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Die irren Top Ten der Woche

von Peter Löcke //

Der Club der klaren Worte ist keine klassische News-Seite. Das hat den Nachteil, langsamer als andere zu sein. Das hat den Vorteil, die Dinge sacken zu lassen und mit Abstand zu betrachten. Nachfolgende zehn Tweets und Nachrichten des Irrsinns stammen alle aus der ersten Novemberwoche. Um das Menü verdaulicher zu machen, habe ich es sarkastisch nachgewürzt. Guten Appetit.

1.) „Twitter kann nur relevant bleiben, wenn genau diese Ratten […] in ihre Löcher zurück geprügelt werden.“
Der unbekannte ARD-Journalist Nils Dampz ist endlich bekannt. Nils sorgt sich nach der feindlichen Übernahme von Elon Musk um die politische Hygiene auf der Pöbel-Plattform Twitter. In Woke City möchte man schließlich unter sich bleiben, denn Andersdenkende sind Radikale. Bei Radikalen muss man schon mal radikal werden. Um bunt zu bleiben, um Braunes zu verhindern, muss man schon mal selbst zu brauner Sprache greifen. Dachte sich Nils. Nun gut. Vermutlich dachte er nicht, sondern hat einfach mal einen rausgehauen. Machen Sie Urlaub, Herr Dampz. Nehmen Sie Ratten-Böhmermann und Blinddarm-Bosetti mit. Gründen Sie eine Selbsthilfegruppe und reden über das Thema Projektion.

2.) „Übrigens: die ukrainische Armee hat auch diesen Angriff zurückgeschlagen und Hunderte Russen zu Dünger gemacht.“
Entmenschlichung? Verbaler Schaum vorm Mund? Das kann ich besser, dachte sich BILD-Julian. Nicht Reichelt, sondern Röpcke. Röpcke hieß früher Conflict Reporter, bis er 2015 von Springer aufgelesen wurde. Julian Röpcke hat den Tweet gelöscht. Aus Einsicht? Nein. Weil es ihm laut eigener Aussage nahegelegt wurde. 

3.) „Aber rechtfertigen müssen sich auch die, die zu große Autos fahren, die immer noch Fleisch essen und in die Herbstferien fliegen.“
Vollkommen unverdächtig des verbalen Schaums ist Markus Decker. Seines Zeichens Qualitätsjournalist, Korrespondent des Hauptstadtbüros des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND). Ihm gebührt der Sonderpreis „Pharisäer der Woche“. Becker versucht sich in einem Tweet an der Relativierung der Straftaten der Letzten Generation. Hashtag Klimakatastrophe. Pech, dass Markus Decker nur eine Woche zuvor Postkarten-Selfies aus dem Flieger  verbreitete, in welchen er die Sonne über Katar genoss. Dort begleitete er die Reise Nancy Faesers … ähm … gewohnt kritisch. Was macht eine deutsche Innenministerin im Außeneinsatz? Den typisch deutschen Spagat aus moralischer Besserwisserei und finanzieller Bettelei.
Lieber Herr Markus Decker. Gerne können Sie vor einem leeren Buffet stehend zu Askese aufrufen. Nur wischen sich dabei vorher den Lachs aus dem Mundwinkel und vermeiden das Rülpsen.

4.) Es ist schon ein Kreuz mit den Journalisten. Es ist aber auch ein Kreuz mit dem Holzkreuz. Selbiges wurde beim Treffen der G7 im geschichtsträchtigen Friedenssaal in Münster entfernt. Das sorgte natürlich für einen westfälischen Unfrieden. Es sei eine organisatorische Entscheidung gewesen. Diese Entscheidung sei unbewusst getroffen worden. So versuchte die deutsche Außenministerin die Entfernung des historischen Ratskreuzes aus dem 16. Jahrhundert zu verteidigen.
Liebe Frau Baerbock. Treffen Sie bitte endlich eine bewusste Entscheidung.

5.) Auch Parteikollegin und Kulturkriegerin Claudia Roth scheint ein Problem mit dem christlichen Glauben zu haben. Also möchte Sie zwei Bibelzitate „überblenden“. Diese Bibelzitate stehen unterhalb des goldenen Kreuzes auf der Kuppel des Humboldt-Forums. Frau Roth sieht in den Bibel-Zitaten einen Schlag gegen das weltoffene Berlin.
Ach Gottchen, Frau Roth. Ich finde, dass im 21. Jahrhundert jede Religion toleriert werden sollte. Vom Christentum über den Islam bis hin zur Klimasekte die Grünen.

