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Clothing is politics.

Kommentar von Markus Langemann
Es geht hier nicht um das Offensichtliche. Es geht nicht um Uniformen, Palästinersertücher, Mao-Jacken und fischersche Turnschuhe im Bundestag. 
 
Kleidung signalisiert Zugehörigkeit oder Abgrenzung. Kleidung ist nicht nur ein Mode-Statement. Kleidung ist auch Politik. Das war sie in der Vergangenheit. Das ist sie heute. 
Kleidung ist vielmehr als nur modische Oberfläche. 
In diesen Zeiten wirkt sie gar wie eine subtile normative Kraft für unsere neo-totalitären Gesellschaftszüge.
 

Ich habe mich in diesen Tagen mit einer Mitarbeiterin von Ed.Meier in München unterhalten, dem ehemaligen königlich bayerischen Hoflieferanten. Bei einem gereichten Glas Wiskey und einer Anprobe des edlen Schuhwerks berichtete sie mir von ihren Erfahrungen in und nach der sogenannten Pandemie im Laden in der Brienner Straße in München. 

Mit echtem Bedauern in der Stimme und einem ebensolchen Blick sprach sie von der rasanten Veränderung in der Bekleidung der Menschen. Spätestens seit man Konferenzen auch ohne Hose vom Küchentisch aus wegzoomen kann, haben Ganzkörper-Jogginghosen-Zeitgenossen Hochkonjunktur. Und damit tatsächlich die Kontrolle über ihr Leben verloren, wie es Mode-Karl einst auf den Punkt brachte.

„Seht nur in die hilflosen und leeren Augen der Werktätigen“ möchte man rufen.

Anzüge und maßvolle wie maßgeschneiderte Bekleidung verließen selbst dort, wo sie noch geschätzt wurden, den Kleiderschrank und fristen nur bestenfalls im letzten Winkel noch  ein elendiges Unbeachtetwerden. 

Schlabbermasse ersetzt Bekleidungsklasse. Auf Straßen und in Büros.

Schneiderfinessen, edle Handwerkskunst und stilvolle Beratung werden durch billige Fast-Fashion ersetzt. Der Geist von IKEAnischer Komplettkonformität auf dem Niveau der Pressspahnwohnkultur hält auch in Kleiderschrank und Boudoir Einzug. 

Eine logische Konsequenz des gerade gefeierten „2-D-Laptop-Talking-Heads“ in der Geschäfts- und der Privatwelt. Es ist die „Road To Nowhere“ halt, wie es David Byrne von den 3-D-Talking Heads formulierte – der damit einen Song schreiben wollte, „der einen resignierten, ja sogar fröhlichen Blick auf den Untergang wirft“. 

Ist ihm gelungen, denke ich, sinnierend über die ästhetische „Verunreinigung“ der Umwelt durch die Kleidung der Ist-jetzt-auch-schon-wurscht-Mitmenschen. 

Der Vormarsch der Gleichgültigkeit ist so allumfassend. In der Kleidung wie in den Köpfen. Das Außen spiegelt halt nur das Innen.

„Alle Mann zu Hause bleiben! Grundrechte bekommt ihr übermorgen erst wieder.“ 

Egal. 

„Alle mal herkommen! Wir müssen euch eine App implantieren.“ 

Na gut.

„Alle Achtung! Bargeld gibt’s in diesem Leben nicht mehr.“ 

Geil!

„Alle Augen nach links! Da stehen die Guten. Hier auf dieser Seite sind die Bösen. Ist das klar?“

Ja, natürlich.

„Alle vor die Stuben treten! Ab heute das Zeug hier anziehen. Alle Mann.“ 

Okay.

Zurück aus der Cancel-Kaserne in den Hort der Bekleidungskultur. 

Einen Ort der feinen Stoffe, der Exzellenz in München. So trug also die leidenschaftliche Verkäuferin einen Trauerflor in ihrer Stimme. Sie hatte mein vollstes Mitgefühl. Diese kulturelle Verarmung in Kleiderfragen ist nur ein weiterer Prozess in der komplexen politisch-gesellschaftlichen Transformation. 

