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[RE]Discover Putin - His interviews

by Dr. Johanna Weber //

Das Putin-Interview von Tucker Carlson hat kürzlich hohe Wellen geschlagen [1, 2, 3]. Allerdings war dies zwar das erste Interview des russischen Präsidenten mit einem westlichen Journalisten seit Beginn der umstrittenen russischen Militäroperation in der Ukraine, es war jedoch längst nicht die einzige Gelegenheit, bei der sich Vladimir Putin zu internationalen Themen geäußert hatte. Zuvor gab es (u. a.) bereits:

Putins Bundestagsrede aus 2001 [4]

Putins Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz in 2007 [5]

Interview des deutschen Journalisten Schönenborn für den Sender Phoenix in 2013 [6] 

Die Putin-Interviews des US-amerikanischen Regisseurs Stone von 2015 – 2017  [7, 8, 9, 10]

Das Interview der Financial Times durch den Journalisten Lionel Barber aus 2019 [11]

Das Interview der NBC durch den Journalisten Keir Simmons aus 2021 [12]

Putin kam also relativ regelmäßig auch im Westen zu Wort. Man kann allerdings sagen: Niemand hörte ihm zu. Es ist deswegen an der Zeit, die Aussagen des russischen Präsidenten über die Zeit einer Analyse zu unterziehen – hat er laufend seine Meinung geändert, andauernd gelogen, sich unverständlich geäußert, oder gab es durchaus eine Art roten Faden und korrekte Äußerungen? Und gibt es eigentlich Unterschiede in der Politik zwischen Russland und beispielsweise Deutschland oder den USA? Um diese Fragen zu beantworten, ist es hilfreich, sich die oben genannten Reden und Interviews im Einzelnen anzusehen. In diesem Artikel soll es zunächst um die ersten drei Quellen [4, 5, 6] gehen sowie aus aktuellem Anlass Auszüge des NBC-Interviews aus 2021 [12]. In einem weiteren Artikel zum Thema folgt die Analyse der Putin-Interviews von Oliver Stone [7, 8, 9, 10], des Financial Times-Interviews [11], den restlichen Teilen des Interviews der NBC [12] und des aktuellen Interviews von Tucker Carlson [3].

In seiner Bundestagsrede vom 25. 09. 2001 [4] sagte Putin, er wünsche sich für Russland eine europäische Integration, die sowjetische Okkupationsideologie bezeichnete er als verderblich. Er lobte die niedrige Konzentration von Waffen in Mitteleuropa und dem Baltikum und nannte einen stabilen Frieden als russisches Hauptziel unter Erwähnung verschiedener Abrüstungsabkommen, u. a. START II. Zudem stellte er die Wichtigkeit des Kampfes gegen den Terrorismus heraus. Er bemängelte, dass es bisher keinen effektiven Mechanismus der Zusammenarbeit gäbe, Russland könne derzeit noch nicht bei der Vorbereitung von Beschlüssen mitwirken. Er forderte, man müsse sich gedanklich vom kalten Krieg verabschieden, es dürfe keine Trennlinien geben, sondern vielmehr ein Vertrauensklima und eine standfeste internationale Sicherheitsarchitektur. Das Hauptziel der Innenpolitik Russlands sei vor allem die Gewährleistung der demokratischen Rechte und der Freiheit, die Verbesserung des Lebensstandards und der Sicherheit des Volkes. Russland entwickelte sich laut Putin dynamisch und stand am Anfang des Aufbaus von Demokratie und Marktwirtschaft. Die politische Stabilität in Russland solle über Wirtschaftsfaktoren sichergestellt werden wie etwa ein liberales Steuersystem mit einer Einkommensteuer von 13 Prozent und einer Gewinnsteuer von 24 Prozent (dies spiegelt sich auch in den heutigen Steuersätzen wieder [30]). Er berichtete, dass das russische Wirtschaftswachstum in 2000 bei rund 8 % lag, im Haushalt 2002 stünden die Sozialausgaben an Platz 1, die Ausbildungsausgaben überträfen erstmals den Verteidigungshaushalt. Putin forderte in dieser Rede außerdem eine deutsch-russische Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaft [4]. Putins Aussagen zu den Kennzahlen der russischen Wirtschaft sind weitgehend korrekt, lediglich zu den Sozialausgaben waren keine Daten zu finden [30, 31, 32, 33].  Seine Kernaussagen in dieser Rede sind: In der Außenpolitik Integration, wirtschaftliche Zusammenarbeit, eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur sowie ein gemeinsamer Kampf gegen den Terrorismus und innenpolitisch Freiheit, Demokratie und eine Anhebung des Lebensstandards. 

