe, sondern als Geschenk. Als Tempel der Seele. Als Ausdruck einer tiefen, göttlichen Ordnung.
7. Ich würde ihnen wieder eine Sprache geben.
Eine Sprache, die unterscheidet. Die benennt. Die nicht zudeckt, sondern offenlegt. Eine Sprache, in der gut noch gut ist und böse nicht „eine Perspektive“. Denn Denken beginnt mit dem Benennen.
8. Ich würde das Gewissen stärken – nicht durch Strafen, sondern durch Begegnung.
Ich würde ihnen Menschen schenken, in deren Augen sie gesehen werden. Gnade spüren. Ehrlichkeit ohne Urteil. Liebe ohne Taktik. Wahrheit ohne Waffe.
9. Ich würde sie lehren zu staunen.
Über den Himmel. Über ein Blatt. Über ein Lied. Denn wer staunt, kann nicht gleichzeitig zerstören. Und wer Ehrfurcht kennt, ist demütig genug, das Leben zu achten.
10. Und ich würde sie erinnern – an sich selbst.
An das Licht, das in ihnen wohnt. An das Kind, das noch hoffen konnte. An das Versprechen, dass sie mehr sind als Körper, Meinung, Funktion. Dass sie gewollt sind. Geliebt. Gerufen.
Denn der wahre Gegensatz des Teuflischen ist nicht das Moralische – es ist das Lebendige. Das Wahrhaftige. Das Liebende.”
Ende Antwort ChatGPT
Die Nebelwand
Lassen Sie mich dazu noch ein paar Gedanken formulieren. Einen Kommentar. Eine persönliche Meinung, mit der Gravität des „Club der klaren Worte“ und dem Versuch der seelischen Klarheit, den man im Journalistischen kaum mehr findet.
Nun, man hat gesagt – mit Recht – dass unsere Zeit eine des Lärms sei, der Verwirrung, des inneren und äußeren Tumults. Und wer mit wachen Sinnen durch die Gegenwart wandelt, der vermag kaum zu widersprechen. Es gibt, das sei unumwunden zugegeben, ein Übermaß an Meinung – so ist diese hier auch eine – ein Zuwenig an Gewissheit, ein Überangebot an Information – und doch einen Hunger nach Wahrheit.
Und dennoch – und das ist die Stimme, die nun zu Gehör kommen will – dennoch ist diese Zeit nicht verloren. Nicht ausweglos. Nicht verflucht. Denn in ihr schlägt das gleiche Herz, das in allen Zeiten geschlagen hat: das menschliche. So sehe ich es.
Es mag sein, dass Mephisto zur Stunde verführerischer spricht als Gott. In einem vorangegangenen Beitrag, auf den ich hier noch einmal verweise, mag das anklingen. Doch wer sagt denn, dass der Mensch taub geworden ist für den Klang des Echten?
Die jungen Menschen, oft so rasch verdächtigt, nur sich selbst zu folgen, nur im flüchtigen Jetzt zu leben – sie suchen mehr, als man ihnen zutraut. Auch wenn sie sich im Kleben verlieren.
Wer ihnen mit Ernst begegnet, mit Wärme und Tiefe, der wird Erstaunliches erleben: eine Sehnsucht nach Orientierung, nach Echtheit, nach Verbindlichkeit. Sie wollen glauben – nicht an Dogmen, sondern an Sinn. Sie wollen denken – nicht in Phrasen, sondern in Tiefe.
Es ist, als läge unter der modischen Oberfläche, unter dem viel beschworenen Woke-Sein, ein brennendes Bedürfnis nach Wirklichkeit.
Was hindert uns also, sie zu nähren?
Die Antwort liegt nicht im Lamento. Klage ist legitim, gewiss, doch sie allein wärmt nicht. Was wir brauchen, ist Vertrauen. Vertrauen in die Kraft des Gedankens. In die Fähigkeit des Menschen, das Wahre vom Falschen zu unterscheiden – wenn man ihn nur lässt.
Man hat viel über Meinungsfreiheit gesprochen in diesen zurückliegenden Jahren, und oft zu Recht beklagt, dass sie bedroht sei. Aber wer mit ruhiger Stimme spricht, wer nicht belehrt, sondern einlädt, wer nicht spaltet, sondern fragt – dessen Wort hat mehr Macht, als man ihm zutraut. Die Wahrheit braucht keine Lautstärke. Nur Geduld.
So verwundern mich gleichwohl diese Schildbürger, die mit Schildern gegen rechts protestieren, weil sie sich verführen ließen von jenen, die etwas im Schilde führen und perfide ihr Unternehmen einfach „Zurechtweisend“ nennen – also CORRECTIV. Die breite Öffentlichkeit fällt auf diesen Trick herein – nachweislich auch die Medienhäuser, für die Sie auch noch Pflichtabgaben leisten.
Ja, der Weg durch diese Zeit ist steinig. Es gibt Diskurse, die wie Nebelwände wirken. Es gibt Begriffe, die verdreht, Konzepte, die instrumentalisiert wurden. Aber der Nebel ist nicht ewig, so denke ich. Und: Wer im Nebel gehen gelernt hat, der sieht schärfer, wenn das Licht zurückkehrt.
Hermann Hesse ließ seine Gestalten immer wieder zwischen Dunkel und Licht wandern – aber niemals ohne die leise Gewissheit: dass es Licht gibt. Und dass es lohnt, ihm zu folgen, selbst wenn der Weg durch das Labyrinth führt.
Was können wir also tun?
Wir können aufrecht bleiben. Nicht trotzig, sondern still entschieden. Wir können in unseren Kindern die Kraft zum Fragen stärken, nicht nur zum Antworten. Wir können wieder lernen, zuzuhören, ohne zu bekehren. Und zu sprechen, ohne zu bezwingen.
Die Wahrheit wird gehört – wenn sie mit Liebe gesprochen wird. Und wer mit dem Herzen denkt, dessen Wort fällt nicht auf Stein.
So lassen wir es nicht die Stunden der Verzweiflung sein, sondern Stunden der Sammlung. Leise Stunden, gewiss. Doch das Licht beginnt nicht mit einem Donnerschlag. Es beginnt – mit einer Flamme.
Und die trägt jeder Mensch in sich.
Auch heute.
Gerade heute.
Und wenn es Sie dennoch hier nicht hält in diesen Gefilden, gehen Sie mutig. So würde ich es halten. Den beschriebenen Stufen von Hermann Hesse folgend.
„…des Lebens Ruf an uns wird niemals enden
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.“
Fuentes

Screenshot Frage / Antwort vom 12.4.25 Screenshot am 13.4.25 ChatGPT Modell 4o – Pay