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Correctiv pensado hasta el final

por Peter Löcke //

„Wir haben es zu Ende gedacht.“ So beginnt der Begleittext zum Video „Oma, was war nochmal in Deutschland?“. Der Clip wurde am 11. April 2024 auf youtube hochgeladen und mittlerweile mehr als 300.000 Mal angeklickt [1]. Deutsche Leitmedien wie der Merkur nehmen das Video wohlwollend zur Kenntnis [2], Alternativmedien wie „achgut“ [3] oder die NZZ aus der Schweiz [4] betrachten es kritisch als Propaganda-Machwerk. Hintergründe, Hintermänner und -frauen, Produzenten, Co-Produzenten und Sprecher, Aspekte, die bisher übersehen wurden sowie Fragen, die bisher nicht gestellt wurden. Es folgt ein Versuch, das medial viel diskutierte Video mit Abstand zu betrachten. Ein Essay, das Video zu Ende zu denken.

Das Video
Der KI-generierte Video-Clip zeigt Zuschauer-freundlich in leicht verdaulichen dreieinhalb Minuten ein dystopisches Deutschlandbild im Jahr 2060. Es zeigt geschlossene Arztpraxen, Schulen und Universitäten, nicht abgeholten Müll und wirtschaftliche Armut. Man sieht Bilder wie aus einem Endzeitfilm nach einer Nuklearkatastrophe. Das Video erzählt von der Abschaffung von Wahlen, der Abschaffung von Parteien und der freien Presse sowie einem zensierten Internet. In Kurzform? Es zeigt das Ende der Demokratie. Das alles passierte nachdem die Rechtsextremen, „die Blauen“, an die Macht kamen. Die AfD wird nicht namentlich genannt, doch jeder weiß, dass sie gemeint ist. Die durch KI hergestellten neuen Machthaber ähneln Chrupalla, Höcke und Weidel [5], ein Nachrichtensprecher weist eine gewisse Ähnlichkeit zu Hans-Georg Maaßen auf [6]. Wehmütig erklärt all das eine Oma ihrer aufmerksam fragenden Enkelin. Sie erklärt es auf einer Veranda sitzend im weit entfernten Nordafrika. Dabei erinnert die indigene alte Frau auch an die Geschichte von Correctiv. Damit, mit der Remigration, habe das Unheil angefangen. So war das damals in Deutschland.
„Exodus. So nennen wir das heute. Sie nannten es Remigration. Die ersten, die hierher kamen, kamen nämlich gar nicht freiwillig. Sie wurden gezwungen.“
Die Geschichte, mit der dieses Video ein Deutschlandbild im Jahre 2060 zeichnet, basiert auf der Kernbotschaft der am 10. Januar veröffentlichten Correctiv-„Recherche“. Beim Video handelt sich um einen in der Zukunft liegenden Fortsetzungsroman des aktuellen Correctivromans. Correctiv wurde zu Ende gedacht! Die vorwurfsvolle Botschaft lautet bei beiden Publikationen: Wer Remigration sagt, meint damit eigentlich massenhafte Deportation und millionenfache Vertreibung nichtdeutscher Menschen. Journalismus? Nein. Das Video ist eine erfundene Geschichte auf Grundlage einer erfundenen Geschichte. Es handelt sich um Storytelling und das ist belegbar.

