Sind Sie rechts von links?

von Peter Löcke //

Fachleute sagen das. Fachleute schätzen die Eventlocation „Weitblick“ als wichtigen Treffpunkt der rechten Szene ein. In seiner Anfrage an den Herausgeber dieser Plattform blieb der SZ Redakteur Bernd Kastner vage, um welche Fachleute es sich genau handelt und wie diese Fachleute den Vorwurf begründen. Dankenswerterweise wurde das SZ-Autorentrio Sebastian Krass, Leon Lindenberger & Bernd Kastner in den hinter einer Bezahlschranke versteckten Artikeln konkreter. Hinter den Fachleuten verbergen sich die Stellungnahmen zweier Institutionen.

Behörde Nummer eins ist der bayerische Verfassungsschutz. Der VS antwortete der SZ, dass das Weitblick zwar kein Beobachtungsobjekt sei, man die Lokalität aber mit Aufmerksamkeit verfolge. Schade. Erneut nur Andeutungen statt inhaltlicher Argumente. Das bringt mich als interessierten Leser kein Stück weiter. Wie man etwas oder jemanden aufmerksam verfolgt ohne ihn zu beobachten, entzieht sich zudem meiner Kenntnis.

Institution Nummer zwei, die „firm“, weiß mehr als der Verfassungsschutz. Bei der firm handelt es sich um die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus, angesiedelt beim Münchner Kulturzentrum „Feierwerk“. Feierwerk wiederum ist ein eingetragener Verein, der sich in erster Linie durch staatliche Töpfe finanziert. Besagte Fachinformationsstelle bestätigt der SZ, die Lokalität Weitblick sei seit 2020 ein wichtiger Ort der politisch rechten Szene. Konkrete Beispiele werden nur aus dem Jahr 2024 genannt wie etwa eine Veranstaltung der Partei „dieBasis“, einer Partei, die sich selbst links verortet. Was also macht den Menschen in der Einschätzung der Fachinformationsstelle Rechtsextremismus zum Rechtsextremen? Es ist naheliegend, die Pressemitteilungen der firm im Zeitraum 2020 bis 2023 genauer unter die Lupe zu nehmen. Hier ein Überblick. Sind Sie rechtsextrem, bin ich es? Machen Sie mit mir gemeinsam den Fakten- respektive Nazicheck! Schließlich wird das politische Rechts-Sein von Tag zu Tag mehr mit der dunkelsten Zeit Deutschlands in Verbindung gebracht. Sollten wir durchfallen, würde ich mich in aller Form von mir selbst distanzieren, um nicht kontaktschuldig mit meiner eigenen Person zu werden. Nichts liegt mir ferner als rechtsextrem zu sein.

Sie interessieren sich für den USA- und NATO-kritischen Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser? Dann gehören Sie der „verschwörungsideologischen Szene“ an und haben „keine Berührungsängste mit der extremen Rechten“. So Anne Wild, die Leiterin der firm. Besuchen Sie also nicht Gansers Auftritt im Circus Krone, um sich an der Quelle ein eigenes Urteil zu bilden. Dann sind Sie laut firm ebenso rechtsextrem wie die Kritiker der staatlichen Corona-Maßnahmen, weil sie dann der „Pandemieleugner*innen-Szene“ [sic!] angehören. 

Ganser-Anhänger und/oder Kritiker der staatlichen Corona-Maßnahmen gleich rechtsextrem? Das Urteil überrascht nicht wirklich. Überraschend jedoch, was sonst alles unter Rechtsextremismus fällt. Sehen Sie es wie ich kritisch, wenn der Drag King Erich Große Klitoris vor Kindern gemeinsam mit anderen Trans-Aktivisten eine Lesung in der Stadtbibliothek hält? Falls Sie darin eine geschmacklose Kindswohlgefährdung sehen, sind Sie rechtsextrem. Das macht mich und Sie in den Augen von firm zum Hetzer, der gegen Diversität, Vielfalt, Toleranz, Offenheit und ein demokratisches Miteinander ist. Eine solche Einstellung zeige zudem eine sexistische wie antifeministische Grundhaltung.

