Uniform ohne Form – Der Dresscode woker Gesinnungsmode

von Diana-Maria Stocker//

Die Temperaturen in den vergangenen Tagen ließen es noch nicht so richtig spüren, aber er kommt bald. Bestimmt. Der Frühling.

Licht bricht durch das Grau, erste Frühjahrsboten sprießen farbenfroh aus den Wiesen. Die Natur kleidet sich schon in ihrem Frühjahrs-Outfit – die Farbe kehrt zurück.

Jedoch nicht für uns Menschen, wenn es nach der Modewelt geht. Denn dort herrscht Dauer-November: Nicht im Stoff allein, sondern im Ausdruck. Frühling war einst der Moment, in dem Mode wieder leicht wurde. Haut zeigte sich, Schnitte wurden weicher, Farben mutiger, Silhouetten verspielter. Lebensfreude spürbar auf Laufstegen und Fashion-Portalen. Heute hingegen wirkt selbst die Frühlingsmode wie unter einer ideologischen Glocke gefangen: schwer, ernst, moralisch korrekt – beunruhigend freudlos.

Die Branche, die sich einst dem Schönen, dem Abgründigen, dem Individuellen verschrieben hatte, präsentiert sich heute als moralischer Wanderzirkus im Dauerselbstgespräch über Diversität, Gender und CO₂. Die „Haltung“ steht über dem Schnitt, die Mission über dem Stil. Man muss nicht mal mehr genau hinsehen, um zu erkennen: Das neue Gewand ist nicht edel. Es ist unförmig, unästhetisch – und erschreckend uniform.

Wenn politische Gesinnung der neue Dresscode ist

Was als Öffnung begann – mehr Körperformen, ethnische Vielfalt, geschlechtsneutrale Kleidung – ist längst zur Pflichtübung geworden. Jede Kampagne, jede Kollektion muss ein Bekenntnis sein. Labels überbieten sich mit moralischer PR: „sustainable“, „inclusive“, „genderless“. Doch wo bleibt das Spielerische, das Verführerische, das Schöne?

Beispiele gefällig?

  • Unisex-Overalls in Beige oder Mausgrau, die aussehen wie Klinikbekleidung aus einer dystopischen Netflix-Serie.
  • Androgynität als dogmatischer Standard, selbst wenn weder Figur noch Anlass es verlangen.
  • Männer in Röcken, nicht weil sie das wollen, sondern weil das Label „ein Zeichen setzen will“. Auch diese Worthülse ist so etwas von en „woke“.
  • Plus-Size-Models in Stretch-Zelten, nicht als Ausdruck von Sinnlichkeit, sondern als moralischer Alibi-Act.
  • Kollektionen ohne Taille, ohne Silhouette, ohne Raffinesse. Dafür mit QR-Code zur Klimaethik.

Die Mode hat das Verführen verlernt. Sie will nur noch belehren.

Schönheit ist verdächtig geworden

In dieser neuen Welt ist Eleganz verdächtig. Weiblichkeit ist „problematisch“, Männlichkeit sowieso toxisch. Dekolleté? Sexistisch. Schlanker Schnitt? Bodyshaming. Haute Couture? Klassenkampf. Was bleibt, ist Stoff ohne Idee, Form ohne Figur. Eine Uniform aus Schuld und Gesinnung – tragbar, weil bedeutungsschwer.

Alle großen Ketten machen mit: H&M, Zara, COS – sie sprechen plötzlich von Inklusion, Vielfalt und Gerechtigkeit, liefern aber standardisierte Formlosigkeit in Tönen zwischen Ocker und Verzicht.

Und die Modejournalisten? Statt Trends zu analysieren oder Stil zu feiern, kontrollieren sie – scheint es – jetzt die Gesinnung. Ein falsches Zitat, eine unpassende Kollektion – schon wird gecancelt. Und Influencer? Plappern die Parolen der Zeit, um weiter Einladungen, Samples und Werbedeals zu bekommen und natürlich „um ein Zeichen zu setzen.“

Die Mode war immer ein Spiegel – doch sie zeigt derzeit keine echte Gesellschaft, sondern eine Ideologie. Woke ist das neue Korsett. Es kneift nicht an der Taille, sondern im Hirn.

Die Woke-Uniform hat lange genug dominiert. Zeit, sie auszuziehen. Raus aus der Ästhetik der Scham und des Schuldbewusstseins. Der Frühling verdient Mode, die lebt. Mode, die schmeichelt, überrascht, verführt – und nicht ständig mahnt.