Der unaufmerksame, auf dem Peloton strampelnde Zeitgenosse mag es nicht merken. Aber auch seine Uhr tickt. Die Transformation ist nicht nur die unsrige, die jener Menschen, die sensibel und sachlich genug sind, sie zu erkennen und zu formulieren. 

Es ist eine allumfassende gesellschaftliche Erosion. Es ist auch und gerade eine Erosion unserer errungenen Werte seit der Aufklärung.

Nein, es ist kein organischer Wandel, wie es ihn schon immer gegeben hat. Es ist ein Umbau von wenigen für alle. 

Und die Gleichgültigkeit – nicht nur in den hier exemplarisch beschriebenen Kleidungsfragen – ist das Schlimmste. So schreibt auch Stéphane Hessel in seiner Streitschrift „Empört Euch!“.

Ja, die Welt ist groß, wir spüren die Interdependenzen, leben in Kreuz-und-quer-Verbindungen wie noch nie, wie Hessel es formuliert.

Man muss nicht alles von ihm in der Schrift Formulierte teilen, aber man darf es nicht ungelesen und unbedacht lassen. 

Empört euch!

Ich möchte hinzufügen: 

Empowered euch! Bitte.

Kleidung ist mehr als das Bedecken von primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen. Kleidung  ist ein Statement – auch ein politisches. 

Lasst uns deshalb zur Klasse zurückkehren.

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23 Responses

  1. Man nehme sich, was Mode angelangt, ein Beispiel an England oder Italien. Was dei über uns Deutsche hinsichtlich Mode denken, möchte ich hier nicht wiedergeben. Dort wird immer noch sehr viel Wert auf ein gepflegtes, modisches Äussere gelegt, und das nicht nur als Business-Mensch. Und ich finde das auch gut so. Man fühlt sich als ordentlich und gut gekleideter Mensch einfach rundum besser (nicht zu verwechseln mit “als was Besseres”)!

  2. Danke für diesen Artikel. Meine Mutter geb. 1926 war gelernte Schuhverkäuferin mit Leib und Seele. Turnschuhe gab es für meinen Bruder und mich nur für den Sport. Ich habe von meiner Mutter u.a. gelernt, den Leuten auf die Schuhe zu schauen und auf die Hände. Wenn ich heute durch die Stadt gehe, sehe ich nur noch wenige Menschen, die schöne Lederschuhe tragen. Die meisten tragen billige Turnschuhe, gekauft zu völlig überhöhten Preisen. Ich habe noch hochwertige Lederschuhe, die über 20 Jahre halten und immer noch Form bewahren.

    1. Das ist doch nachvollziehbar. Mit dem Ende der Schuh- und Textilindustrie in Deutschland gab es einen Qualitätseinbruch. Flog man nach Fern-Ost, konnte man sich einen Seidenanzug anmessen lassen, der bei der Landung dann fertig bereit lag. Und das alles für kleines Geld. Fast geschenkt und 100%ig reine Seide. Andererseits wurde jedes Jahr ein neuer Schrei durchs Establishment der Schickeria gejagt. Qualität erfordert Langlebigkeit, sonst kann sich das der Normalo nicht mehr leisten. Und die Massenfertigung verträgt keine textile Langlebigkeit. Ende der 50iger Jahre ließ sich mein Vater 4 Anzüge anmessen. Bester Stoff und richtig teuer. Die wollte er sein Leben lang tragen. Dann kamen die Modezyklen in immer schnelleren Folge und Qualität war weniger geachtet als der letzte Schrei. Innerhalb eines Jahrzehnts gab es keine Schneider mehr. Das betraf auch die Schuhe. Und heute! Wir befinden uns in einer Bottom – Up Situation in Kultur und Zivilisation. Zu Zeiten des Reiches verbreiteten sich Kultur, Zivilisation und der Gebrauch guter Sitten aus den oberen Klassen zeitverzögert durch die Klassen nach unten. Wunderbar dargestellt in dem Buch “Über den Prozeß der Zivilisation”. Heute hat sich das um 180 Grad gedreht. So ziehen sich die Frauen heute wie Nutten an, sogar schlimmer und geschmackloser.(schwarzer BH unter weißer Bluse, oder Risse in den Jeans) und unsere Sprach wird fäkularisiert durch all Schichten der Gesellschaft. Gründe gibt es viele. Wege zurück eher nicht.