In seiner Rede anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 forderte Putin nach wie vor Sicherheitsgarantien des Westens und eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur [13]. Die deutsche sowie US-amerikanische Regierung werteten dies als Aufforderung zum Dialog, die USA betonten, das US-Raketenabwehrsystem in Osteuropa sei nicht gegen Russland gerichtet [13]. Putin nannte erneut wirtschaftliche und politische Stabilität als Garanten für Sicherheit, und er forderte einen Dialog zwischen verschiedenen Kulturen. Sicherheit für einen sei Sicherheit für alle. Außerdem wünschte sich Putin eine multipolare Welt und keine, in der lediglich die USA den Ton angeben. Politische Fragen dürften nicht nach Zweckmäßigkeit und aktuellem politischen Klima gelöst werden, vielmehr müsse das Völkerrecht geachtet werden, denn wenn sich niemand sicher fühle, könne dies zu Wettrüsten führen. Eine instabile internationale Lage gefährde die Abrüstung. Die Balance zwischen den Interessen aller Teilnehmer des internationalen Dialogs müsse gesucht werden, der Einsatz von Gewalt solle eine Ausnahme sein und nicht ohne UN-Mandat erfolgen, keinesfalls dürfe die UNO durch EU oder NATO ersetzt werden. Russland hatte laut Putin bis 2012 weitere Abrüstungsziele auf dem Gebiet der Nuklearwaffen mit den USA vereinbart und sich strikt an den Atomwaffensperrvertrag gehalten, dies lässt sich auch belegen [35]. Er forderte hier ein Anreizsystem im Rahmen der Überwachung der Kernenergie auch für andere Staaten. Auf dem Gebiet der Kurz- und Mittelstreckenraketen würde sich leider laut Putin niemand außer Russland und den USA halten. Dies würde Russland dazu nötigen, über seine eigene Sicherheit nachzudenken. Auch heute, mehrere Jahre nach der Rede, halten sich nicht alle Staaten an die verschiedenen Waffenabkommen bzw. haben diese gar nicht erst ratifiziert; die Ukraine steht z. B. unter dem Verdacht, verbotene Streumunition eingesetzt zu haben [36]. Auf dem Gebiet der Weltraumsicherheit hat Russland einen Vorschlag erarbeitet und wartet auf Antwort der USA. Die Stationierung von Truppen in Randgebieten war zum Zeitpunkt der Konferenz in 2007 noch nicht klar geregelt. Die NATO forderte von Russland einen Rückzug aus Georgien und Moldawien, stationierte aber zeitgleich Truppen in Rumänien und Bulgarien, Russland wertete dies laut Putin als Provokation [13]. Auf dem Energiesektor sollten einheitliche Marktprinzipien und transparente Konditionen für alle geschaffen werden; 26 % des russischen Energiesektors seien in ausländischer Hand, Russland hätte allerdings leider keine solche Stellung in anderen Ländern. Entwicklungshilfe sei ebenfalls ein Unsicherheitsfaktor, sie sei an Unternehmen im Geberland gebunden, Hochtechnologieprodukte würden nicht an die Entwicklungsländer herausgegeben. In diesem Zusammenhang sah Putin Ungleichheit als die Ursache für Terrorismus und Konflikte.  Die OSZE sollte sich laut Putin in diesem Zusammenhang mit allen Aspekten der Sicherheit befassen: militärischen, politischen, wirtschaftlichen und humanitären, und ganz besonders mit dem Wechselverhältnis zwischen ihnen. Stattdessen würde die OSZE aber laut Putin zur Förderung der Außenpolitik einzelner Länder missbraucht. Er wünschte sich stattdessen Wohlstand für alle [13].

Auch hier sind seine Kernaussagen also wieder Stabilität durch wirtschaftliche Sicherheit weltweit, gegenseitige Sicherheitsgarantien und diese auch durch wirtschaftliche Verflechtungen, und auf dieser Grundlage dann eine internationale Abrüstung. Über die russische Innenpolitik hat Putin an dieser Stelle nicht gesprochen [13].

Von wem die OSZE zum Zeitpunkt der Rede ihr Geld erhalten hat, ist schwer zu sagen. In den Jahren nach der Rede wurde sie auf jeden Fall massiv von der Bill and Melinda Gates Foundation gefördert [37]. Die Stiftung unterhält verschiedene Projekte in Entwicklungsländern, darunter auch umstrittene Impfstoffstudien [38,39, 40]. Dies lässt tatsächlich Zweifel daran aufkommen, ob wirklich überall, wo Entwicklungshilfe draufsteht, auch Entwicklungshilfe enthalten ist.

Im Phoenix-Interview aus 2013 stellte Schönenborn Putin zunächst die Frage nach dem neuen Gesetz zu Nichtregierungsorganisationen (NGOs), welches in Russland verabschiedet worden war. Putin erläuterte, dass NGOs in Russland, die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland erhalten und die eine politische Tätigkeit in Russland betreiben, ihre Finanzen offenlegen und sich als ausländische Agenten registrieren lassen müssen. Die USA haben ein solches Gesetz seit 1938, NGOs müssen dort eine lange Liste von Fragen beantworten [41, 42]. In Frankreich und den USA gibt es laut Putin je eine russische Firma, die sich hat registrieren lassen; in RUS hatten sich laut Putin zum Zeitpunkt des Interviews 654 ausländische NGOs in den vier Monaten seit Verabschiedung des Gesetzes registrieren lassen. Es wurden rund 28,3 Mrd. Rubel umgesetzt, ca. 855 Mio. $, ein Großteil davon ist über diplomatische Vertretungen verschiedener Länder zu diesen Organisationen gekommen. Russland funktioniert laut Putin nur mit einer starken Opposition und mit Wettbewerb, wobei sich die Opposition aber nicht zwingend aus dem Ausland finanzieren muss. Putin zeigte sich in diesem Interview stolz über die neu eingeführten russischen Direktwahlen; Parteien müssen nur noch 500 Mitglieder haben, um sich registrieren lassen zu können [46]. Das Handelsvolumen mit der EU läge nur knapp unter dem der EU mit den USA, es gäbe gerade mit Deutschland eine gute Zusammenarbeit im Bereich der Energie und der Industrie. Deutschland hatte in 2013 25 Milliarden US-Dollar in Russland investiert, wie Putin im Interview korrekt erklärt hatte [47]. Putin kritisierte im Interview die Enteignung russischer Anleger in Zypern. Die Anleger könnten nichts dafür, und es gäbe ja auch andere Offshore-Zonen. Putin sagte des Weiteren, die Feindseligkeiten in Syrien müssten umgehend gestoppt werden, ebenso die Waffenlieferungen der USA an bestimmte Gruppierungen der Opposition. Völkerrecht sei wichtig, Nationen dürften nicht durch Waffenlieferungen an die Opposition, in diesem Fall 3,5 Kilotonnen an Waffen, destabilisiert werden. Es müsse verhandelt werden. Assad absetzen, ohne vorher zu wissen, wie es weitergeht, würde zu schwierigen Situationen wie im Irak und im Jemen führen. Russland habe sich innenpolitisch laut Putin eindeutig für Demokratie entschieden und könne sich keinen anderen Entwicklungsweg vorstellen. Nicht alle Standards aus anderen Ländern ließen sich allerdings auf Russland übertragen. Individuelle Instrumente müssten herausgearbeitet werden. Die positive Entwicklung der Wirtschaft und Volksvertretung zeige, laut Putin, dass dies auf einem guten Weg sei, aber es werde nicht schnell gehen [14].