6.) „Da wusste ich gar nicht wie traurig ich gucken sollte.“ 
Von der grünen Roth zum roten Scholz. Sie erinnern sich. Das ist der, der 83 Millionen Bürgern zugerufen hat „You’ll never walk alone“. Nun krümmt sich unser Kanzler vor Lachen, als er von einem Gespräch mit einem Bürger erzählt, der ihm seine Energienöte gebeichtet hat. Scholz äfft diesen Bürger nach, kann seine Belustigung und seinen Spott nicht verbergen. Da soll noch einer sagen, Scholz sei gefühllos. Ich habe da nur eine Frage. Der Verfassungsschutz darf Bürger beobachten, die Politiker verächtlich machen. Beobachtet der Verfassungsschutz auch einen Kanzler, der Bürger verächtlich macht?

7.) Waren das zu klare Worte, die mir gefährlich werden könnten? Nein. Schließlich herrscht in Deutschland Meinungsfreiheit. Bester Beweis ist ein Urteil des Landgerichts Ellwangen. Lauterbachs Lüge, die Impfung sei nebenwirkungsfrei, ist nicht wirklich eine Lüge und wird vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
Das gibt mir Hoffnung. Vielleicht fällt die Benennung und Entlarvung der Lüge demnächst auch unter Meinungsfreiheit und wird nicht vom Landgericht Ellwangen als hate speech verurteilt.

8.) „Digitales Bargeld kann unseren Alltag leichter machen und ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft sein.“
Von grün über rot zu gelb und zu Christian Lindner. Der Christian hat als Finanzminister von wirtschaftlichen Dingen Ahnung. So zwitschert er sich gerne einen Wolf und bejubelt und bewirbt die Einführung eines digitalen Euro. Schließlich ist die Abschaffung des Bargelds eine der letzten noch nicht wahr gewordenen Verschwörungstheorien.
Was genau ist digitales Bargeld, Herr Lindner? Ich möchte Ihnen helfen. Digitales Bargeld ist wie ein alter Knabe oder ein veganes Steak. Große Dichter verwenden gerne das rhetorische Mittel Oxymoron. Menschen, die nicht ganz dicht sind, machen das unbewusst. Ich halte Lindner nicht für Lessing.

9.) Ich komme zu den guten Nachrichten und zur Deutschen Bahn. Bessere Infrastruktur? Bezahlbare Preise? Pünktliche Züge? Weniger Gewalt? Nein. Ich meine die wirklich wichtigen Dinge. Die Deutsche Bahn ist endlich queerfreundlich. Im Rahmen der Diversity-Woche verkündete der Staatskonzern die Liberalisierung respektive Aufhebung der Kleiderordnung. Endlich dürfen Frauen Anzüge und Männer Röcke tragen. Ich hoffe doch, dass die erste mich kontrollierende Mrs. Doubtfire ihre Beine rasiert.

10.) „Wie kann jemand, der so viele wirklich dumme Sachen tut und sagt, es so weit gebracht haben im Leben?“
Das fragte sich Sawsan Chebli, als Sie laut über Elon Musk nachdachte. Projektion, Frau Chebli, Projektion. Nils Dampz, Jan Böhmermann und Sarah Bosetti diskutieren in ihrer Selbsthilfegruppe gerade über das weit verbreitete Phänomen Projektion. In der Gruppe ist sicher noch Platz. Ich kann Ihnen die Frage beantworten, indem ich die Autorin Anaïs Nin zitiere. Die war meines Wissens nicht in der AfD.
„Wir sehen die Dinge nicht wie sie sind. Wir sehen sie so wie wir sind.“

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.

Foto: Amerikanische Fachkraft aufgenommen in N.Y., unweit der Brooklyn Bridge am 28.10.22

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15 Antworten

  1. Lieber Herr Löcke, lieber Herr Langemann, liebes Team,
    immer wenn man denkt, schlimmer geht’s nimmer… dann haben wir wenigstens Sie. Sonst würde einen das Lachen wirklich vergehen
    Bitte weiter so

  2. Lieber Herr Löcke, lieber Herr Langemann, liebes Team,
    es wird immer unerträglicher. Wenn man denkt, schlimmer geht’s nimmer….dann haben wir wenigstens Sie
    Dankeschön für Ihren Mut und Ihren unermüdlichen Einsatz

  3. Für die nächste Folge der ‘Top Ten’ schlage ich schon mal das Urteil aus Ansbach vor, wonach es korrekt ist, wenn Bürger Verkehrssünder (in diesem Fall falsches Parken) mit dem Handy filmen und melden. Das öffnet weiterem denunziatorischen Eifer Tür und Tor. Der Nachbar hat die ganze Nacht Licht brennen: melden, das alte Kopfkissen in die Biotonne: melden, den Schnee nicht geräumt (nach wundersamen aktuellen Wetterprognosen in diesem Winter eher nicht der Fall) : melden, im Lokal sich vernehmlich unfreundlich seinem Partner gegenüber z. B. über Nancy Faeser geäußert: melden, in der Büro-Toilette das Licht brennen lassen: melden,
    jemand äußert, die Cerberus-Variante sei ein großer Schwindel und die 5. Booster-Impfung dagegen auch: melden. usw und so fort. Der Denunziant hat jetzt immer das Handy zum Lauschen und Filmen griffbereit. Ich bin gespannt auf weitere Top Ten.