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7 Antworten

  1. Danke für die zum Nachdenken anregenden Worte.
    Das woke Belehrende ist mir in der Mode genau wie in Sport und Unterhaltung auch schon aufgefallen. Es hat mich auch schon länger gestört, dass Frauenmode von Männern, nein von “Männern” präsentiert wird. Wenn ein Mann freiwillig und gern einen Rock anstelle einer Hose trägt, dabei Mann bleibt, soll er das meinetwegen tun. Aber unter dem Aspekt von Belehrung und Moral verzichte ich gern darauf. Wie schädlich diese neue Ideologie ist, zeigt sich daran, dass individuell gekleidete Menschen allzu oft nach dem Pronomen statt nach dem Namen gefragt werden. Einfach nur bekloppt!

  2. Danke für diesen interessanten Beitrag! Aus diesem Blickwinkel habe ich die Entwicklung der Mode bisher noch gar nicht betrachtet, weil ich sowieso meinen eigenen – mal sportlichen, mal weiblichen – Style trage, unabhängig vom gerade konformen Zeitgeist. Genauso, wie ich unabhängig denke. Aber ja, die Autorin hat das sehr gut auf den Punkt gebracht. Und was sie auch mit anklingen ließ – zunehmend kaltes Interior in den Einrichtungsstilen – dient ebenfalls dazu, den Menschen das Schöne, Lebendige, Individuelle, Wohlfühlen abzugewöhnen.
    Ich habe mich schon öfter gefragt, was Menschen dazu bewegt, ihre Hausfassade in mittelgrau zu streichen, den Vorgarten mit Kieseln zu füllen und ihr Bad mit Beton, Leere und kalten, dunklen, abweisenden Farben auszustatten, ohne irgendwelche wohnlichen Akzente zu setzen. Es sind auch hier die Mitläufer, die ohne eigene Meinung das übernehmen, was ihnen andere als “stylisch” vorsetzen, und die sich damit bereitwillig ihren Rückzugsort zerstören. Fröhlichkeit, Individualismus und Mut sind dort nicht mehr zu Hause. Und das ist offensichtlich gewollt so.

  3. Es sind die Fähnchen im Wind, die heute, selbst richtungslos, die Richtung vorgeben.
    Nicht aus Idealen, sondern eben wegen des fehlen dieser.
    Und du musst sie mitgehen, diese Richtung.
    Als Willen- und Planloses Fähnchen ist es auch einfach, mitzulaufen, wohin auch immer.
    Denn du hast immer eine Richtungsweisung gebraucht in deinem Leben, hast immer eine Orientierung und Anlehnung benötigt, als Fähnchen im Wind.

  4. Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Beitrag. Ich als selbständig denkender Mensch finde ihn großartig. Schauen Sie mal bei Horror vakui mode vorbei. Dort finden Sie die Farbenpracht in der Mode wo ihr toller Beitrag anspielt. Und dann läuft auf ONE eine sehr sehenswerte spanische Modeserie.

    Mit freundlichen Grüßen

  5. Danke für diesen Artikel – ich sehe das auf den Straßen, – “Klamotten” grau, unförmig mit den unvermeidlichen Turnschuhen, als ob jeder vergessen hätte, zu welchem Anlass die einst ausschließlich getragen wurden. T-Shirts zu Anzügen, – selbst bei öffentlichen Auftritten. Niemals hätte ich gedacht, dass es möglich wäre uns Frauen die eleganten Schuhe zu nehmen, die “Freunde”, die immer passten, die immer toll aussahen. In den Wohnungen und Häusern setzt sich dieses “Lebensgefühl” fort – öffnet so mancher die Wohnungstür, glaubt man , man sei in einer Fabrik – grau der Boden wie Asphalt und eiskaltes Licht – vor den Häusern Betongärten. Dasselbe in Arztpraxen – helles Licht und kalte Wände – das dient sicherlich nicht der Genesung. Wir sollten leben lernen – zumindest solange es noch keinen Krieg oder die nächste Pandemie gibt, dann ist Leben wieder ganz verboten.

    1. Da stimme ich Ihnen absolut zu.
      Ich habe auch einen persönlichen Kommentar zu diesem sehr Tiefgreifenden Text abgegeben ….

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