Auch hier betont Putin erneut den Stellenwert von Völkerrecht und wirtschaftlicher Zusammenarbeit in der Außenpolitik sowie Freiheit in der Innenpolitik.

In Bezug auf die registrierten NGOs finden sich widersprüchliche Zahlen, die 654 lässt sich so jedoch nicht bestätigen, die Zahl liegt vermutlich darunter, hier übertreibt Putin also höchstwahrscheinlich, oder die offen im Internet verfügbaren Zahlen sind nicht korrekt [43, 44, 45]. Dass die Situation innenpolitisch in Russland eher individuell ist, stimmt allerdings. Das Land ist sehr groß und daher schwierig zentral aus Moskau zu regieren [63].

Im Interview der NBC aus 2021 kritisiert der Interviewer Simmons das NGO-Gesetz aus 2013 und erwähnt den inhaftierten Oppositionellen Navalny. Putin entgegnet wie auch schon im Interview in 2013, dass auch die USA ein solches Gesetz hätten, und dort sei es viel härter. Es solle ausländische Einmischung durch eine aus dem Ausland finanzierte Opposition verhindern. In den USA wurden am 6. Januar sehr viele Personen verhaftet und sind nach wie vor unter fragwürdigen Bedingungen inhaftiert, eine Frau wurde erschossen [48, 49, 50, 51, 52]. Dies wirke auf Putin wie eine Verfolgung aufgrund politischer Ansichten. Navalny hingegen habe gegen Bewährungsauflagen verstoßen, was laut Putin nichts mit seiner politischen Ausrichtung zu tun habe.

NGOs spielen in der Tat eine wichtige Rolle in der internationalen Politik, sie agieren weltweit mit einer großen Menge an Geldern, ohne demokratisch gewählt worden zu sein. Beispiele hierfür sind etwa die Open Society Foundation (s. Abb. 1) oder die Bill and Melinda Gates Foundation [60, 61, 62]. NGOs können mit diesem Geld nicht nur Mehrheiten, sondern auch Minderheiten ein Sprachrohr bieten. Dies hat nicht nur Vorteile – der Blick von außen auf eine Gesellschaft wird so eventuell verfälscht, die Meinungen von Minderheiten könnten unzutreffenderweise als Mehrheitsmeinung wahrgenommen werden und damit eine Gefahr für die Demokratie bzw. gewählte Regierungen bedeuten [55, 56, 57]. In diesem Zusammenhang muss die russische Opposition genannt werden, insbesondere der Name Navalny. Navalny hatte Gelder des Kosmetikkonzerns Yves Rocher veruntreut und war deswegen in Russland zu einer Haftstrafe verurteilt worden, er war danach im Sinne seiner Bewährungsauflagen verspätet von einer Deutschlandreise zurückgekehrt, die er aus medizinischen Gründen unternehmen musste [58, 59].

Auch wenn dies ein eigenes Thema ist, mit dem sich mindestens ein weiterer Artikel füllen ließe, soll hier kurz auf Navalny eingegangen werden. Bei Navalnys letzter Vergiftung in 2020 wusste die Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW schon vorher davon, denn in einem Jahresberichtsentwurf von Anfang Juli 2020 wurde seine bevorstehende Vergiftung im August 2020 auf Seite 14 schon im Voraus erwähnt. Dies wirkt verdächtig. Wer diesmal verantwortlich ist und damit höchstwahrscheinlich den Tod des Oppositionspolitikers herbeigeführt und ihn außerdem damit mutmaßlich für seine politischen Interessen geopfert hat, ist schwer zu sagen. 

Der Zeitpunkt ist auf jeden Fall für Putin vor dem Hintergrund der bevorstehenden Wahlen nicht günstig, und auch das Interview des US-Journalisten Tucker Carlson könnte durch den Tod Navalnys an positiver Außenwirkung für Putin verlieren [26, 27, 28], ein Nutzen für Putin ist, so berechnend das vor dem Hintergrund eines verlorenen Menschenlebens auch klingen mag, eher nicht vorhanden. Die Ermordung von Gefangenen und Oppositionellen ist auf jeden Fall zu verurteilen, egal, wer es letztendlich gewesen ist.

