Whistleblow

Suche

Der Bürger ist nicht Eigentum der Machthaber

von Markus Langemann

Viele Menschen hadern mit ihren Kirchen. Die jüngsten Austrittszahlen belegen das. Menschen sind gerade auch in der aktuellen Zeit eines nahezu gewaltsam durch politische Kräfte herbeigeführten Umbruchs von ihren Kirchen enttäuscht. Auch, weil sie nicht mit Rückgrat christliche Werte der Nächstenliebe in Gemeinschaft leben in einer Zeit eines übergriffigen Staates. Die Menschen vermissen die gesunde kritische Distanz der Kirchen zu den ideologisch von einer Minderheit vorangetriebenen gesellschaftlichen Fragen wie Transhumanismus, Transsexualität, Gendern, Freiheitsbeschränkungen etc.

Da ist es überraschend, gar erfreulich, welch klare Kante der Erzbischof und Kardinal der römisch-katholischen Kirche, Gerhard Ludwig Kardinal Müller, einnimmt. Im Vatikan war er bis 2017 Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. Müller ist heute Richter am obersten Kirchengericht im Vatikan.

Prof. Dr. Müller schreibt in seinem aktuellen Buch „Der Souverän der Kirche ist Gott“ Zeilen, die beeindrucken, die Gewicht haben. – Leider lesen die Menschen keine Bücher mehr, sondern legen sie als Deko unter Weihnachtsbäume. 

Deshalb wichtige Zeilen hier für Sie:

„Ich meine aber, dass an der Wahrheit der Vernunft kein Weg vorbeiführt: Der Staat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Staat. Der Bürger ist nicht Eigentum der Machthaber, sondern das Volk ist der Souverän, dem die Regierung Rechenschaft schuldig ist. Kein Mensch hat das Recht, über das Leben, die körperliche Unversehrtheit sowie die Freiheit des Gewissens und des Glaubens eines anderen Menschen zu entscheiden.“

„Man sollte auch nicht von einer Einschränkung der Grundrechte sprechen. Da sie uns von Natur aus zukommen oder nach unserer Auffassung von unserem Gott und Schöpfer verliehen sind, können sie nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Nur ihr Missbrauch oder ihr Gebrauch zulasten anderer können sanktioniert werden. Im Falle von Kriegen, Katastrophen oder Pandemien sind von der legitimen Autorität die notwendigen Maßnahmen im Sinne des Gemeinwohls zu treffen. Die Corona-Krise darf aber nicht der willkommene Anlass sein, die Demokratie und die Freiheit der Bürgergesellschaft auszuhebeln zugunsten des Bevormundungswillens einer selbsternannten Elite, die der breiten Volksmasse beibringen will, was gut für diese ist. Der Staat darf sich nicht wie ein – schlechter – Lehrer verhalten, der seine Bürger wie dumme Schüler behandelt oder gängelt.“

Müller ist kein katholischer Reformer, aber gerade deswegen haben seine Zeilen Gewicht, Herr Bundespräsident, Herr Bundeskanzler.

 

Beitrag teilen:

11 Antworten

  1. Es ist ein Beispiel, warum zwischen der alten Bundesrepublik und der DDR 1.0 eine Triangulierung existierte. Denn die Kirchen in der DDR 1.0 unterstützten die Opposition.
    Jetzt fehlt diese Triangulierung und die Kirchen unterstützen wie bisher die Machthaber.

    Vielleicht war das Wechselspiel zwischen Ost- und Westblock entscheidend, warum der Kollektivismus im Westen nicht Fuß fassen konnte. Nach dem Untergang des Kollektivismus im Osten blüht er im Westen wieder auf.
    Ob sich das Wechselspiel zwischen Ost- und Westblock jetzt umdreht, ist noch offen.