  3. Als ‘Stoff affiner’ Arbeitnehmer in der Bekleidungsbranche, viele Jahre später dann selbständig, beobachtete ich mit Grauen – ja, mit Grauen -, was sich da 1989 an der ostdeutschen Grenze abspielte; wohl wissend, dass ‘unser Unternehmen’ palettenweise Power- und Moon-wash-Jeans in die (Ex)DDR und an sämtliche Aafes Europe Standorte verhökert hatten.

    Von daher ist Kleidung (für mich) untrennbar von Politik = Gesellschaftslehre, wie sich ja im Anschluss der Wiedervereinigung gezeigt hat: Scharen schlecht gekleideter Menschen besuchten ‘den Westen’, um schließlich von diesem aufgesogen zu werden.
    Begrüßungsgeld: 100,– Deutsche Mark. Genug, um sich noch eine Power-wash anzutun und weiße Sneakers. Diesmal aus’ m Westen.

    Nun, meine Stoffe- und Stil-Affinität wurde dann innerhalb eines doch überschaubaren Zeitfensters sukzessive eingedämmt, und zwar so sehr, dass ich keine Schuhe mehr im Lieblingsgeschäft auf der Kö, Valentino’ s, kaufen konnte, und auch die übrige Kleidung meinen (mittlerweile unfreiwillig erreichten) Status widerspiegelte.
    Arm, aber sexy?
    Geiz macht geil?

    Pfff. Ich will eigentlich nur eines: diese Wehmut nicht mehr spüren, wieder richtiges, gut gefärbtes Leder riechen können, Baumwoll- Leinen- und Seidenstoffe wieder berühren (und vielleicht sogar wieder tragen) können.

    Mich deucht, das wird nichts. Werde mich mittels appeasement hier irgendwie durchschlagen müssen.
    Solidarität heucheln mit … allem und jedem.

    Dankeschön für das Revival.

  4. Sehr schöner Beitrag und sehr interessante Kommentare!
    Ich bin eine Frau aus der Arbeiterklasse ( Tischlerin ) und der feine Zwirn wird nur an hohen Feiertagen oder sonstigen würdigen Anlässen angelegt. Ich gehe morgens mit Arbeitskleidung aus dem Haus und komme natürlich am Nachmittag so wieder nach Hause. Stehe ich in der Mittagspause an der Supermarktkasse um mir was zum Essen zu holen, bemerke ich die Blicke auf meine Person und meine, oftmals nicht saubere Arbeitskleidung. Und mit meiner Flasche Wasser und der Brötchentüte warte ich dann geduldig hinter geschmackvoll gekleideten Menschen mit ihren gut gefüllten Einkaufswägen!
    Grundsätzlich gilt aber für mich: Jogginghosen niemals!!! Auch Menschen meines Standes haben Stil und Anstand.

  5. Ja das Homeoffice nagt weiter an unserer Kultur, dafür sind wir nun Regenbogen bunt, haben aber unseren Stil und unsere Eleganz verloren. Halt nein, dies bleibt einer Elite vorbehalten, damit auch ja ein Unterschied erkennbar ist.
    Wenn uns bald die Heizung und die Lichter ausgehen, wird sicherlich auch der letzte merken, Ideologie ernährt niemanden.