Ein weiterer Oppositioneller, der als Opfer der russischen Politik gesehen wird, ist der Journalist  Roman Protassewitsch. Er war am 24. 05. 2021 mit seiner Freundin Sofia Sapega im Ryan-Air Flug 4798 von Athen nach Vilnius unterwegs, als sich der Pilot des Flugzeugs aufgrund einer Bombendrohung für eine Notlandung entschied [16]. Auf die Frage des Interviewers zu diesem Ereignis äußerte sich Putin nicht direkt, führte aber im Gegenzug die erzwungene Landung des bolivianischen Präsidenten in Wien an [17]. Dies könnte als What-aboutismus gewertet werden. Die Versuchung, sich hier anzuschließen, ist allerdings groß, denn auch die überraschende Ungültigkeit des Passes von Edward Snowden während seines Fluges von Hongkong nach Moskau könnte man hier als wenig reiseförderliche Maßnahme nennen; die USA hatten Snowdens Pass während seiner Flugreise aus Hongkong kurzerhand für ungültig erklärt, so dass er den Transitbereich in Moskau nicht verlassen konnte [54]. Wenn Lukaschenko und Putin hier also tatsächlich dreckig gespielt haben, so wäre dies lediglich eine gängige Praxis, wie sie auch von anderen Ländern angewandt wird. So erzwungen war die Landung wohl auch nicht, denn es handelte sich laut Angaben der Neuen Zürcher Zeitung lediglich um eine Empfehlung an den Piloten, zu landen und das Flugzeug überprüfen zu lassen [16]. Wer die Email mit der Bombendrohung verschickt hatte, ist bis heute unklar [18, 19]. Es könnte sich um russische, weißrussische oder auch andere Geheimdienste, also eigentlich schlicht um jeden gehandelt haben. Die Emailadresse wurde nur im Rahmen der Bombendrohung genutzt, die in der Email als Absender genannte Hamas hatte sich von der Email distanziert [18, 20]. Ob nun westliche Geheimdienste Protassewitsch auflaufen lassen wollten, oder ob es tatsächlich Weißrussland und Russland waren, die die Bombendrohung fingierten, ist vor diesem Hintergrund nicht klar, auch wenn der Journalist dies hier durch seine Frage zu unterstellen scheint. 

Tatsache ist, dass es nach dem Vorfall zu einer Reihe Sanktionen gegen Weißrussland kam [16, 21, 22], und dass sich die Verhaftung kurz nach der Vereitelung eines geplanten Putsches gegen den weißrussischen Präsidenten Lukaschenko ereignete [23]. Der verhaftete Journalist und seine Freundin waren über ihre Institutionen von westlichen NGOs gefördert worden, Protassewitsch soll Verbindungen zum ukrainischen Asow-Bataillon gehabt haben, seine Freundin Sapega studierte an einer Universität, die von George Soros’ Open Society Foundation und dem WEF finanziert wird [24, 25].

An dieser Stelle kann schon vor der Analyse der Interviews aus 2015 bis 2024 ein Zwischenfazit gezogen werden: Putin wünscht(e) sich eine Integration Russlands in die internationale Wirtschaft, insbesondere die EU, eine gemeinsame internationale Sicherheitsarchitektur, welche den Kampf gegen den Terrorismus einschließt und auf dem Völkerrecht und einer stabilen Weltwirtschaft sowie Entwicklung basiert, und auf dieser Grundlage eine weltweite Abrüstung; in Russland strebt er Freiheit, Demokratie und eine Anhebung des Lebensstandards an. Diese Aussagen ziehen sich durch die Reden aus 2001 und 2007 sowie das Interview aus 2013. 

Zumindest die Anhebung des Lebensstandards dürfte ihm gelungen sein, die wirtschaftliche Lage hat sich seit seinem Amtsantritt deutlich verbessert [34, 53]. Dies führt in der Tat dazu, dass die russische Regierung, zumindest laut einer der in Russland registrierten NGOs, in der Bevölkerung relativ beliebt ist [29]. Das russische Levada-Center, dessen Belegschaft sich aus Personen zusammensetzt, die auch an Universitäten in den USA unterrichten bzw. unterrichtet haben, hatte Umfragen zur Beliebtheit der Regierung durchgeführt (s. Abb. 2 u. 3). Ein Vergleich zwischen der russischen und der deutschen Regierung lässt übrigens tief blicken (s. Abb. 4 u. 5). Die Werte für die russische Regierung schwanken zwischen 25 und 71 % Zufriedenheit, die deutsche Regierung hingegen hat in einer Momentaufnahme aus 2024 nur 17 % zufriedene Bürger hervorgebracht; selbst wenn man die weniger zufriedenen Personen einrechnet, bleibt die Bundesregierung mit 55 % deutlich hinter der russischen Regierung zurück (vgl. Abb. 3 u. 5). Putins Werte schwanken zwischen 31 und 89 % im Zeitraum von 1999 bis 2022, die von Bundeskanzler Scholz zwischen 30 und 73 % im Zeitraum von 2022 bis 2024, d. h. Putins Höchstwert liegt bis zu 14 Prozentpunkte über dem unseres Bundeskanzlers (s. Abb. 2 u. 4). Es bleibt zu hoffen, dass Olaf Scholz sich diesbezüglich noch steigert. Vielleicht sollte ihn mal jemand zu den Themen befragen, die Putin als zentral bezeichnet. Wirtschaft und internationale Sicherheit stehen sicher auch bei der deutschen Bevölkerung relativ weit oben, damit könnte Scholz also ganz bestimmt punkten, wenn er sich denn passend äußern würde…

Sources

[1] https://clubderklarenworte.de/its-framing-again/

[2] https://clubderklarenworte.de/zwischen-profit-und-propaganda-kriegsberichterstattung-im-mainstream/

[3] https://clubderklarenworte.de/machen-sie-sich-ein-eigenes-bild/

[4] https://www.bundestag.de/parlament/geschichte/gastredner/putin/putin_wort-244966

[5] https://www.blaetter.de/ausgabe/2007/maerz/was-ist-aus-den-garantien-geworden

[6] https://www.youtube.com/watch?v=yrwfaZj479g

[7] https://www.youtube.com/watch?v=4wvITVgzMKU

[8] https://www.youtube.com/watch?v=4uq1-0YPNrE

[9] https://www.youtube.com/watch?v=ssQ3ybWj_5M

[10] https://www.youtube.com/watch?v=O4pB_cr_GSU

[11] http://en.kremlin.ru/events/president/news/60836

[12] https://www.anti-spiegel.ru/2021/die-komplette-uebersetzung-des-interviews-das-putin-der-nbc-vor-dem-gipfeltreffen-mit-biden-gegeben-hat/

