„Sevim Dağdelen: Die Weltlage ist brisant wie zur Zeit der Kubakrise“

von Adrian von Ferenczy //

In einem exklusiven Interview für den Club der klaren Worte analysiert Sevim Dağdelen, langjährige Bundestagsabgeordnete und Mitglied der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die dramatische Zuspitzung der globalen geopolitischen Situation. „Die NATO treibt uns an den Rand eines Dritten Weltkriegs“, erklärt Dağdelen im Gespräch mit Markus Langemann. Sie warnt vor den Gefahren westlicher Waffenlieferungen und zeichnet eine Parallele zur Kubakrise von 1962.

Die Ukraine-Krise als gefährlichster Konflikt unserer Zeit

Dağdelen zeigt sich alarmiert über die Eskalation des Krieges in der Ukraine: „Die Entscheidung der USA, Langstreckenwaffen mit einer Reichweite von 300 Kilometern freizugeben, hat die Welt in Geiselhaft genommen.“

Ihrer Meinung nach verschärfen die Pläne Deutschlands, Taurus-Raketen zu liefern, die Situation zusätzlich.

„Die NATO nimmt billigend in Kauf, dass Russland dies als Kriegserklärung wertet. Deutschland wird damit zur Zielscheibe.“

Parallelen zur Kubakrise

Dağdelen zieht eine Linie von der Ukraine-Krise zur Kubakrise: „1962 war die Stationierung von Atomraketen auf Kuba eine Antwort auf amerikanische Raketen in der Türkei. Heute bedrohen NATO-Staaten Russland direkt an seinen Grenzen.“

Sie kritisiert, dass der Westen die Sicherheitsinteressen Russlands ignoriert, was die Gefahr eines Atomkrieges erhöht.

Die Verantwortung der Bundesregierung

Scharfe Kritik äußert Dağdelen an der Ampelkoalition: „Wir haben eine Bundesregierung, die ihre geopolitische Rolle nicht begreift und blind den Vorgaben der USA folgt.“ Sie appelliert an Bundeskanzler Olaf Scholz, die Lieferung von Taurus-Raketen zu verweigern und keine US-Mittelstreckenwaffen auf deutschem Boden zuzulassen. „Wer diese Entwicklungen zulässt, setzt Europa einer nuklearen Katastrophe aus.“

Friedenspolitik statt Eskalation

Trotz aller Warnungen bleibt Dağdelen optimistisch: „Die Menschen wollen Frieden. Über 50 Prozent der Ukrainer sind für Verhandlungen.“ Sie fordert eine Rückkehr zur Diplomatie und einen europäischen Kurs, der die multipolare Weltordnung anerkennt. „Deutschland darf nicht länger Vasall der USA sein, sondern muss eigenständig agieren.“

Das vollständige Interview, in dem Dağdelen auch über ihre Kritik an Medien, Meinungsfreiheit und den kommenden Präsidenten Donald Trump spricht, sehen Sie jetzt exklusiv in der Mediathek auf clubderklarenworte.de.

Mehr Informationen zur Mediathek finden Sie auch in den FAQs hier im CdkW.


Zur Person:

Die Politikerin ist außenpolitische Sprecherin der Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) und Obfrau im Auswärtigen Ausschuss. Zudem gehört sie der Parlamentariergruppe USA sowie den Deutsch-Chinesischen und Deutsch-Indischen Parlamentariergruppen an. Sevim Dagdelen war über viele Jahre hinweg Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO, in der Abgeordnete aus den Mitgliedsstaaten des Militärbündnisses sicherheits- und verteidigungspolitische Themen diskutieren.

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4 Antworten

  1. Wir sind „der Schwanz mit dem der Hund wedelt“. Anders kann man diese Unterwürfigkeit von Teilen der deutschen Parteien, nämlich CDU/CSU und FDP, unter die Linie der Biden-Regierung nicht interpretieren. Scholz nutzt wenigstens den geringen Spielraum den wir haben, um eine direkte Kriegsbeteiligung Deutschlands im Ukraine – Krieg auszuschließen. Diesen Spielraum hat man immer, in jedem System. Das linke Spektrum also SPD und BSW/Restlinke und die AfD zeigen damit mehr Realitässinn und Verantwortung als die US-hörigen Liberal-Konservativen. Diese glauben nicht daran, dass sie ihre Wette auf einen „Sieg“ des Westens je einlösen müssen. Eine riskante Strategie, die umso riskanter ist, als Deutschland von seiner Lage her das atomare Schlachtfeld wäre. Nun, wir haben siebzig Jahre Übung darin das zu sein, aber wir haben keine Atomraketen wie Frankreich und Großbritannien und sollten vorsichtig sein. Es glaubt doch keiner, dass die uns im Ernstfall zur Hilfe eilen. – Ich denke, dass Herr Merz auch deshalb kein Mistrauensvotum gestellt hat, weil er sonst als Kanzler jetzt Taurus liefern müsste. Lieber wartet man ab, was Trump tut nach seiner Regierungsübernahme. Siehe oben. Auch deshalb der späte Wahltermin. Dann muss Herr Merz seinen vollmundigen Worten hoffentlich keine Taten folgen lassen.

  2. Liebe Lucy, diese Ansprache war eine der ersten massenmedialen Inszenierungen. Leider konnte das Publikum das damals nicht erkennen, da es kein Internet gab. Die USA hatten in der Türkei Mittelstreckenraketen stationiert, welche die UDSSR bedrohten. Daraufhin schickte Grutschow Atomraketen per Schiff nach Kuba. Ein geschickter Schachzug der zeigen sollte, dass jede atomare Großmacht die territoriale Integrität der anderen respektieren muss. Die Kennedy – Regierung und ihre PR-starken Helfer nutzten die Krise, um Kennedy als starken und besonnenen westlichen Führer zu positionieren. Während die Kriegsschiffe der USA und der UDSSR aufeinander zu fuhren, saßen längst die Unterhändler beider Seiten in Wien zusammen und verhandelten. Es endete mit dem Abzug der US- Raketen aus der Türkei. – Heute kann man diese Inszenierung sogar bei Wicky nachlesen.

    1. 30.11.2024

      Lieber Dieter Zorn,
      Inszenierung hin oder her, davon gibt /
      gäbe es genug.
      Diese Ansprache hat in jedem Falle
      Symbolcharakter und Wert.

      Entscheidend ist, dass rein die bloße
      Existenz der – damaligen – Kuba- Krise,
      so denn vergleichbar, im (bereits
      heißen) jetzigen Krieg kaum je
      angesprochen wird / wurde.
      Fatal.
      Wissen davon viele nicht, mitten in
      Europa…?

      Der Status Quo der damaligen Kuba-
      Krise ist längst überschritten.

      Dennoch wird, blindlings, weiterhin
      krass eskaliert, als gäbe kein Morgen.
      Dies könnte somit zutreffen.

      Lucy

  3. Fr., 29.11.2024

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    es irritiert und erstaunt doch immer
    wieder, wie wenig, wie (viel zu spät)
    etc. hierzulande – überhaupt – an
    die Kuba-Krise erinnert wird.

    Die Erinnerung an die Kuba-Krise als
    klare Warnung, drängt sich doch,
    bereits seit etlichen Jahren, in
    Europa u.a. sehr deutlich auf.

    Kennt wirklich fast niemand z.B.
    die Bilder, die ernsten Worte der
    damaligen Fernseh-Ansprache
    von John F. Kennedy an die
    US-Nation und die Welt…?!

    Danke für den Beitrag.

    Lucy

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