  6. …Kleider machen Leute…und: des Kaisers neue Kleider…
    Der Großvater kam (im Unterhemd) von einer Bergtour und bestellte einen Kaffee…”hier ist Kravattenzwang”…er ging nach Hause, band sich wie er war, eine Kravatte um und ging wieder hin. Man mußte ihm seinen Kaffee bringen…
    Ich sehe Menschen im feinen Zwirn und lackierten Nägeln, wo Gummistiefel angemessen wären…auch das ist falsche Kleidung. Ich sehe die Außenministerin und stelle fest: unsäglich eitel.
    Der Joggingzwirn und das allgemeine sich-gehen-lassen ist unerträglich – ja. Aber auch der Kaiser kann einem mit Pech in Unterwäsche begegnen. Sinn für Stil und Eleganz? Unbedingt! Selbstdisziplin im Äußeren? Ist Kultur. Aber dauernd overdresst ist chickimicky doch neureich und auch nicht zu gebrauchen…

  7. Vielen Dank für diesen Artikel. So ist es. Alles ist Energie und Kleidung sicherlich bei Vielen voll von unbewusster Aussage, sodass Kleidung über dem politischen Statement hinaus die Mitmenschen über die komplexe Geisteshaltung informiert. Der Sinn von Farbharmonien scheint dabei oft völlig vergessen. Man tut also nicht nur für sich etwas Gutes, wenn man sich bedacht kleidet, sondern hat die Macht anderen Menschen an Harmonie zu erinnern. Ein harmonisches Äußeres ist wohltuend für alle, die sich einen Zugang zur Schöpfung bewahrt haben. Wenn wir durch eine ausgewählte achtsam produzierte, hochwertige Naturgarn- Bekleidung JA zum Leben sagen, stärken wir nicht nur die Natur im Umfeld, sondern stärken die Wahrhaftigkeit.

  8. Wenn man den „Aufstand der Massen“ von Ortega y Gasset liest, begreift man viel schneller, was hier gerade passiert.

  9. tja… 12 Millionen an und unter der Armutsgrenze, 2 Millionen verarmten Kindern, sieht man deren *Herkunft* schon äußerlich an –
    für mich als Armutsrentner bleibt der Rot-Kreuz-Laden für Kleidung –
    und es ist immer noch der *Kerl* der in der Kleidung steckt, nicht die Kleidung selbst –
    ich trage sehr gerne die sehr bequeme und verschleißfeste, sehr praktische und Bewegungsfreiheit gebende Militärkleidung – bin aber trotzdem Pazifist.

  10. Gute Kleidung muss nicht zwingend teuer sein, vielmehr soll sie die Persönlichkeit der Tragenden ( ich hoffe, das ist richtig gegendert ) widerspiegeln. Sich äußerlich gehen zu lassen, ist der sichtbare, äußere Beweis eines zunehmenden Verlustes der eigenen Identität und ein stoisches Verharren in der eigenen Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit, die von der Politik und den heutzutage leicht zugänglichen Medien gefördert wird. Der Gipfel der Geschmacklosigkeit bildet jedoch das ” Bildungsfernsehen ” der privaten Fernsehsender mit ihren billig aufgemachten Realityshows. Die äußere Erscheinung scheint sich dieser Niveaulosigkeit bestens anzupassen. Kein Wunder, dass der Therapiebedarf, auch bei zunehmend jüngeren Menschen steil angestiegen ist.