Ein radikaler Antifeminist und selbstverständlich rechtsextrem sind Sie ebenfalls bei einer falschen Ansicht zum polarisierenden Thema Abtreibung. Traditionell prallen hier zwei konträre Weltbilder aufeinander. Es gibt die Gruppe jener, die sich für das Recht auf Selbstbestimmung der Frauen einsetzt. Und es gibt die Gruppe derer, die sich für das ungeborene Leben einsetzt. Letztere Lobby ruft einmal im Jahr zur Demonstration „Marsch für das Leben“ auf. Die firm warnt vor dieser Demonstration: „Antifeminismus bildet den Kitt, der verschiedene (extrem) rechte, konservative und christlich-fundamentalistische Milieus zusammenbringt.“ Auf diesen Demos und in diesem Milieu sprechen umstrittene Redner wie Stephan Pilsinger. Ist Pilsinger ein AfD-Mitglied, ein Schwurbler, ein Reichsbürger gar? Nein. Er ist Arzt und direkt gewähltes CSU-Mitglied im deutschen Bundestag. Pilsingers Wahlkreisbüro liegt in München, also dort, wo auch die firm ihren Sitz hat und von der CSU-Landesregierung finanziell unterstützt wird, damit firm CSU-Mitglieder wie Pilsinger in die Nähe von Rechtsextremisten rückt. Eine gewisse Ironie ist angesichts dieser Konstellation nicht zu leugnen.

Haben Sie den Faktencheck bestanden? Ich bin durchgefallen. Es scheint ein Rechtsextremist in mir zu schlummern, obwohl ich mich selbst als linksliberal einstufe. Eigentlich müsste ich also einen Faktencheck beim staatlich finanzierten eingetragenen Verein „fils“ machen. Fils ist die Fachinformationsstelle für Linksextremismus in München. Ich habe nach diesem Verein gegoogelt. Es gibt ihn nicht. Keine Fachleute für Linksextremismus in München – kein Problem.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.

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9 Antworten

  1. Wen kümmert dieses Geplapper? Versucht nie, den Kakao zu trinken, durch den ihr gerade gezogen werdet! 1979 hat die FDJ Führung von Dresden uns Primanern aus dem Westen vom antikapitalistischem Schutzwall erzählt, einer hat dann gefragt, warum die Minenfelder innen liegen. Da kam dann nicht mehr viel. Das kann heute nicht mehr passieren, weil man mit Andersdenkenden nicht mehr spricht – nicht weil einem die Argumente ausgehen könnten, das nicht, sondern weil der Andersdenkende als Mensch weniger wert und sozusagen „unten“ ist.

  2. Vom linksäußersten Rand aus ist alles rechts, genau, wie es vom Südpol aus in alle Richtungen nur nach Norden geht. Im übrigen sind Projektion, Verleumdung und Gaslighting die Hauptstrategien der von den einschlägigen Persönlichkeitsstörungen Betroffenen — und somit folgerichtigerweise die Grundpfeiler linker Hetze. Insofern alles richtig, nichts neu oder gar überraschend.

    Aus meiner Sicht ist die eigentliche Frage, wie lange wir uns noch inhaltlich am Auswurf offensichtlich Schwerstgestörter abarbeiten und über jedes Stöckchen springen wollen, das uns die parasitären Kulturvernichter höhnisch grinsend hinhalten, statt uns ihrer endlich mit der gebotenen Nachhaltigkeit zu entledigen.

