Whistleblow

Suche

Retter, Schlepper, Menschenfänger

von Peter Löcke //

Bin ich für die Rettung menschlichen Lebens? Natürlich. Habe ich Verständnis für Menschenhändler und Schlepper? Natürlich nicht.

Problematisch wird es für den inneren Wertekompass, wenn die beiden Fragen verschwimmen. Dann gerät das einfach gestrickte Gut-und-Böse-Weltbild durcheinander. Was ist, wenn Seenotretter und Schlepper kooperieren, wenn sie sich vernetzen, manchmal gar identisch sind? Lange Zeit undenkbar wird diese These nun auch im Mainstream diskutiert. Exemplarisch sei hier ein Artikel des Focus verlinkt. Ein weiteres Phänomen ist zu beobachten. Lange Zeit ignoriert werden die Probleme unkontrollierter Migration nun auch von der herrschenden Politik diskutiert. 

Wir schaffen das! Kein Mensch ist illegal! Refugees welcome! Die vielgepriesene deutsche Willkommenskultur, an der sich politmediale Elfenbeintürme selbst berauscht haben, gerät ins Wanken. Solche PR-Slogans auch nur im Ansatz zu hinterfragen, rückte Kritiker der von Merkel eingeführten und der Ampel weiter geführten Migrationspolitik bis noch vor wenigen Wochen in eine zwielichtige rechte Ecke. Nun nicht mehr. Scholz, Faeser, Lindner, Merz, Lang, Gauck, Steinmeier, Schäuble – in einem bemerkenswerten sprachlichen wie zeitlichen Gleichklang drängt die politische Prominenz nun auf die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und auf härtere Grenzkontrollen. Das, was acht Jahre als AfD-Sprech galt, ist nun politischer Konsens. Es wirkt wie eine konzertierte Aktion der etablierten Parteien. Das kann zwei Gründe haben. 

Zum einen politische Einsicht. Den Kommunen steht das Wasser bis zum Hals. Wir schaffen das nicht mehr, heißt es von der rumorenden Basis in Richtung Berlin. Die vielfältigen Probleme sind nicht mehr zu kaschieren. Es sind Probleme hinsichtlich Unterbringung, Finanzierung und sozialer Spannungen. Die vielen Gewaltexzesse, Gruppenvergewaltigungen und Messerangriffe können nicht mehr als Einzelfälle weggewischt werden. Private Sicherheitsdienste in Freibädern, Parks und Fußgängerzonen, auf Bahnhöfen und Ämtern, ja selbst an Schulen, gehören vielerorts zum Stadt- und Dorfbild.

Der andere Grund ist pragmatischer Natur. Das Thema Migration lässt die Umfragewerte der AfD explodieren. Kritik am bestehenden Kurs gab es lange nur von der AfD. Hier soll gegengesteuert werden. Die Botschaft an den Wähler? Wir haben die Probleme erkannt und kümmern uns.

Und doch bleibt es ein politischer Spagat. Wie kann man ohne Gesichtsverlust einen Weg kritisieren, den man selbst eingeschlagen und befürwortet hat? Schließlich ist dieser Irrweg das Ergebnis einer Politik, die acht Jahre lang parteiübergreifend als alternativlos galt. Bei diesem Spagat vollzogen der deutsche Wirtschafts- sowie der deutsche Justizminister interessante Sprachverrenkungen. 

„Wir müssen die Wirklichkeit annehmen und die konkreten Probleme lösen.“ 

Das forderte Robert Habeck in einem Appell von seiner eigenen Partei. Dazu Nachfragen: Sollte es nicht eine Selbstverständlichkeit sein, die Wirklichkeit anzunehmen? Bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Grünen zuvor in einer Parallelwelt gelebt haben? Das Zitat bezog sich auf das Thema Migration. An anderer Stelle musste Habeck einräumen, das die Sanierung eines Hauses nun doch bis zu 200.000 Euro kostet. Herzlich willkommen in der Wirklichkeit, Herr Habeck.

„Viele dieser Menschen haben ein Bildungsniveau, das ist Grundschulniveau.“ 

Auch Justizminister Marco Buschmann mutiert über Nacht zum Hardliner. Buschmann plädierte bei Markus Lanz für eine Migrationswende, für ein härteres Vorgehen gegen Asylbewerber. Dazu eine konkrete und eine allgemeine Nachfrage: Grundschulniveau oder doch Fachkräfte? Warum klingt mittlerweile jeder Gesetzesname wie eine sprachliche Werbeverpackung? Dankbar bin ich Marco Buschmann, dass er auf ein wenig diskutiertes Problem hinwies. Und hier schließt sich der Kreis zu vermeintlich guten Seenotrettern und vermeintlich bösen Schleppern. Es gebe, so Buschmann, „geschlossene Finanzierungskreise, wo der deutsche Steuerzahler die Schlepper bezahlt“. 