  11. Kleidung diente mal -neben der reinen Zweckmäßigkeit-dazu, Positives im Körperbau besonders zu betonen, nicht so Positives gekonnt zu kaschieren. Dazu brauchte es nicht unbedingt einen dicken Geldbeutel, aber etwas Geschmack und Sinn für Ästhetik und überhaupt für Schönes. Die großen Modeschöpfer waren deshalb so erfolgreich, weil sie die Optimierungskunst hervorragend verstanden. Gute Kleidung hatte auch immer etwas Erotisches, sie war niemals ordinär, ließ Platz für Phantasie aller Art und weckte beim Gegenüber-damals häufig noch gegengeschlechtlich……..-eben die Lust am Auspacken der Gutgekleideten….Das ließ dann schon nach in den heutigen Zeiten schwindender Scham, in denen man seine Körperlichkeit, auch-oder vor allem?-die unschönste, seinem Gegenüber gnadenlos aufs Auge drückte: Friss oder stirb. Die Erotik verschwand im allgemeinen Körperlustgeschrei. Wie sagte ein DDR-Schriftsteller nach der Wende: An jeder Leipziger Bus-Haltestelle war mehr Erotik als in einem Beate Uhse-Shop.Heute ist nackig das neue angezogen. Die dicksten Pos und Bäuche werden in engste Behältnisse gepresst mit dadurch oft grotesk zur Schau gestellten sekundären Geschlechtsmerkmalen oder in unsäglichem Geschlabber unisex dreist herumgetragen. Das nennt sich dann Body-Positivity. Bei Sigmund Freud las sich das so: Der Verlust von Scham ist das erste Anzeichen von Schwachsinn…Karl Lagerfeld auf seiner rosa Wolke hoch oben, umgeben von den schönsten Engeln, die er auf das Feinste bekleiden darf, schaut wohl mit Grausen auf das unästhetische Treiben und die Vergötterung des Hässlichen -nicht nur in der Bekleidung, auch in der Kunst, im Umgang, in den Beziehungen usw.- dort unten.

    1. Vielen Dank für diese Worte! Wenn es nicht so ernst wäre, wäre es durchaus noch mehr amüsant! Schwachsinn ist aktuell leider auch ein Trend und wird gefeiert. Schön angezogen lässt es sich jedoch besser ertragen.

      Und ja..für alle anderen, die gleich aufschreien möchten: gut angezogen kann man auch im Low-Budget sein.

  12. “Das große Egal”, ein Essay von Antje Hermenau , sehr lesenswwert, zeigt sich nicht nur in der Politik und im Umgang miteinander, auch im Kleidungsstil.

  13. “Das große Egal” ein Essay von Antje Hermenau, sehr lesenswert, zeigt sich nicht nur in der Politik, auch in unserem Umgang miteinander und am Ende auch im Kleidungsstil.

  14. Ein Spruch, der früher über meinem Nàhtisch hing…
    Ich lasse einen breiten Rand für meinen Alltag,
    einen feinen Saum für meine Seele.
    Lasse luftige Weiten in den Engen meiner Lebensabschnitte.
    Bin meinem Kleidern um Làngen vorraus.

    Die Art wie wir uns kleiden, ist ein, wie ich finde, wesentlicher Bestandteil unsere Identität und auch unseres täglichen Verhaltens…,,kleine Alltagspolitik,,.
    Ich habe als sechsfache Mutter nähen lernen wollen, ähm müssen.
    Bunte Stoffe, Stoffreste, Gummizüge, Schleifen waren nicht mehr weg zu denken…und Nächte durchzogen vom raddern meiner Pfaff, mit Keilriemen und zum treten aus Omas Zeiten. Damit konnte man auch die Lederhosen der Jungs gut nähen und reparieren.
    Meine Kinder liebten die Eigenkreationen und Farbkombinationen.
    Es war nicht teuer aber sehr wertvoll.

  15. Spannendes Thema, bei dem ich gespalten bin. Einserseits sehe ich es wie Frau Franke. Mir sind im Leben schon Menschen in Lumpen begegnet, die mehr Stil hatten als andere im feinsten Zwirn. Und die Tiefe des jeweiligen Geldbeutels spielt sicher auch eine Rolle bei der Kleiderwahl.
    Andererseits verstehe ich Herr Langemann. Es geht um Geschmack. Selbstwert, “sich selbst etwas Wert sein” hat ja nicht nur etwas mit dem Portemonnaie zu tun. Gesellschaftlich scheint sich eine Art Apathie und Fatalismus breitzumachen, das Gefühl von “Komm ich heut nicht, komm ich morgen”. Vielleicht ist das auch eine Antwort auf die politischen und medialen Zustände im besten Deutschland aller Zeiten, eine Resignation nach dem Motto “die machen doch eh, was Sie wollen”.
    Vermutlich kennt das fast jeder Mann und jede Frau aus melancholischen oder depressiven Momenten. Zu Hause aufräumen, sich frisch rasieren, sich schminken, sich adrett anziehen wird dann auf einmal anstrengend und schwierig, weil es bedeutungslos erscheint, weil man sich selbst bedeutungslos fühlt. Es sollte nur nicht zu einem Dauerzustand werden. Gut ist, wenn man dann einen Partner oder guten Freund hat, der einem in den Allerwertesten tritt und sagt “Lass dich nicht so gehen”.
    P.S.: Als ich zur Schule gegangen bin, trugen die Lehrer zum größten Teil Anzug und Krawatte. Um zu rebellieren, lief ich rum wie ein Punk. Heute würde ich als Schüler eine Krawatte tragen, nur um anders auszusehen als die Lehrer.