  3. Daß ich rechtsextrem bin, wußte ich schon länger (Hallo, Ihr Knallchargen von der Staatssicherheit, wenn Ihr hier mitlest) – als ehemaliger (!!) Stammwähler der SPD (der von H. Schmidt oder zumindest H.J. Vogel) über drei Jahrzehnte hinweg.
    (Obwohl da ja 2013 im Grunde nicht mehr viel übriggeblieben war.)
    Das wird einem nunmehr seit Jahren in täglich hysterischerer Weise von den Qualitätsmedien ins Gesicht geschlagen : Jeglicher Funke von gesundem Menschenverstand und damit eigentlicher Befähigung, im wirklichen Leben zu bestehen, wird ja als rechts (- populistisch, -radikal, -extrem) markiert – mittlerweile scheint es nur noch die letzte Variante zu geben …
    Offensichtlich das Ergebnis des langen Marsches (durch die Institutionen) : Kulturrevolution nach maoistischem Vorbild …

    1. Danke. 100 Prozent Zustimmung. Das war auch meine Wahl, damals. Ich bekam sogar eine silberne Ehrennadel für 25 Jahre Mitgliedschaft; Ich trat aus wegen der Wühlerei von Lafontaine u,. a. gegen die Wiedervereinigung. (Ja, auch der Juso Scholz hat damals lieber mit Honecker und FDJ offizielle Kontakte gepflegt als die Opposition in der DDR zu unterstützten.)

      Heute gäbe es noch viel, viel mehr Gründe, SPD und Grüne NICHT zu wählen.

      (Wenn die SPD bzgl. Zuwanderungsstop und Migrationspolitik etwas von den skandinavischen Sozialdemokraten lernen würde, würde ich nochmals überlegen.)

  4. Sehr geehrter Herr Löcke,
    „links“ und „liberal“ sind ein typisches Oxymoron, das passt nie zusammen in einem Wort. Sie sagen ja auch nicht: Ich bin autoritärantiautoritär, oder ?

    1. Kann es sein, dass Lindner von der FDP daran glaubt, den Liberalismus neu erfunden zu haben?
      Ansonsten wäre deren Beteiligung an der Öko-Sozialistischen Regierung nicht nachvollziehbar.

  5. Das schlimme und perfide an der Hetzkampagne der SZ ist die Tatsache, dass damit die Existenz des Betreibers des Weitblick vernichtet wird. Der Congress der klaren Worte im letzten November war sicher eine schöne Sache für ihn, aber alleine von solchen Veranstaltungen kann er nicht leben. Das Gros sind Firmen-Events und einige große und bekannte Firmen und Gesellschaften haben wohl schon anklingen lassen, dass das Weitblick für sie nicht mehr in Frage kommt. Wegen des Drucks des Verpächters musste er zusätzlich auch schon zugestehen, keinen politischen Gruppierungen aus der “tatsächlich oder vermeintlich politisch rechten Szene” mehr Raum zu bieten. Was das heisst wissen wir alle.

    Von daher stellt sich für mich die Frage, wie wir ihn unterstützen können. Er überlegt wohl juristisch gegen die SZ vorzugehen. Schwer zu sagen, ob er da Erfolgsaussichten hat. Gibt es neben finanzieller Unterstützung (direkt oder in Form von Veranstaltungen) noch andere Möglichkeiten, z.B. über den Club der klaren Worte?

  6. Lieber Herr Löcke, die schnurstrakste Verknüpfung einer kritischen Haltung zur Coronapolitik und anderen Themen mit ‘rechts’ und der immanenten Unterstellung, gleich auch rassistisch, identitär und ein Verbrecher zu sein, geht mir schon seit 4 Jahren auf den…mit Frau Faesers Gesetzgebungsvorschlag dürfen firm und filz demnächst steuerbegünstigt die vom Bund verordnete Demokratievorstellung verwalten…mir wäre eine unabhängige, differenzierte Presse unterschiedlicher Couleur für die politische Bildung sehr viel lieber…’rechts’ gehört auch dann zum legitimen demokratischen Spektrum, wenn man etwas anderes wählt…es ist gefälligst zum Extremismus wenigstens abzugrenzen…

  7. Danke, Herr Löcke, sehr aufschlussreich. Nun weiß ich endlich, wo ich stehe. Ich bin dann mal weg! Machen Sie bitte das Licht aus? Ach ne…is ja schon aus…

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