  2. Gerhard Ludwig Kardinal Müller hat als katholischer Geistlicher die Webfehler der aktuellen Kirchen, d.h. das demokratie- bzw. freiheitsgefährdenden grün-ideologischen Mitläufertum vieler Theologen erkannt und glasklar benannt. Weil in der evangelischen Kirchenführung nicht einmal ansatzweise der Wille zur Selbstreflexion erkennbar war, bin ich 2022 ausgetreten.

    Begibt man sich auf die lange Reise zur Ergründung der grünen Klimaphantasien, erlebt man Erstaunliches. Nachzulesen in der 2. Auflage des Mehrautorenbuches “Generationenprojekt Energiewende” , S. 237 – 273, (s. https://www.bod.de/buchshop/generationenprojekt-energiewende-herbert-niederhausen-9783757828684). Diese gut 30 Seiten seien als Lektüre allen Verantwortlichen der christlichen Kirchen ans Herz gelegt, bevor sie wie die Klimakleber & Co komplett den Boden unter ihren Füßen verlieren.

  3. Wichtige Zeilen gab es auch schon vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann , SPD , ( 1969-1974 ) :

    “Die Grundlage der Demokratie ist die Volkssouveränität und nicht die Herrschaftsgewalt eines obrigkeitlichen Staates.
    Nicht der Bürger steht im Gehorsamsverhältnis zur Regierung ,sondern die Regierung ist dem Bürger im Rahmen der Gesetze verantwortlich
    für ihr Handeln.
    Der Bürger hat das Recht und die Pflicht ,die Regierung zur Ordnung zu rufen ,wenn er glaubt ,dass sie demokratische Rechte missachtet.”

    Die SPD und natürlich auch alle anderen zugelassenen Parteien sollten mal resolut an dieses Zitat erinnert werden.

  4. Respekt Herr Müller! Dabei hat er eigentlich “nur” auf eine vom Grundgesetz gedeckte Selbstverständlichkeit hingewiesen. Man kann nur hoffen, dass sich vielleicht der eine oder andere Kirchenvertreter nach dieser Vorlage endlich aus der Deckung traut. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass diese menschenverachtende Politik vom März 2020 bis 2023 von allen innerlich mitgetragen wurde. Im Zusammenhang mit dem Beitrag von Alfred Ruck fällt mir eine ähnliche Geschichte ein, die an Zynismus nicht zu überbieten ist. Da gab es doch irgendwo in den neuen Bundesländern eine Ausstellung, die ausgerechnet das Thema Ausgrenzung(!) zum Thema hatte. Am Eingang stand das nette 2G-Schild. Noch Fragen? Aus humoristischer Perspektive kann man sich im Grunde keine bessere Komik vorstellen als diese Phase. Ich weiss, das ist jetzt natürlich alles sehr theoretischer Natur, aber was hätte Charlie Chaplin wohl zu diesen Vorgängen gesagt?

  5. Die zitierte Passage ist in der Tat bemerkenswert. Vielen Dank dafür, Herr Langemann. Sie stellt ein Bekenntnis zum modernen Rechtsstaat in einer Klarheit dar, die bisher aus einflussreichen klerikalen Kreisen so noch nicht zu vernehmen war. Diese Zeilen sollte man an vielen Portalen festnageln, da darf es kein Zurück mehr geben.

    Mir kam sofort der Satz von Ernst-Wolfgang Böckenförde in den Sinn: “Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.”

    Sollte es jetzt ausgerechnet die Katholische Kirche sein, die die Menschheit vor einem nahenden Mittelalter 2.0 bewahren wird? Es wäre eine Laune der Geschichte, es wäre auch der Reiz des Unerwarteten, der für Inspiration und Hoffnung sorgen kann, wie der Regentropfen in der Wüste. Was soll dagegen eine passive Mehrheit von Atheisten erreichen, die aus sich selbst heraus nicht einmal in der Lage ist, sich zu organisieren?