[13] https://www.blaetter.de/ausgabe/2007/maerz/was-ist-aus-den-garantien-geworden

[14] https://www.youtube.com/watch?v=yrwfaZj479g

[15] https://www.anti-spiegel.ru/2021/die-komplette-uebersetzung-des-interviews-das-putin-der-nbc-vor-dem-gipfeltreffen-mit-biden-gegeben-hat/

[16] https://www.nzz.ch/international/weissrussland-der-fall-protasewitsch-und-die-raetselhafte-mig-29-ld.1685571

[17] https://www.anti-spiegel.ru/2021/kein-beispielloser-vorfall-die-liste-erzwungener-flugzeuglandungen-des-letzten-jahrzehnts/

[18] https://www.politico.eu/wp-content/uploads/2022/01/19/ICAO-Fact-Finding-Investigation-Report_FR497849.pdf

[19] https://avherald.com/h?article=4e7d7208/0000&opt=0

[20] https://www.anti-spiegel.ru/2022/ryanair-landung-in-minsk-der-iaco-bericht-und-die-koordinierte-propaganda-offensive-des-westens/

[21] https://www.anti-spiegel.ru/2022/icao-bericht-ueber-ryanair-landung-in-minsk-widerlegt-alle-vorwuerfe-des-westens-gegen-weissrussland/?doing_wp_cron=1709146885.6291599273681640625000

[22] https://www.anti-spiegel.ru/2021/lukaschenko-prostasewitsch-und-der-westen-wer-ist-in-wessen-falle-getappt/

[23] https://www.anti-spiegel.ru/2021/alle-bekannten-einzelheiten-ueber-den-vereitelten-putsch-in-weissrussland/

[24] https://www.anti-spiegel.ru/2021/wer-ist-der-in-minsk-verhaftete-weissrussische-oppositionelle-roman-protasewitsch/

[25] https://en.ehu.lt/international/open-society-university-network/

[26] https://www.opcw.org/sites/default/files/documents/2021/06/ec97crp01%28e%29.pdf

[27] https://www.anti-spiegel.ru/2024/der-verlogene-medienhype-um-nawalny/

[28] https://www.anti-spiegel.ru/2021/welche-25-ngos-nawalny-einen-preis-fuer-den-kampf-fuer-menschenrechte-verliehen-haben/

[29] https://www.levada.ru/en/ratings/

[30] https://de.wikipedia.org/wiki/Einkommensteuer_(Russland)

[31] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/military-spending-defense-budget

[32] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/education-spending

[33] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/gdp-gross-domestic-product

[34] https://www.macrotrends.net/countries/RUS/russia/unemployment-rate

[35] https://www.cfr.org/timeline/us-russia-nuclear-arms-control

[36] https://www.hrw.org/de/news/2023/01/31/ukraine-verbotene-landminen-schaden-zivilistinnen

[37] https://www.gatesfoundation.org/about/committed-grants?q=oecd

[38] https://sciencefiles.org/2023/06/06/neues-von-bill-gates-er-bruetet-stechmuecken-und-setzt-millionen-moskitos-weltweit-frei-keine-fake-news/

[39] https://www.lifesitenews.com/news/gates-commits-400-million-to-test-new-tb-vaccine-on-26000-people-in-africa-and-southeast-asia/?utm_source=digest-freedom-2023-07-04&utm_medium=email

[40] https://tkp.at/2023/07/11/die-verwertung-von-moskitos-gates-und-who-fluten-afrika-mit-malaria-impfstoff/

[41] https://www.state.gov/non-governmental-organizations-ngos-in-the-united-states/

[42] https://www.law.cornell.edu/uscode/text/18/2386

[43] https://civicsolidarity.org/article/676/russia-list-ngos-named-foreign-agents-updated-20-september

[44] https://data-scripts.ovd.info/agents/?lang=en

[45] https://article20.org/news_old/russia-list-of-ngos-named-foreign-agents/

[46] https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_political_parties_in_Russia

[47] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1294265/umfrage/direktinvestitionen-aus-deutschland-nach-russland/

[48] https://www.lifesitenews.com/news/ashli-babbitts-husband-files-30-million-wrongful-death-suit-against-us-govt-for-jan-6-shooting/?utm_source=digest-freedom-2024-01-23&utm_medium=email

[49] https://ronpaulinstitute.org/we-must-demand-justice-for-the-january-6th-protestors/?mc_cid=194600bd2c

[50] https://www.lifesitenews.com/news/conservative-actor-arrested-by-fbi-on-january-6-charges-after-daily-wire-movie-premiere/?utm_source=digest-freedom-2023-12-05&utm_medium=email

[51] https://www.lifesitenews.com/news/january-6-cases-in-limbo-as-supreme-court-weighs-key-obstruction-statute/?utm_source=digest-freedom-2024-01-11&utm_medium=email

[52] https://frontline.news/post/bureau-of-prisons-overrides-own-scoring-system-to-incarcerate-j6-defendants-in-more-dangerous-locations

[53] https://en.wikipedia.org/wiki/Economic_history_of_the_Russian_Federation

[54] https://www.rappler.com/world/32351-edward-snowden-russia-cuba/

[55] https://www.anti-spiegel.ru/2021/russland-greift-gegen-westliche-ngos-durch/

[56] https://www.anti-spiegel.ru/2021/welche-25-ngos-nawalny-einen-preis-fuer-den-kampf-fuer-menschenrechte-verliehen-haben/

