von Peter Löcke //
Deutschland arbeitet auf. Die heiligste Stätte der Aufarbeitung ist, so sollte es sein, der Berliner Reichstag. Schließlich stellt dieses Gebäude den Tempel der Demokratie dar. Vor mehr als vier Jahren wurde besagtes Demokratiegebäude unter der militärischen Führung der Heilpraktikerin Tamara K. angegriffen. Drei heldenhafte Polizisten verhinderten am 29. August 2020 Schlimmeres beim Sturm auf den Reichstag. Damals konnte die Demokratie in letzter Sekunde gerettet werden. Nur deswegen kann heute im Parlament Vergangenes aufgearbeitet werden. Corona ist Plusquamperfekt, ist abgeschlossene Vergangenheit. Mit diesem leidigen Thema sollte endlich Schluss sein. Dennoch endlich Aufarbeitung! Endlich werden andere Probleme aufgearbeitet! Ich gehe der Reihe und politischen Hackordnung nach. Der Kanzler verdient es vorrangig behandelt zu werden.
Olaf Scholz arbeitet die miserable Familienpolitik der CDU-Vorgängerregierungen auf. Das machte der Kanzler in einer für seine Verhältnisse äußerst emotional geführten Rede im Bundestag. Pech für Scholz, dass das Familienministerium seit 2013 durchgängig von Sozialdemokraten geleitet wurde. Namentlich von den Ministerinnen Manuela Schwesig, Katharina Barley und Christine Lambrecht. Vermutlich wurde das Ressort deswegen 2021 in die kompetenten grünen Hände von Anne Spiegel gelegt, bis diese den Staffelstab wegen Abbindungsproblemen an Lisa Paus weitergab. Was arbeitet Olaf Scholz als nächstes auf? Nicht auszuschließen, dass sich Scholz den Vorgänger von Finanzminister Christian Lindner vorknöpft. Wo könnte Deutschland unter Kanzler Scholz stehen, wenn der Finanzminister Scholz den deutschen Mittelstand nicht mit einer Bazooka attackiert hätte?
Die FDP arbeitet mit Marco Buschmann sich selbst auf. Die Liberalen arbeiten ihrer wachsenden Unbeliebtheit entgegen, indem sie ohne Not neue Themen setzen. Straftaten sollen nicht mehr singulär betrachtet werden, sondern zusätzlich auf ihre gemeinwohlorientierte Sozialschädlichkeit überprüft werden. Dachte sich Justizminister Marco Buschmann in einer Rede im Bundestag. Vielleicht dachte er dabei an den FDP-Kollegen Rainer Stinner, der Ungeimpfte einst als „gefährliche Sozialschädlinge“ bezeichnete. Wahrscheinlich jedoch dachte Buschmann, dass die FDP sich ohnehin im Zustand des Herzkreislauf-Stillstandes befindet. In einem solchen Delirium können auch die letzten liberalen Organe entnommen werden. Die Liberalen möchten nicht mehr bis zum endgültigen freidemokratischen Hirntod warten. Dass die FDP sich gerade politisch über Todesdefinitionen Gedanken macht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Beim Thema Hirntod denke ich außerdem, warum auch immer, an Karl Lauterbach.
Auch Lauterbach arbeitet auf. Der deutsche Gesundheitsminister macht bei seinem Windmühlenkampf gegen die Wahrheit zarte Fortschritte. Man muss nur genau genug zuhören. Bei einer Fragestunde wollte die AfD-Abgeordnete Christina Baum wissen, ob sich Lauterbach angesichts der RKI-Protokolle dafür einsetze, dass wegen Impfverweigerung inhaftierte Soldaten wieder frei kommen. In früheren Zeiten hätte Lauterbach die Fragestellerin umgehend der Lüge bezichtigt. So weit geht er heute nicht mehr. Er bestreitet lediglich die Realität der Realität, was ich für einen Fortschritt halte. Für Lauterbach wirkt diese auf sämtlichen Titelseiten stehende Realität – Zitat – „nicht plausibel“. Für Oberfeldwebel Alexander Bittner, der wegen seiner Impfweigerung in der Justizvollzugsanstalt Aichach bei Augsburg sitzt, wirkt sein Inhaftierung vermutlich ebenso wenig plausibel, aber dennoch ist sein Arrest äußerst real.