    Und trotzdem werde ich mir mit dem Katholischwerden noch etwas Zeit lassen …

  6. Aber genau das ist er, der “Bürger”. Wir bürgen für den Unfug, den diese “Staatsmänner und Staatsfrauen” verzapfen und überstülpen in unserer “erlernten Hilflosigkeit”, wie Ken Jepsen in Berlin treffend formulierte. Aber es könnte ja als Anlass dienen, sich über die Begrifflichkeiten und Abhängigkeiten von Mensch, Person und Bürger einerseits ,zum Staat andererseits, klar zu werden. Spannend ist, dass ein Deutscher als Richter im Vatikan, auf diesen Umstand hinweist. Gott und Kirche können zur Zeit unterschiedlicher nicht sein. Gott ist gütig und allgegenwärtig. die Kirche Teil eines Geschäftsmodells.

  7. Im Wein liegt die Wahrheit! Genau! Es wird Zeit dass die Herrschenden sich bewusst werden wer Ihnen mitgeholfen hat da zu stehen wo sie Heute stehen. Dies ist einzig und allein die arbeitende Gesellschaft, der einzelne Mensch und das Volk das der Souverän ist und nicht die Politiker, die Kirchen, die Steinreichen und die Bosse der grossen Unternehmen wie Zuckerberg, Gates, Soros, Musk und wie sie alle heissen. Die Grundrechte die in den Verfassungen verankert sind, sind nicht anzutasten und sind die Rechte der Bürger, alles andere ist nicht tolerierbar, geschweige denn von den Eliten und der Politik zu ändern! Die Grundrechte sind in Stein gemeisselt!

  8. Eine einfache Wahrheit, die jeder Verdrehung standhält. Ob sie göttlicher oder natürlicher Empfindung entspringt, spielt keine Rolle. Sie ist das, was jeder klare Verstand sagt. Sie kann dann zur Freiheit jedes Einzelnen führen, wenn wir uns dieser in jedem Augenblick bewusst sind, danach leben und handeln und wenn man sich durch äußerliche Einflüsse nicht beirren lässt. Dann haben missbräuchliche Bestrebungen keine Chance zu wachsen.

  9. Die Worte von Kardinal Müller sind ein Hoffnungsschimmer am Horizont.
    Trotzdem, die Kirche hat in Coronazeiten mitgemacht. Ich bin Pfarrsekretärin und habe oft die Reaktionen derer mitbekommen, die kaum eine Heilige Messe verpasst haben. Sie blieben zuhause und sahen im Fernseher die Messe. Auch habe ich oft diese Worte gehört: „Jetzt wo wir die Gemeinschaft im Gebet am dringendsten gebraucht haben waren die Kirchen zugesperrt“.

    1. Ein Freund erzählte mir die Geschichte von seiner Mutter, die vor der Kirche vom Dekan keinen Einlass bekam, weil sie ungimpft war. Am Kirchenportal klebte ein weisses Blatt mit der Aufschrift 2 G. Sie fragte den Dekan, was das denn bedeute. Er antwortete ihr und sie sagte dann zu ihm für sie heiße das Gottloses Gesindel. Eine göttliche Antwort sozusagen, finde ich. Das Gesicht des Dekans hätte ich gerne gesehen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Herzlich Willkommen auf dieser Plattform des kultivierten Austauschs von Argumenten.

Wir haben verlernt Widerspruch aushalten zu können. Hier darf auch widersprochen werden. Ich möchte Sie bitten, dabei wertschätzend und höflich zu bleiben. Beleidigungen und Hasskommentare werden künftig ebenso entfernt, wie Wahlaufrufe zu Parteien. Ich behalte mir vor, beleidigende oder herabsetzende Kommentare zu löschen. Dieses öffentliche Forum und die ihm innewohnende Möglichkeit Argumente und Meinungen auszutauschen, ist der Versuch die Meinungsfreiheit - auch die der anderen Meinung - hoch zu halten. Ich möchte hier die altmodische Tugend des Respektes gepflegt wissen.

„Kontroversen sind kein lästiges Übel, sondern notwendige Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie." Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck a.D., vor nur 5 Jahren in seiner Rede zum Tag des Grundgesetzes.