[57] https://www.anti-spiegel.ru/2020/am-beispiel-der-rassenunruhen-wie-leicht-proteste-gesteuert-werden-koennen/

[58] https://www.anti-spiegel.ru/2021/ist-navalny-2014-zu-recht-verurteilt-worden-das-urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-fuer-menschenrechte/?doing_wp_cron=1709163850.1629450321197509765625

[59] https://www.anti-spiegel.ru/2021/navalny-zu-30-tagen-gefaengnis-verurteilt-die-gruende-und-hintergruende/

[60] https://www.gatesfoundation.org/about/committed-grants

[61] https://www.opensocietyfoundations.org/grants/past

[62] https://www.opensocietyfoundations.org/newsroom/die-open-society-foundations-in-der-ukraine/de

[63] http://www.russlandkontrovers.com/wladimir-putins-rolle-im-russischen-machtgefuege

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14 Responses

  1. Wenn nun hier versucht wird, mindestens das zu verstehen, was Putin gesagt hat, so wäre es vielleicht sinnvoll den Strukturunterschied in zwei Kulturen zu verstehen.
    Und zwar. Der Hauptunterschied des durchschnittlichen kulturellen Russen von ebensolchen Deutschen liegt darin, dass der Russe nicht nur ein Bündel seiner persönlichen Ziele verfolgt, sondern zusätzlich ein Oberziel hat, das er mit seinem Umfeld teilt. Das beginnt bei ihm seit Kindheit: Es nimmt die Welt in “wir” wahr, in dem auch es existiert, während das deutsche Kind das Nein einübt und die Grenzziehung zwischen ich den anderen lernt. Was passiert dann, wenn die beiden auf der internationalen Ebene agieren? Der Russe sieht “wir”, die Europäer, die ein Oberziel zusammen verfolgen sollen: Wohlstand, Zusammenarbeit, Brüderlichkeit (weil = wir+gleich). Der Deutsche sieht “ich” und seine Grenzen: meine Interessen, mein Wohlstand. Er will Partner sein aber kein Freund (Freunde müssen zueinander stehen, Geschenke (DDR) machen, Hilfe anbieten, keinen Schaden zufügen). Der Deutsche zieht Sachlichkeit vor Beziehung. Der Russe will Beziehung und dann die Sachen anpacken.
    Wer Frieden will, muss Freundschaft üben, liebe Deutschen. Dann kommt noch mehr als DDR und billiger Gas und Wohlstand ins Land.

  2. Gute Morgen.

    Sie sprechen mir aus der Seele,
    Ich sehe die Sachverhalte genau so. Der Aggressor sitzt m.E. ganz offensichtlich im Westen. Wenn ich mir die Rede Putins 2001 im Bundestag vor Augen führe, vorgetragen in Deutsch, welche mir sehr glaubhaft und ehrlich erschien, schäme ich mich persönlich für die Handlungsweise des Westens und insbesondere Deutschlands gegenüber der russischen Nation.

  3. 10.03.2024

    Vielen Dank für diese Ihre
    erste Zusammenfassung.

    Und einen schönen Sonntag
    dem CdkW!

    Lucy

  4. Sabine Friz,
    die Darstellung von Putin hat meine
    Meinung nur bestätigt,die seit seiner Rede 2001 immer wider zum Negativen ausgelegt wurde.

  5. Auch wenn die ganzen Klugschwätzer/Kriegstreiber dergleichen als Milchmädchenrechnung (oder wer weiß, was noch) degradieren wollen: Ich erinnere mich als Zeitzeuge an die Achtziger höchst lebendig (Aktuelles Stichwort: “Able Archer” 1983 – oder auch an das Jahr 1989). Und vor meinem geistigen Auge erscheint eine militärstrategische Landkarte von Europa aus dieser Zeit, die ich problemlos mit der von heute vergleichen kann. Ich erinnere mich auch noch an die Nachrichtenlage von 1990, als die Wiedervereinigung verhandelt wurde – Nachrichten waren damals noch etwas Anderes als heute, auch wenn manche Propaganda vielleicht auch damals mit im Spiel gewesen sein konnte, die man seinerzeit nicht als solche erkannt hat… Aber Nachrichten haben früher- im Gegensatz zu heute – zur Lebenswirklichkeit deutlich besser gepaßt. Und zum gesunden Menschenverstand – der hilft häufig weiter. Niemand(!) hätte in seinen kühnsten Täumen 1989 erwartet, daß die Sowjets die DDR “einfach so zurückgeben” und auch noch schlucken, daß sie Bestandteil der NATO werden wird, auch wenn sie damals wohl nur noch auf tönernen Füßen standen. Egal, welche Geschichtsklitterung auch immer aktuell noch versucht werden wird: Keiner kann mir erzählen, daß der UdSSR damals nicht versprochen wurde, daß die NATO nicht nach Osten expandieren wird. Jenseits aller vertraglichen Regelungen, die heute wohl auch schon einmal als interpretierbar hingestellt werden, hätte das damals wohl jeder aus der gemeinen Bevölkerung einfach nur als vernünftig oder auch anständig bewertet. (Irgendwelche verbohrten Falken – von denen gibt wohl eine Handvoll im Range von “Sicherheitsberatern” o. dgl. – vielleicht nicht.) Langer Rede – kurzer Sinn : Wer wollte eigentlich vor nur diesen Gesichtspunkten allein, nicht erkennen, wer hier primär eigentlich wen bedrängt – seit Jahrzehnten ? Wie war das noch 1961 ? Putin mag problematische Eigenschaften haben : Wer sich mehr als ein Vierteljahrhundert an der Spitze einer Weltmacht hält, braucht sicher einen ausgeprägten Machtinstinkt … Aber die Rede von 2001 war mir ebenfalls noch in lebhafter Erinnerung – und meine augenblickliche Intuition von damals (wie heute) : Er ist nicht unser Feind. (Eine Rede übrigens, die er in vorzüglichem Deutsch vorgetragen hat – ich muß das immer wieder mit dem kontrastieren, was die aktuelle Chefdiplomatin*inin vielfach so vom Stapel läßt …) Bis heute bin ich regelmäßig angenehm überrascht, wie besonnen die Russen auf all’ die Provokationen reagieren, die insbesondere aus Deutschland nach Osten gekläfft werden – und immer noch denke ich : Das sind nicht unsere Feinde ; und (im Hinblick auf die U.S. Administration): Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Was immer in Putins Russland im Argen liegen mag – da gibt es sicher Einiges : Wir sollten uns primär darum bekümmern, den eigenen Saustall endlich aufzuräumen – der stinkt nämlich zum Himmel!