  16. Hallo Herr Langemann, wie recht Sie doch haben. Obgleich Mein Credo bei der Kleiderwahl immer ist, es kommt nicht auf den Preis an, sondern auf die Trägerin! Nun bin ich ja seit Mittlerweile 9 Monaten im Krankenstand und hab mir auch einen Ranzen angefressen. Den ich dann hoffentlich bei wieder besserer Beweglichkeit abtrainiert bekomme. Aber es ist so wahr was Sie da sagen. Die Welt ist so Uniform geworden, nicht erst seit Corona, das begann viel früher mit Deichmann, Takko, KIK und wie sie alle heißen. Deshalb genoss ich es durchaus in meinen Urlauben mal durch die Boutiquen in z. B. Italien zu schlendern. Ein wahrer Hochgenuss.

  17. Genialer Artikel, Werte die meine “böse Boomer-Generation” quasi mit der Muttermilch bekommen hat, bröckeln nach und nach weg. Anfangs hat es kaum jemand gemerkt, mir wurde der Vogel gezeigt, doch im Außen ist es jetzt für alle sichtbar!
    Vor Jahren gab es einen Artikel im der”Apotheken-Rundschau” ordentlich frisierte Frauen und Kinder mit Zöpfen sei Na*i. Schade dass diese Gesellschaft ihre Werte und Grundrechte die von unseren Ahnen so hat erkämpft wurden, so verschleudert

  18. Leider ist das Straßenbild schon eine ganze Zeit von diesem Anblick geprägt: Frauen in Säcken, wahlweise auch Männer, ist ja egal, wir tragen unisex. Hin und wieder ein Lichblick- elegante Damen und Herren. Damen in Rock und Bluse, hübsch zurecht gemacht. Herren im Anzug und ordentlichen italienischen Schuhen. Viel zu selten. Seufz! Im Homeoffice hat man sich einen Ranzen angefressen, die Körperhaltung lässt auch zu Wünschen übrig. Wie praktisch sind die Säcke doch!
    Ich bleibe bei der Kleidung, die mich als Frau identifiziert. Huch! Ist das noch erlaubt?

  19. Das mit der Kleidung ist so eine Sache in der heutigen, bunt durcheinander gewürfelten Gesellschaft.
    Jeder, der sich schon mal die Novelle “Kleider machen Leute” von Gottfried Keller zu Gemüte geführt hat,
    wird unschwer feststellen, daß es sehr viele Wenzel Strapinski’s gibt und eine Unterscheidung bezüglich
    Kleiderordnung schier unmöglich ist. Ich durfte in meinem Leben viele, sehr teuer und gut gekleidete Menschen
    mit erbärmlichem Charakter kennenlernen.
    Deshalb liegt mein Augenmerk mittlerweile mehr auf den “Inneren Werten”. Da darf es dann auch gerne mal
    eine Jogginghose sein.
    Wobei ich mit Stil und Nieveau gekleidete Menschen durchaus schätze.

  20. Herr Langemann und liebe Verkäuferin,

    leider haben Sie soo recht.

    Mit Hochachtung

    H.-J. Niemann

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