Storytelling
Storytelling ist ein beliebtes Stilmittel im Marketing. Der Grund ist psychologischer Natur. Menschen kaufen nicht nur ein Produkt. Sie kaufen immer auch die Geschichte, die ihnen das Produkt erzählt. Das Image! So funktioniert Werbung. Daher entwerfen Werbefachleute rund um ein Produkt eine spannende, emotionale oder fesselnde Geschichte. Im Idealfall kauft der Kunde dem Unternehmen diese Geschichte und damit das Produkt ab. Was für die Wirtschaft gilt, gilt leider auch für viele Journalisten. Viele Journalisten sind Freiberufler und gleichzeitig als Werbetexter tätig. Das ist legitim. Man sollte Journalismus und Werbung nur trennen können. Kann das ein Jean Peters? So heißt der Hauptautor der Correctiv-Recherche.
 „Ich entwickle Aktionen und erfinde Geschichten, mit denen ich in das politische und ökonomische Geschehen interveniere.“ [7]
Als Geschichtenerfinder, als Storyteller, bewirbt Jean Peters auf seiner Homepage seine Dienstleistung. Er bewarb müsste es mittlerweile heißen. Als das nach dem Artikel von Correctiv an die Öffentlichkeit drang, löschte Peters diesen Passus. Doch zurück zum Video und zu den Machern von „Oma, was war nochmal in Deutschland?“ Es handelt sich um die Produktionsfirma „Ponywurst“ [8]. Bei den Produzenten des Videos handelt es sich ebenfalls um Geschichtenerfinder. Wie Peters geben sie das freimütig zu.
„PONYWURST vereint kreative Köpfe, Storytelling-Experten und innovative Technologie wie generative künstliche Intelligenz und Video-Expertise.“
Als Zuschauer, Leser und Kunde können Sie die Geschichten der Geschichtenerfinder glauben oder nicht. Wie das Produkt eines Unternehmens können Sie also die politische Botschaft der Story dem Storyteller abkaufen oder es lassen. Nur sollte man sich bewusst sein, dass es hier nicht um Journalismus geht sondern um das Erzählen einer Geschichte. Relotius!

Co-Produzenten, Sprecher und weitere Akteure
Neben Ponywurst Productions, neben den Machern des Videos Andreas O. Loff, Behzad Karim Khani & Christian Suhr, lohnt sich ein Blick auf die Sprecher und Co-Produzenten des Films. Es handelt sich um Comedians wie Atze Schröder, Luke Mockridge, Micky Beisenherz oder Ingmar Stadelmann. Sie sind aus dem TV bekannt und dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Es handelt sich um selbsternannte Kämpfer gegen die AfD, um Künstler, die auch bei anderen politischen Fragen nicht negativ durch Kritik am woken Zeitgeist auffallen. Daneben tauchen Familiennamen auf, als Medienpartner die Hamburger MOPO, außerdem diverse Firmen. Unter den Unterstützern sind Unternehmensberatungen, Künstler- und Werbeagenturen, selbst ein Online-Shop für Sport- und Diäternährung befindet sich unter den Co-Produzenten [9]. Besagte Einzelpersonen und Firmen werden kaum gestalterisch an der Produktion beteiligt gewesen sein. Sie bewerben den Film mit ihrem Namen. Ob Gelder geflossen sind, wer das Projekt initiiert und finanziert hat, ob es gar aus reinem Idealismus für eine vermeintlich gute Sache von Ponywurst Production selbst gestemmt wurde, bleibt unklar. Ein Name sticht unter den Mitwirkenden heraus. Florence Gaub. Sie fungiert im Video-Clip als Nachrichtensprecherin [10, 11]. Gaub ist im realen Leben als Forschungsdirektorin der Nato-Militärakademie in Rom und sogenannte Zukunftsforscherin ein gern gesehener Expertengast in TV-Talkshows. Gern gesehen wird Florence Gaub auch als Speaker und Moderatorin auf der Münchner Sicherheitskonferenz und dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Die prominente Gaub konnte für das Projekt, das von der NZZ als „plumpe Propaganda“ analysiert wurde, gewonnen werden.

Widersprüche und Ironien des Films
Bemerkenswert sind die Widersprüche und Ironien des Films. Drastischer ausgedrückt: Die Macher des Films beschreiben in der Dystopie ihr eigenes Verhalten. Ponywurst Production warnt vor der Zukunftswelt eines zensierten Internets. Sie selbst deaktivieren die Kommentarfunktion unter dem Clip. Kritik ist also unerwünscht. Der Film warnt vor einer Zukunftswelt, in welcher die AfD andere Parteien verbieten möchte. In der Gegenwart sind es die anderen Parteien, die die AfD verbieten möchten. Der Film warnt vor einem ideologischen Einheitsbrei im deutschen Fernsehen. Das ist der Hauptkritikpunkt am öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Jahr 2024, nicht im Jahr 2060. Es werden Ängste geschürt vor einem wirtschaftlich kaputten Deutschland. Auch hierfür reicht ein Blick aus dem Fenster. Dafür muss man nicht die in die Glaskugel einer weit entfernten Zukunft schauen.