  4. Großartig, Herr Löcke! Machen Sie gerne eine Serie aus den “Irren Top Ten der Woche”, das würde viele von uns äußerst erfreuen! Bei der bildlichen Vorstellung einer Mrs Doubtfire mit stacheligen Beinen im Zug musste der herzhafteste Lacher raus, den ich dieser Tage losgelassen habe. Und – wie schon viele Vorgänger erzählt haben – das Lachen bleibt uns dieser Tage leider allzu oft im Halse stecken… Für Sie und den ganzen CdkW aber gilt von Herzen: Bitte WEITER SO!!

  5. Meine Frau und ich gucken nun gefühlte 70 Jahre Tagesschau. Es ist inzwischen die beste Satiresendung Deutschlands. Ich habe mir angewöhnt bei jeder Propaganda-Nachricht des Regierungsfernsehens laut zu lachen. Ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus. Der Kontrast zwischen dem Dauergrinsen der Sprechpuppen / -inen und dem Ernst mancher Nachricht, würzt das alles noch. Danke an Judith Rakers, die sich da noch etwas zurücknimmt. Gestern haben wir mal ausnahmsweise ZDF Heute geguckt. Wow, das ist ja noch schlimmer! Ich würde da schon von betreuten Nachrichten mit Zweikanalton für Senioren sprechen. Wenn’s nicht so ernst wäre … Für Menschen mit Erfahrung in der Kommunikation ist das alles sehr durchschaubar, weil durch-choreografiert bis ins Detail. Das macht es für den Rest so gefährlich.

  6. Der “Moralomat” twittert: “Humor ist auch für Hartgesottene völlig unabdingbar”…:-) – und: Humor ist der aufgehende Knopf, der verhindert, daß der Kragen platzt…Danke, Herr Löcke -Ihr Sarkasmus tut gut…

  7. Einfach herrlich, Herr Löcke. Nur so lässt sich der ganze Schwachsinn, der in diesem Land hemmungslos ausgelebt wird, ertragen. VIELEN DANK !

  8. Nicht nur Scholz äfft “seine” Bürger nach, auch Mr. Trump hatte, bevor er zum ersten Mal US-Präsident wurde, Behinderte nachgeäfft. Und nun wird dieser großartige Mensch möglicherweise zum zweiten Mal US-Präsident. Ja, die anderen sind auch nicht besser, aber ich dachte immer, dass es für ein solches Amt eine über jede Kritik erhabene Persönlichkeit brauche…

    Ja, meine Naivität ist auch im 7. Lebensjahrzehnt noch immer in Resten vorhanden. Sorry.

  9. Danke, Herr Löcke!
    Wir können alle froh sein, dass durch diese Beiträge unserer teilweise prominenten Meinungsführer immer mehr Menschen erkennen, wer die eigentlich sind. Niemand sollte das gesunde Gerechtigkeitsempfinden weiter Teile der Bevölkerung unterschätzen, ebensowenig wie den gesunden Menschenverstand, der sich nach langer Angststarre so langsam wieder entwickelt. Die Tonangebenden in Politik und Medien haben das Vertrauen weiter Teile der Bevölkerung verloren und der allgemeine Unmut steigert sich von Tag zu Tag. Die immer wieder aufflammende unfreiwillige Komik macht es natürlich nicht besser.

  10. Tut wahrlich gut das zu lesen. Nur mit dem Humor mit den Sie das beschrieben haben ist das zu ertragen was unsere Eliten, und diejenigen die sich dafuer halten, von sich geben. Keiner der namentlich genannten wird Ihren Text je lesen und wenn, werden die sie nicht verklagen weil deren limitierten Hirne ohnehin nichts verstehen wuerden.

  11. Herrlich, ich klatsche laut Beifall. Besser kann man es nicht machen. Danke Herr Löcke Sie haben mir heute den Abend erträglich gemacht.

    1. Ja, danke an den ClubderklarenWorte, danke Herr Langemann, danke Herr Löcke, ohne Formate wie dieses wäre das Leben z.Zt. nicht zu ertragen, liege seit einer Woche mit Erkältung im Bett…

  12. Lieber Löcke, durch die Brille des zeitlichen Abstands und mit der Ihnen eigenen sarkastischen “Nachwürzung” lässt sich dieser Irrsinn irgendwie – ich möchte nicht sagen ertragen, das geht dann doch nicht – aber immerhin auf eine Weise verdauen, die nicht zum “Reizmagen” führt. Ich habe drei mal herzhaft und laut gelacht!:) Und das kommt wahrhaftig nicht so oft in dieser Zeit. Vielen Dank dafür!

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