  6. Vielen Dank für diesen Versuch einer objektiven Darstellung Putins über einen relevanten Zeitraum hinweg, der die gegenwärtige Propaganda Lügen straft.
    Mit herzlichen Grüßen, Franz Arndt

  7. Bevor ich mir die Reden und Interviews Putins an hörte, las ich schon vor einigen Jahren seine Biographie, verbunden also auch mit seinem politischen Werdegang. Alleine daraus lässt sich leicht ableiten, dass seine Förderer, als auch seine Gegner, ihn von Anfang an nicht nur falsch einschätzten, sondern auch permanent unterschätzten. Darin liegt keine Wertung, sondern lediglich eine Feststellung. Dabei reicht das Lesen seiner Biographie aus. Der gesamte Werdegang wirkte auf mich weder mysteriös noch sein Charakter schleierhaft. Ich halte ihn sogar für relativ leicht einschätzbar. Putin ist im Grunde kein Vollblutpolitiker. Er ist weder sonderlich biegsam, noch von seltsam autistischer Symptomatik betroffen, die man von juristisch vorgebildeten Politikern kennt. Er hängt keine Fähnchen in den Wind, bevor er etwas sagt und er macht auch keinen Hehl daraus, nicht „nach allen Seiten offen“ zu sein. Daran kann man sich reiben, man kann es aber auch sein lassen.
    Sie – sehr verehrter Herr Langemann – schrieben einmal, dass man mit den Menschen auskommen müsse. Andere gäbe es ja nicht. Ähnlich sehe ich das in Bezug auf die Politik. Politiker müssen mit Politikern anderer Länder „auskommen“, denn einen anderen bekommen sie in diesem Moment eben nicht vorgesetzt. Mit Putin umzugehen heißt, eine Augenhöhe zu akzeptieren, die vielen sendungsbewussten Politikern unserer Hemisphäre heute fremd ist.

    Angefangen bei seiner Rede im deutschen Bundestag, leite ich dem Inhalt keine Lügen ab. Putins Vertrauen in sich selbst, spricht dem entgegen. Er übernahm ein vollkommen marodes und wirtschaftlich dahin siechendes Land. Seine „russische“ Methodik mag in unseren Breitenkreisen als brutal und unmoralisch empfunden worden sein, er aber arbeitete nach dem Motto „der Zweck heiligt die Mittel.“ Was er tat war, die Interessen des Landes an sich zu vertreten und das Land wieder nach vorne zu bringen. Wenn er das mit einer neuen Art der Zusammenarbeit mit „dem Westen“ hätte erreichen können, hätte er das auch „in Kauf“ genommen. Er hätte gut damit leben können. Putin arbeitet aber auch nach dem Motto „Eine Hand wäscht die Andere“. Er hoffte, auf ein Entgegenkommen des Westens, ohne Aufgabe eigener Interessen und Identität. Man kann nun lange darüber philosophieren, warum dies nicht funktionierte und warum „der Westen“ nicht auch die entsprechenden Schritte unternahm.

    Alle späteren Interviews sind sinnbildlich für das Andrehen einer Eskalationsspirale. Im Grunde ist Putins Vorgehensweise einfach: „Entweder wir kommen irgendwie miteinander aus, oder eben nicht. Wenn nicht, dann hat das Folgen und ich treffe meine eigenen Entscheidungen. Suchs dir aus.“ Mit dieser arg konkreten Grundhaltung, können hiesige Politiker nicht umgehen. „Er wird nicht angreifen…“ sagte Sarah Wagenknecht und schätzte ihn vollkommen falsch ein. Doch, er tat es. Aber er tat es nicht unvermittelt, nicht aus Unberechenbarkeit, und auch nicht aus einer Laune heraus. Das ist nicht Putins Charakter.

    Putin spricht aus, in welcher Vorstellungswelt er lebt. Er kann oft nicht verstehen, dass man ihn nicht versteht. Er denkt logisch, strukturiert und strategisch. Emotionen sind bei ihm auf klar definierten Inseln untergebracht. Dort, wo sie seinen Zielen und Vorstellungen entgegen stehen, trifft man sie auch nicht an. Dort werden sie verdrängt. Seine Interviews zeigen deutlich, dass er Grauzonen nicht nur nicht kennt, er mag sie auch nicht. Entweder Freund oder Feind. Das ist seine Welt. Solchen Menschen kann man schlecht Grenzen aufzeigen. Bei einem solchen Machtpotenzial ist das auch schlicht nicht möglich. Putin ist ein „Überzeugungstäter.“ Mit Überzeugungstätern können die Meisten schlecht umgehen. Westliche Politiker schon gar nicht. Überzeugungstäter sind nicht käuflich, wenig anpassungsfähig und neigen zu der unangenehmen Eigenschaft, angekündigtes auch umzusetzen. Im Grunde machen diese Eigenschaften es dem Gegenüber einfach, solch eine Person einzuschätzen und entsprechend auf sie zu reagieren. Stünde dem Ganzen nicht oft Arroganz, Narzissmus und die eigene unangenehme Eigenschaft gegenüber, im Zweifel mit Manipulation eigene Ziele erreichen zu wollen, koste es was es wolle. Menschen wie Putin, erkennen so etwas.