Der Blick über den Tellerrand
Vielleicht haben Sie das Interview von Markus Langemann mit dem Juristen Dr. Ulrich Vosgerau gesehen [12], einem Teilnehmer der als Geheimtreffen geframten Correctiv-Geschichte. Vosgerau sprach über die Schwierigkeiten, Correctiv juristisch zu belangen. Es sei gerade das Unkonkrete, das Vage, die Unterstellungen & das Arbeiten mit Suggestion, das es so schwierig mache, Correctiv für ihren diffamierenden Artikel zu belangen. Deportationspläne? Das haben wir so nicht explizit gesagt. Wir haben es nur vermutet, interpretiert und außerdem haben wir das, was wir nicht gesagt haben, gelöscht.
So sah in etwa die Verteidigungsstrategie von Correctiv aus. Auch dieses aktuelle Video arbeitet mit identischen Stilmitteln. Die AfD wird im Clip nicht namentlich erwähnt. Auch die gezeigten Personen erinnern nur bildhaft an AfD-Politiker. Es gibt einen Song, der dieses Stilmittel beschreibt. Das Lied ist geradezu eine Anleitung, wie man hart am juristischen Limit Grenzen auslotet und politisch missliebige Menschen im Konjunktiv attackiert. Das Lied heißt „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ und stammt aus der Feder von Danger Dan, bürgerlicher Name Daniel Pongratz. Der Refrain geht so:
Juristisch wär die Grauzone erreicht
Doch vor Gericht machte ich es mir wieder leicht
Zeig mich an und ich öffne einen Sekt
Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt

Beworben wurde das Lied von Jan Böhmermann. Es wurde in seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ uraufgeführt. Die Idee zum Lied kam Danger Dan bei einem Treffen in einem Salon, als er sich mit Gleichgesinnten traf. Ob es sich um ein Geheimtreffen handelte, entzieht sich meiner Kenntnis. Gesichert ist nur, wer ihn zum Schreiben des Textes inspirierte. Inspiriert wurde er von einem sehr guten Freund, einem ehemaligen WG-Partner. Sein bester Freund ist ein beruflicher Geschichtenerfinder. Er heißt zu Ende gedacht Jean Peters [13].

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6 Respuestas

  1. Dieser Viedeo-Clip erscheint mir einfach nur wie eine farce, die Vorstellung, dass irgendjemand den vermittelten Inhalt “glaubt” und sich damit eine propagandistische Wirkung entfaltet fällt mir sehr schwer. Aber vielleicht ist das nur meine Naivität, ich fühle mich jedenfalls langsam ganz schön karussell.

  2. BAUTZEN BLEIBT LEER

    Seit die AfD besteht,
    es um Argumente geht,
    mit denen wollen die Roten
    senken AfD-Wählerquoten.

    Doch Rotgrüne wie üblich brechen,
    was sie ihren Wählern versprechen,
    statt Argumente liefern sie nur
    Sudeledes Gehirnwäsche pur.

    Man kann es nicht verhehlen,
    könnten ganz einfach Wähler stehlen,
    würden sie statt zu hetzen,
    sich für Deutschland einsetzen.

    Jetzt, wo sie Macht besitzen,
    schau sie nur an ihre Spitzen,
    müssen im Bundestag hören,
    dass sie Deutschland zerstören.

    Werden dort Fakten vorgelegt,
    sind sie wie üblich harsch erregt,
    hört man, dass ihnen Anstand fehlt,
    und fragt: Wer hat die bloß gewählt?

    Wollen spielen die erste Geige.
    Argumente? – Fehlanzeige.
    Alles, was ihnen nicht genehm,
    bezeichnen sie als rechtsextrem.

    Weil sinken ihre Wählerquoten,
    drohen jetzt mit Parteiverboten.
    Im Osten Deutschlands kennt man sie,
    nannten das gar Demokratie.

    Ginge es nach ihrem Willen,
    würden sie wieder Bautzen füllen.
    Nichts hassen Linksparteien mehr
    als jene, die da denken quer,
    doch Bautzen bleibt leer.

  3. Gab es nicht schon diese Art von “story telling” vor ca. 84 Jahren? Mir fällt da ein Film von Veit Harlan ein!

  4. Selten so gelacht ,,, Die Dummheit richtet sich immer selber ,,, Den Film sollte man im Abendprogramm von ARD und ZDF ausstrahlen ,,, unbedingt! Es ist ein politischer Lehrfilm erster Güte. Wer jetzt noch nicht weiß, wes Geistes Kind unsere zukünftige Elite ist, der hat danach keine Ausrede mehr!

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