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Pride

by Peter Löcke //

Stolz. Ist Stolz ein edler Charakterzug oder eine menschliche Schwäche? Das ist kompliziert. Das hängt davon ab, worauf Sie als Mensch stolz sind und woran Sie glauben. Es ist sogar davon abhängig, in welcher Sprache Sie das Wort verwenden. Pride sein ist gut. Stolz sein ist böse.

Felix Kalu Nmecha ist ein 22-jähriger Fußballprofi und außerdem ein 30 Millionen Euro schwerer Neueinkauf von Borussia Dortmund. Oberflächlich betrachtet steht Nmecha nicht im Verdacht ein radikal intoleranter Mensch zu sein. Schließlich hat der Sohn einer deutschen Mutter und nigerianischen Vaters eine dunkle Hautfarbe, lebte zudem lange in England. Nur ist Nmecha auch ein streng gläubiger Christ. Dieser Umstand und das Teilen zweier LGBTQ-kritischer Instagram-Posts wurden dem kickenden Millionär zum Verhängnis. Ein solches Verhalten sei homophob, transphob, queerfeindlich. Nmechas Handeln aus religiöser Überzeugung war für die religiöse Toleranzbewegung nicht tolerierbar. Für den neuen Arbeitgeber stellte der Sündenfall des kickenden Christen ein Image-Problem dar. Ist das Teilen von zwei umstrittenen Tweets mit dem Wertekanon des BVB zu vereinbaren? Die BVB Aktiengesellschaft sorgte vor. Sollte Felix Nmecha zukünftig ein digitales Herzchen an falscher Stelle platzieren, drohen empfindlich hohe Vertragsstrafen. So pfeifen es die journalistischen Spatzen von allen Mediendächern.

Zum besseren Verständnis: Warum hat der gläubige Christ Felix Nmecha ein Problem mit der queeren Pride-Bewegung? Zum einen glaubt der Fußballprofi doch tatsächlich, dass es nur zwei Geschlechter gibt. Der andere Grund scheint noch wichtiger. Streng gläubige Christen gehen von sieben Todsünden aus. Das kann man belächeln oder auch nicht. Es ist ihr Glauben, den ich toleriere. Eine dieser Todsünden heißt auf Deutsch Hochmut. Gemeint ist die menschliche Hybris, die menschliche Eitelkeit, die im schlimmsten Fall zu Narzissmus und Größenwahn führt. Auf Englisch heißt diese Todsünde Pride.

Nun gut. Der Fußballer Nmecha wird intelligent genug sein, ab sofort außerhalb des Platzes Finger wie Füße still zu halten. Wenn er dann auf dem Platz seine Füße bewegt und das erste Tor für seinen neuen Arbeitgeber schießt, wird Felix, der Glückliche, das Vereinslogo küssen. Dann werden unter lautem Jubel tausende Fahnen geschwenkt. In dem Fall ein Meer aus schwarzgelben Fahnen und Flaggen. Das hat auch etwas Religiöses.

Apropos Fahnen und Flaggen. Fällt Ihnen das genauso auf wie mir? Auf Dächern und Marktplätzen, vor Rathäusern und Baumärkten, im Einkaufszentrum wie im kleinen Lädchen – immer mehr Regenbogenfahnen, nicht nur im stolzen Monat. Pardon. Ich meinte natürlich im Pride Month. Auch Verteidigungsminister Boris Pistorius hisste in der vergangenen Woche als vermutlich letzter deutscher Minister die Regenbogenflagge. Herr Pistorius war spät dran. Immerhin trug er dabei keine Regenbogenbinde wie einst Nancy Faeser in Katar.

Ich versuche mich zu zügeln. Vielleicht bin ich zu streng in meinem Urteil. Schließlich handelt es sich bei LGBTQ um eine Toleranzbewegung. Eine Bewegung, die sich im Kampf gegen jede Form von Ungerechtigkeit und Faschismus sieht. Nie wieder soll es Bilder geben wie vor neunzig Jahren. Diese schlimmen Bilder, als Deutschland einheitlich beflaggt wurde und viele Menschen Armbinden trugen. Um das zu verhindern, braucht es noch mehr einheitliche Regenbogenflaggen und noch mehr Armbinden gegen Faschismus.

Nun zügel ich mich wirklich. Leider bin ich weder pride noch stolz. Ich bin wenig religiös. Dafür bin ich zu oft im Leben vom Glauben abgefallen. Ich schwenke also weder eine Regenbogenflagge noch trage ich wie Felix Nmecha ein Kreuz. Gibt es wirklich sieben Todsünden und ist Hochmut eine davon? Das weiß ich nicht. Was ich jedoch weiß, ist: Hochmut kommt vor dem Fall. Hochmut kommt stets vor dem Fall.

Ein seltsamer Fall ereignete sich in der vergangenen Woche vor dem Rathaus im sächsischen Pirna. Unbekannte Täter haben über Nacht eine Regenbogenfahne sowie eine Transgenderfahne abgerissen und gestohlen. Das kritisiere ich wie ich jede Form von Vandalismus kritisiere. Dennoch wundere ich mich. Der Staatsschutz wurde eingeschaltet. Beim Entfernen einer Regenbogenflagge scheint es sich im besten Deutschland aller Zeiten um eine staatliche Todsünde zu handeln. Felix Nmecha hat das nicht auf Instagram kommentiert. Kluger Mann. Ich bin stolz auf Felix Nmecha.