Wirklichen Aufarbeitungswillen zeigte Annalena Baerbock. Den Geheimbrief an Israel, den es laut Ihres eigenen Ministeriums noch am Montag gar nicht gab, den gibt es laut der deutschen Außenministerin nun doch. Dies bestätigte Baerbock auf Nachfrage von Armin Laschet ebenfalls im Bundestag. War dieses Eingeständnis illegal? Handelte es sich dabei um Geheimnisverrat, weil keine Informationen aus den Sitzungen des Bundessicherheitsrates nach außen dringen dürfen? Schwamm drüber! Annalena redet nicht gerne um den heißen Brei herum und sagt, was Sache ist. Ja, wir haben als Regierung Angst vor Volksaufständen. Ja, wir führen einen Krieg gegen Russland. Ja, der Wählerwillen ist mir egal. Ja, wir haben diesen verdammten Brief geschrieben, in welchem wir den Einsatz von deutschen Waffen an Bedingungen geknüpft haben. Baerbock ist halt kindlich ehrlich. Ob das als oberste deutsche Diplomatin auch klug ist, steht auf einem anderen Blatt.
Große Aufarbeitungen also im Bundestag bei kleinen Themen. Weiterhin keine Aufarbeitung beim großen Thema Corona. Hier braucht es eine APA, eine außerparlamentarische Aufarbeitung im Fernsehen. Wie viele Menschen sich für diese Stelle beworben haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Gesichert ist, dass die Wahl bei der öffentlich-rechtlichen Aufarbeitung des Mafiaverbrechens Corona auf den Paten fiel, auf einen Menschen, den Harald Schmidt einst als wiederauferstandene Schwarzwaldklinik bezeichnete.
Eckart von Hirschhausen arbeitet Corona auf. „Hirschhausen und unser Corona-Versagen“. So lautet der Titel der Dokumentation, die am Montag, den 18. November, zur Prime Time im Ersten läuft. Folgende Fragen werden in der Aufarbeitung nicht aufgearbeitet. Sind für von Hirschhausen ungeimpfte Menschen wirklich asoziale Trittbrettfahrer? Wollte von Hirschhausen impfkritischen Ärzten wirklich die Approbation entziehen? Sind die 1,4 Millionen Dollar, die Hirschhausens Stiftung „Gesunde Erde-Gesunde Menschen“ von der Bill & Melinda Gates Stiftung erhielt, inzwischen aufgebraucht? Bekam der TV-Doktor wirklich nur 71.400 Euro Honorar von einer stattlich beauftragten Agentur für Impfwerbung? Ich halte diesen Betrag für zu niedrig angesetzt angesichts seines Bekanntheitsgrades. Wir sprechen immer noch von der Schwarzwaldklinik.
Auch ich arbeite auf. Der Esel sollte sich stets zuletzt nennen. Ich mache Fehler in Kolumnen wie im realen Leben, die ich aufarbeiten möchte. So gehöre ich zur Generation Gottschalk. Ich wette, dass ich in meiner Jugend mehrmals „Wetten, dass…“ geschaut habe. Zu meiner Schande wusste ich nicht, dass Gottschalk ein misogyner Mistkerl ist. Ich wusste noch nicht mal, was sich hinter dem Begriff Misogynie verbirgt. Heute, wo der Begriff existiert, existiert ganz viel Misogynie und toxische Männlichkeit. Vermutlich auch in mir. Sprache erschafft halt Wirklichkeit. Oder doch nicht? Die Generation Gottschalk lebte in einer liberalen Demokratie. Das erkennt man sehr gut daran, dass nicht ständig von der liberalen Demokratie gesprochen wurde. Das Thema Sprache wird viel zu wenig aufgearbeitet.
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2 Antworten
„Die Generation Gottschalk lebte in einer liberalen Demokratie. Das erkennt man sehr gut daran, dass nicht ständig von der liberalen Demokratie gesprochen wurde.“ Stimmt! Nur Heuchler sprechen immer von den Heiligen, Unbedeutende himmeln Stars an und Links-Grüne reden von „unserer Demokratie“. Was natürlich an sich schon verräterisch ist, meinen sie doch damit die Art Demokratie in der nur sie bestimmen wo es lang geht. Und was Gottschalk angeht, der hat doch tatsächlich eine eigene Meinung, mit der er nicht hinterm Berg hält. Während ein Tukur, aus derselben Generation, halt für Kohle auch ein propagandistisches Schauerstück wie den gestrigen Tatort dreht. Natürlich vom hessischen Rotfunk produziert. Nun gut, Frauen und Scheidungen muss man sich halt auch leisten können. Merke: Es gibt immer solche und solche …
Grandios!!! Alles drin, was man braucht, um geistig und somit auch körperlich gegen diese Regierung zu bestehen. Der Medizinschrank, der in keinem Haushalt fehlen sollte, sozusagen. Und diese herrlichen Bonmots: Windmühlenkampf gegen die Wahrheit, wiederauferstandene Schwarzwaldklinik. Herr Löcke, Sie haben mir von Anfang an gefallen, aber, mit Verlaub, Sie werden von Mal zu Mal besser, bissiger. Right up my alley! Vielleicht sollte jemand Gottschalk vorschlagen, lieber zu einer Domina zu gehen, statt in eine Beisenherz-Show. Macht mehr Spaß und tut weniger weh.