    Ich selbst bin kein „Putin-Freund“. Dafür ist zu viel vorgefallen, welches nicht in meine Wertvorstellungen passt. Ich könnte keinen Angriffskrieg führen. Ich könnte Vieles nicht von dem, wozu sich Machtpolitiker in der Lage sehen. Müsste ich Solches tun, könnte ich nicht mehr schlafen. Aber ich bin kein Idiot. Dafür habe ich zu viel (beruflich) mit Menschen zu tun. Putins Interviews sind ein offenes Buch. Übersetzt hieße das für mich: „Dialog kannst Du mit ihm führen. Nehme den Gegenüber ernst und mach dich nicht selbst zum Kasper. Beherrsche die Kunst der Diplomatie, ohne Dein Gesicht zu verlieren und drohe nur dann, wenn Du auch wirklich bereit bist, diese Drohung umzusetzen. Dieser Mann macht keine Späße. Kündigt er etwas an, dann setzt er es auch um.“

    „Wir“ laufen völlig irrig in der Annahme, man könne mit Druck etwas bewirken. Bei Putin erzeugt dies nur Gegendruck. Grenzen zu setzen, ist etwas Anderes. Wir jedoch, haben keine Grenzen gesetzt. Wir haben uns, in der Annahme eigener „Unbesiegbarkeit“, zu sehr dorthin vor gewagt, was Putin als seinen Claim definiert. Die Debatte um den NATO -Beitritt der Ukraine ist ein solches Beispiel.

    Sun Tsu hat in „Die Kunst des Krieges“ gesagt: Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen. “

    Für „den Westen“ trifft der erste Satz zu, welches mich im Übrigen auch wundert, denn – wie gesagt – Putin ist im Grunde einschätzbar. Findet sich niemand, der diese Eskalationsspirale ein fängt, dann sage ich Ihnen „als Kind des kalten Krieges“:
    Möge uns helfen, wer auch immer, denn sonst wird es hässlich. Sehr hässlich. Und dann überlege auch ich, mir eine Berghütte in den Pyrenäen zu suchen…

    1. Eine hervorragende Stellungnahme, danke dafür. Ich stimme mit Ihnen zu 100% überein, denn auch ich bin ein “Kind des kalten Krieges” (geb. 1960).
      Ich darf an dieser Stelle das Buch “Vladimir Putin – seht ihr was ihr angerichtet habt?” von Thomas Röper empfehlen. Darin findet man fast ausschließlich Übersetzungen so mancher Rede Putins und auch Diskussionen wie z.B. Valdai. Röper enthält sich an vielen Stellen seiner eigenen Meinung und nur, wo es ihm opportun erscheint, gibt er ein kurzes Streiflicht des Hintergrundes. Ein außergewöhnliches Buch!

  8. hallo,
    kompliment für diese ausführungen. mein fazit dazu ist, dass putin was immer er auch tut oder läßt, der böse bleibt, weil die USA und dort der milit- industr. komplex mit all den Aktienbesitzern und einige der superreichen dies so wollen, ja brauchen, damit das kohleverdienen gesichert bleibt.
    beleg dazu: interviewaussage von alex soros: das schlimmste was uns passieren kann ist, wenn trump wieder gewählt wird – und jetzt kommts:

    DAS WÄRE DAS ENDE DES EWIGEN KRIEGES

    ich sehe nur eine chance für uns alle, wenn sich europa endlich mit russland zuerst wirtschaftlich und wenn nötig auch militärisch vereint.
    herzlichst
    -DR

  9. Daniel Criag ist die Person des Films, der den MI6 Agenten Bond darstellt. Dass es ihn auch real gibt, ist eine passende Interpretation des Herausgebers des CDkW. schoene Analogie, dann kann ich meine vergessen, die davon ausging, dass WWP der Feldherr des Ostens ist, in Anlehnung an Julius Caesar um Null herum und in einem anderen, auch sehr erfolgreichen Imperium (SPqR).

  10. herzlichen Dank für diese gelungene Zusammenfassung! in einem Punkt muss ich widersprechen. Im Bundestag wurde zugehört und auch begeistert applaudierend verstanden. Zumindest von der Mehrheit. Das könnte mit Bildung im Zusammenhang stehen. Es durfte nur nicht wahr werden. In Übersee hatte eine kleine Gruppe anscheinend etwas dagegen. Wir gehen ins Zeitalter der Wahrheit oder der Knechtschaft. OHNE WAHRHEIT KEIN FRIEDEN, OHNE FRIEDEN KEINE FREIHEIT

  11. auch wenn ich nur mein Bauchgefühl der Jahre seit 2014 alternativ zu dieser wissenschaftlichen Analyse stelle, so stütze ich die Aussagen dieser Untersuchung in einem sehr hohen Maße. Wenn ich mich selbst über die Jahre beobachte, gibt es bei mir immer wieder Phasen, wo ich meine meinem Bauchgefühl nicht länger treu bleiben zu können. Kurz, bei aller Skepsis und Selbstzweifel schenke ich Vladimir Putin mein Vertrauen und behalte ein gutes Grundgefühl dabei. Vielen Dank für diesen beeindruckenden Beitrag

  12. Argumentation Putins hat mich von jeher überzeugt. Das Kesseltreiben gegen ihn is nicht hachvollziehbar.

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