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7 Responses

  1. So wie in zarter Wolke sich erheben
    Zwei Regenbögen mit der gleichen Farbe.
    Wenn Juno ihrer Magt es anbefohlen,
    und aus dem Innern sich das Äußre löset.
    (Dante)
    Wie Dante und Vergil befinden wir uns auf der Fahrt durch die Hölle.
    Leseempfehlung: Die göttliche Komödie
    Jedes Zeitalter muss sich wohl auf den Weg durch die Hölle machen. Schade, dass es uns gerade nach der kurzen schönen Pause wieder mal erwischt hat. Nun wäre es an der Zeit aus erfahrener Geschichte unseren Kindern den Weg durch die Hölle zu ersparen. Wenn wir das könnten, wären wir echte Helden.

  2. Machen wir diesen Sinnlosigkeiten nicht den Weg frei, indem wir uns immer wieder daran reiben? Die Eiche kümmert es nicht, wenn sich ein wie immer geartetes Wesen an ihren Wurzeln reibt, ist es nicht so? Wo ist denn die politische Basis dieser Leute? Was sagen denn die vielleicht sogar manipulierten Umfragen? Es interessiert niemanden. Punkt. In unserer Gesellschaft kann jeder seine Sexualität ausleben, solange er nicht Kinder oder Abhängige zum Objekt macht. Gut so. Das müssen nicht alle gut finden, es ist trotzdem gut. Jeder soll nach seiner Facon glücklich werden, sagte einst der Alte Fritz, der vielleicht auch kein einhundertprozentiger Hetero war, zweifelsohne war er eine der wichtigen und auch legendären Figuren in der europäischen Geschichte. Hatten wir alles schon.

  3. Ich teile die Meinung mit Felix Nmecha zu 100%! Ich finde dieses ganze LGBTQ Getöse nur noch zum Heulen, als hätten wir nicht genug andersweitige Probleme zu lösen als diese Themen? Nun unsere Politiker reiten ja gerne auf diesen Wellen wo die Menschen gemässigt und umerzogen werden können. Es ist nur noch peinlich!

  4. Wo heute Regenbogenfahnen im Winde wehen und bei Flaute schlaff nach unten hängen, da sah man im 3.Reich die Hakenkreuzflagge lustig flattern.

  5. Toleranz ist ein anderes Wort für Selbstverleugnung. Um sich selbst zu Verleugnen, bedarf es in den meisten Fällen einer Überzeugung oder Loyalität zu einem System. Aus dieser Loyalität, die ja nichts anderes bedeutet, als sich selbst mit irgendetwas gemein zu machen, worauf man keinen Einfluss ausüben will oder kann, aus dieser Loyalität filtriert sich eine Gruppenmoral. Wenn das System eine Ideologie ist, der sich selbst Verleugnende seiner Menschwerdung aus div. Gründen selbst im Wege steht und die Moral aus dem Schaffen von Feindbildern besteht, dann ist das Potenzial zur Selbstreflexion extrem niedrig und der Verstand als konservative Kraft bekommt den Status der AntiMoral. Wenn man nun als kritischer Geist annimmt, dass all die Probleme, die in diesem Land zur Spaltung beitragen (im Grunde sind alle Konflikte in, und um dieses Land von der Politik, den Medien und nachgelagerten Institutionen ja erst initiiert worden) erst von denen konstruiert wurden, die diese Probleme dazu nutzen, in wirrer Absicht, einen Großteil der Bevölkerung blind zu machen gegenüber Ursache und Wirkung, dann versteht man wohin diese Gegenwelt führen wird. Toleranz ist Selbst- und Fremdverstümmelung. Es wird nicht für Verständnis und mit Sympathie geworben, weil das Ziel dem Rationalen widerspricht, es wird Indoktriniert um zu selektieren. Wer nicht tolerant ist, ist Nazi. Wer die verschiedenen Ebenen dieses Systems (unabhängig davon, ob das nun dem Sozialismus, oder dem Faschismus ähnelt) analysiert, und sich nicht von dem ‘Allzu menschlichen’ verwirren lässt, dem zeigt sich ein Bild kollegtiver Unterwerfung. Eine Regenbogenflagge vor dem Baumarkt bedeutet: “Wir, der Globus Baumarkt XY in Hilbertsheim sagen Nein zur Evolutionstheorie, wir postulieren ein neues Denken über dem klassischen Verstand, wir zweifeln am Urknall, der Gravitation, und Zweigeschlechtlichkeit. Der Belegschaft ist die Naturphilosophie der Antike bis zu Giordano Bruno suspekt, und alle Erklärung zur Zivilisation eines Rousseaus oder Schopenhauers stehen wir gemeinsam in aller Kontroversität gegenüber.” Wenn sich hier nicht die geballte, unhinterfragte Loyalität gegenüber einer Ideologie manifestiert, wann dann?

  6. Das geht mir komplett auf die Nerven, als ob es nichts wichtigeres gibt als irgendwelche Fähnchen zu hissen. Menno das ist alles so irre. Ich liege hier mit meinem vorigen Donnerstag implantierten LP Shunt und aus allen Rohren wird man nur mit diesem Mist beballert. Ich frage mich wirklich ob ich eines Tages das Röhrchen aufmachen muss um endlich Frieden zu finden. Ich frag mich einfach nur noch wer sich diesen ganzen Blödsinn noch geben kann.

  7. Ein erbaulicher Artikel, ich habe herzhaft gelacht. Dafür mein DANKE und ein Herzchen.

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"Controversy is not an annoying evil, but a necessary prerequisite for the success of democracy." Federal President Dr. h.c. Joachim Gauck (ret.), only 5 years ago in his speech on the Day of the Basic Law.

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