Die Welt ist eben nicht gut und böse. Sie ist nicht schwarz und weiß. Sie hat Graustufen. Nur kann der deutsche Staat nicht mit der einen Hand Seenotretter finanzieren und mit der anderen Hand Schlepper bekämpfen wollen. Zumindest nicht, wenn Retter und Schlepper Hand in Hand arbeiten und voneinander profitieren.

Hier drängt sich ein Fußballvergleich auf. Ein jeder Profiverein hat extreme Fangruppierungen. Diese begleiten ihren Club bei jeder Auswärtsfahrt, unterstützen ihn auch in schlechten Zeiten. Sie übernehmen engagiert ehrenamtliche Arbeit, organisieren beeindruckende Choreographien, opfern jede freie Minute für den Verein ihres Herzens. Sie tun also Gutes und werden dementsprechend von der Vereinsführung durch Privilegien verschiedenster Art hofiert. Die Kehrseite der Medaille ist, dass es oftmals auch jene Fans sind, die über die Strenge schlagen. Immer dann, wenn die Liebe zum eigenen Verein umschlägt in fanatischen Hass und Gewalt auf Fans anderer Vereine. Dann ist die die PR-Abteilung der Vereinsführung zu einem politischen Spagat gezwungen. Dann muss sie ihre Schäfchen öffentlichkeitswirksam ermahnen ohne es sich mit ihnen zu verscherzen.

Das Thema Migration ist immer auch moralisch aufgeladen. Menschen zu retten und zu helfen ist etwas Gutes. Nur ist die Welt nicht gut und böse. Das Problem sind die politischen Extreme. Dazu zählen wirkliche Rechtsextreme, die Ausländer per se ablehnen. Dazu zählen aber vor allem Fanatiker, die jede sachliche Kritik an der Migrationspolitik als Rechtsextremismus diffamieren. 

Bin ich für die Rettung und Integration verfolgter Menschen? Natürlich. Bin ich dafür, gewalttätige Menschen abzuschieben, die nicht integrationswillig sind? Definitiv. Bin ich dafür, die Wirklichkeit anzunehmen? Ich hoffe auf Zeiten, in welchen es einem Minister peinlich ist, eine solche Selbstverständlichkeit einzufordern.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.

Beitrag teilen:

3 Antworten

  1. Gleich und gleich ist nicht gleich. Alles klar? Zur Erläuterung drei Beispiele, auch wenn die sich nur teilweise auf diesen Artikel beziehen. Die “kriminellen Schleuser” bzw. Schlepper im Mittelmeerraum galten zu DDR-Zeiten noch als Fluchthelfer. Es waren also die “Guten”. Die USA haben uns 1945 befreit, die Russen dagegen haben unser Land besetzt. Zu Julian Assange habe ich zwar keine andere Person als Vergleich, aber wären die veröffentlichten Schweinereien nicht aus dem Pentagon/CIA-Umfeld, sondern aus Kreml/KGB-Kreisen gekommen, wäre er natürlich kein Verräter, sondern ein weltweit hochgeachteter Bürgerrechtler. So what?

  2. Das ganze Parteiensystem, mit ihren dazu gehörigen aufgeblasenen technokratischen Staatsapparat, gehört auf die Müllkippe der Irrungen.

  3. Es ist Wahlkampf, vorher schön reden und nach der Wahl haben sie alles vergessen!
    Das Spiel sollte inzwischen bekannt sein, daher hilft nur ein Austausch der Altparteien in der Regierung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Herzlich Willkommen auf dieser Plattform des kultivierten Austauschs von Argumenten.

Wir haben verlernt Widerspruch aushalten zu können. Hier darf auch widersprochen werden. Ich möchte Sie bitten, dabei wertschätzend und höflich zu bleiben. Beleidigungen und Hasskommentare werden künftig ebenso entfernt, wie Wahlaufrufe zu Parteien. Ich behalte mir vor, beleidigende oder herabsetzende Kommentare zu löschen. Dieses öffentliche Forum und die ihm innewohnende Möglichkeit Argumente und Meinungen auszutauschen, ist der Versuch die Meinungsfreiheit - auch die der anderen Meinung - hoch zu halten. Ich möchte hier die altmodische Tugend des Respektes gepflegt wissen.

„Kontroversen sind kein lästiges Übel, sondern notwendige Voraussetzung für das Gelingen von Demokratie." Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck a.D., vor nur 5 Jahren in seiner Rede zum Tag des Grundgesetzes.